(K)ein Gespräch
Wenn man sieht, dass es einem Mitarbeiter nicht gut geht, will man eine unangenehme Situation vermeiden. Will nicht aufdringlich sein, nichts Falsches sagen. „Viele haben eine Scheu davor, wenn jemand weint. Dabei wäre es das Einfachste den Mitarbeiter einfach direkt auf seine Gefühlslage anzusprechen“, sagt die Expertin. Die Betroffenen wären für diese Offenheit meist dankbar. Besonders, wenn es nicht im Vorbeilaufen passiert, sich ein Kollege tatsächlich Zeit nimmt und zur Person setzt. „Es tut gut, gesehen zu werden und zu wissen, dass sich jemand kümmert.“
„Magst du darüber sprechen?“, „Ich höre gerne zu“ oder: „Ich bin gerne für dich da“ seien dabei gute Einstiegssätze.
Ob das nicht zu sehr ins Private geht? „Nein“, ist Reinhardt sicher. „Ich sehe das nicht so. Man weiß zwar nie, wie der andere reagiert oder ob man jemandem versehentlich zu nahe tritt. Aber meiner Erfahrung nach, wird es positiv angenommen.“ Das Private könne man ohnehin nie ganz aus dem beruflichen Umfeld raushalten.
„Wenn es der Familie nicht gut geht oder etwas Schlimmes vorgefallen ist, wird man es der Person ansehen. Außer sie setzt sich eine Maske auf.“ Was natürlich vorkommen kann, wie Reinhardt einräumt. „Es fällt vielen nicht leicht, sich jemandem anzuvertrauen. Aber auf Dauer macht dieses komplette Trennen von Arbeit und Privatleben krank.“ Und kann im schlimmsten Fall zu einer Angst- oder Panikattacke führen.
Wie man damit umgeht? „In Ruhe da sein“, lautet die simple Antwort. „Man muss mit Ruhe und Verständnis reagieren. Dabei aber auch bestimmt bleiben“, so Christine Reinhardt. Bedeutet: Konkret fragen, was die Person braucht. Etwa ein Glas Wasser oder frische Luft. „Oft hilft es, gemeinsam zu atmen oder die Person bewusst abzulenken.“ So könne man fragen, wie viele rosa Gegenstände im Raum sind. Solche Übungen helfen aus dem Kopf raus, wieder ins Hier und Jetzt zu kommen, sagt sie.
Gesund in der Arbeit
Egal wie unangenehm oder beängstigend: „Mentale Gesundheit muss im beruflichen Kontext thematisiert werden“, so Reinhardt. Denn es betrifft jeden. Laut einer Umfrage im Auftrag der Wiener Städtischen machen sich 81 Prozent der Bevölkerung regelmäßig Sorgen. „Als primärer Auslöser wird die eigene Gesundheit oder die von Familienmitgliedern genannt“, so die Generaldirektor-Stellvertreterin Sonja Brandtmayer zur Studie. „Hinzu kommen die finanzielle Situation und Zukunftsängste. Vor allem bei den 16- bis 35-Jährigen haben die Sorgen zugenommen“, heißt es weiter. Ein Grund, warum diese Generation sich für einen offenen Umgang mit dem Thema einsetzt.
Christine Reinhardt: „Nur wenn man mentale Gesundheit am Arbeitsplatz ernst nimmt, trägt man dazu bei, dass die Erschöpfung weniger wird, sich Krankenstände nicht mehr häufen und Mitarbeiter motivierter zur Arbeit gehen.“
Kommentare