Tote Frau in Zistersdorf: Robodog und Mini-Drohnen im Einsatz
Polizei und Behörden in Tschechien und Deutschland war Oleg M. (59) bereits wegen des illegalen Besitzes von CBRN-Stoffen – also von chemischen, biologischen, radiologischen oder nuklearen Substanzen bzw. Waffen – bekannt.
In Zistersdorf im Weinviertel lebte er jahrelang unbehelligt als U-Boot.
Bis zum Freitagnachmittag: Nachdem der 59-jährige Slowake in den Weingärten die Partnerin seines Arbeitgebers, die 65-jährige Barbara R. mit einem Messer getötet hatte, verschanzte sich der hochgradig gefährliche Sonderling im Erdkeller eines Hauses in Gösting.
Tickende Zeitbombe?
Den Taktikern der Cobra war rasch klar, dass sie es nicht nur mit einem Mörder, sondern einer "tickenden Zeitbombe“ zu tun haben. Einem Mann, der im Besitz von Sprengstoff ist und nichts mehr zu verlieren hat.
Eine rasche Erstürmung des Gebäudes kam daher nicht in Frage. Wenn es darum geht, Amokläufer, Terroristen oder Mordverdächtige wie Oleg M. auszuschalten und mögliche Sprengstofffallen zu entschärfen, setzt die Cobra auf hochmoderne Roboterunterstützung und neuartige Observationstechnik.
"Kein Beamter soll im Einsatz sein Leben lassen“, heißt es bei der Antiterroreinheit. Das oberste Credo ist die Eigensicherung.
Roboter in Hundegestalt
Deshalb hat die Cobra in Gösting zunächst ihren "Spot“ in das Gebäude geschickt. Der ferngesteuerte Vierbeiner ist ein zur Maschine gewordener Hund. Anstelle einer Spürnase hat der elektronische Robodog hochauflösende Kameras und Sensoren, die in Sekundenbruchteilen Gefahren detektieren. "Er kann Türen öffnen, Stiegen steigen, Sprengstoff aufspüren und gleichzeitig die Umgebung scannen", schildert ein Beamter der Cobra. Gesteuert wird Robodog mit Hilfe einer Steuereinheit aus sicherer Entfernung.
Bevor das erste Einsatzteam am Samstag in das Haus des Tatverdächtigen vordrang, schickten die Beamten zur Aufklärung Mini-Indoor-Drohnen in das Gebäude. Die Live-Bilder aus dem Gefahrenbereich bekommt das dahinter folgende Zugriffsteam auf einen Bildschirm am Handgelenk übertragen. "Die Drohnen sind das vorgelagerte Auge. Dies soll den Beamten einen taktischen Vorteil verschaffen“, heißt es bei der Cobra.
Trotz dieser taktischen Hilfsmittel hätte Oleg M. um ein Haar auch einen Beamten auf dem Gewissen gehabt. Es ist dem Zufall und vermutlich einer riesigen Portion Glück geschuldet, dass der Polizist der Spezialeinheit bei der Detonation Samstagfrüh im Erdkeller mit Splitterverletzungen und einem gebrochenen Knöchel (durch den Sturz) davon gekommen ist.
M. hatte sich im Erdkeller unter dem Haus verschanzt. Als der Cobra-Beamte beim Zugriff die Türe zum Keller aufstieß, hatte ihm Oleg M. einen Sprengsatz vor die Füße geworfen.
Teodor und Telemax als verlängerter Arm der Polizei
Später richtete sich der Tatverdächtige selbst mit einem Sprengsatz bzw. einer Handgranate. Weil das Gewölbe stark einsturzgefährdet ist, wurde kein Beamter, sondern ein spezieller Aufklärungs- und Entschärfungsroboter in den Keller geschickt. "Teodor“ und sein kleinerer Bruder "Telemax“ sind mit speziellen Greifarmen ausgestattet, ferngesteuert werden sie via Funk.
Mittels Roboter wurde die Leiche aus dem Erdstollen gezogen. Die Überreste wurden sichergestellt, die Staatsanwaltschaft Korneuburg ordnete eine Obduktion an.
Halbautomatische Waffen und Chemikalien
Welche Gefahr von dem Mordverdächtigen ausging, zeigen weitere Funde. "Teodor" spürte im Kellerstollen ein halbautomatisches Gewehr samt Munition auf. In den Wohnräumen des 59-Jährigen wurden diverse Chemikalien sichergestellt, die Auswertung sei im Gange, so die Polizei.
Die Obduktion des Slowaken ist für Dienstag geplant, erklärt Josef Mechtler, Sprecher der Staatsanwaltschaft Korneuburg. Bereits abgeschlossen war am Montag die Obduktion des 65-jährigen Mordopfers. Die Frau starb nach Angaben der Landespolizeidirektion NÖ an Verbluten infolge ihrer schweren Schnittverletzungen am Hals.
Seit Montag sind außerdem Tatortspezialisten des NÖ Landeskriminalamtes zusammen mit dem Entschärfungsdienst (ESD) in der Direktion für Spezialeinheiten (DSE) im Innenministerium mit der Spurensicherung im Wohnhaus beschäftigt.
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