Als die radikalislamische und nach 15 Monaten Krieg geschwächte Hamas am Samstag weitere israelische Geiseln – die Soldatinnen Liri Albag, Naama Levy, Karina Ariev und Daniella Gilboa – freiließ, wollte sie die große Aufmerksamkeit für sich nutzen. Die Terroristen stellten im verwüsteten Zentrum von Gaza-Stadt aufwendig eine Bühne auf, inklusive hebräischem „Der Zionismus wird nicht siegen“-Transparent. Die vier Frauen darauf, alle in Militärkleidung, lächelten, winkten und wurden von Hunderten Maskierten bejubelt. Hamas-Mitglieder bewachten sie – und filmten.
Bei dieser Inszenierung dürfte es sich einerseits um den Versuch einer Machtdemonstration gehandelt haben. Andererseits sollten die lächelnden und körperlich gesund wirkenden Geiseln wohl zeigen: Die Hamas behandelt ihre Gefangenen gut. Israelische Beamte sprechen von Propaganda, zu der die Hamas die Soldatinnen gezwungen hätte. Ehemalige Geiseln haben von Misshandlungen und Drohungen durch die Hamas sowie Angstzuständen während ihrer Haft berichtet. Eine Frau erzählte von sexuellem Missbrauch und Folter.
200 Gefangene frei
Im Gegenzug für die vier jungen Frauen hat Israel 200 palästinensische Gefangene freigelassen. Ein zwischen den beiden Parteien abgeschlossenes und vor einer Woche in Kraft getretenes Abkommen sieht 50 Palästinenser im Gegenzug für eine israelische Soldatin vor. Rund 130 der freigekommenen Häftlinge sind am Samstag offenbar nach Gaza und ins Westjordanland gebracht worden, die 70 weiteren – sie sollen Israelis getötet haben – waren gemäß dem Deal auf dem Weg ins Ausland, vorerst nach Ägypten.
In Ramallah im Westjordanland wurden die freigelassenen Häftlinge von jubelnden Bewohnern empfangen, Tausende Menschen dürften zum Feiern gekommen sein. In den nächsten fünf Wochen soll während des vereinbarten Waffenstillstands Phase Eins der Abmachung abgeschlossen werden. Insgesamt will man in dieser noch 26 israelische Geiseln, von denen Berichten zufolge mehrere nicht mehr am Leben sind, für ungefähr 1600 palästinensische Gefangene übergeben.