Wifo-Chef Felbermayr: "Für Bürger wird es Kürzungen geben"

Gabriel Felbermayr
Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr sieht die Notwendigkeit für unpopuläre Maßnahmen durch die künftige Regierung.

Ein ausuferndes Budgetdefizit und sinkende Steuereinnahmen wegen der schwachen Konjunktur: Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr mahnte am Sonntag in der Pressestunde rasche Maßnahmen durch die künftige Regierung ein.

Vorstellbar seien eine Abschaffung des Dieselprivilegs und eine Erhöhung der Mineralsteuer, sagte Felbermayr. Zur Diskussion stellt er auch eine Erhöhung der Grundsteuer

"Braucht klare Reformagenda"

Klar sei, dass es für Bürger Kürzungen geben werde, sagte Felbermayr. Entweder man bekomme weniger oder man müsse mehr einzahlen. Es reiche aber nicht, Steuern zu erhöhen oder Ausgaben zu kürzen, so der Wirtschaftsforscher: Um wieder auf den Wachstumspfad zu kommen, brauche es eine "klare Reformagenda".

Zur Diskussion stellte Felbermayr etwa das Dieselprivileg. Das würde eine halbe Mrd. Euro bringen. Auch die Mineralölsteuer sei seit 2011 nicht mehr angepasst worden, sagte der Wirtschaftsforscher. Einer Erbschaftssteuer oder einer allgemeinen Vermögenssteuer erteilte er eine Absage. Denkbar sei aber eine Anpassung der Grundsteuer. Bei der habe sich seit den 1970er Jahren nichts verändert: "Man wird Kompromisse finden müssen."

Dreierkoaltion "komplex"

Ob dies mit einer Zweier- oder einer Dreierkoaltion besser machbar wäre, sei letztlich egal. Dreierkoaltionen seien allerdings komplex, sagte Felbermayr unter Verweis auf Deutschland. In Österreich hätten aber auch ÖVP und SPÖ eine knappe Mehrheit. 

Wenn man die Vorgaben der EU-Kommission erfüllen und das Budgetdefizit unter 3 Prozent drücken wolle, brauche man relativ schnell 2,5 Mrd. Euro. Auch weil weitere Mittel, etwa für die grüne Transformation und die Herausforderungen der Demografie notwendig seien, da in den nächsten Jahrengeburtenstarke Jahrgänge in Pension gehen würden. 

Felbermayr sprach sich für eine "behutsame" Erhöhung des Pensionsantrittsalters auf 67 Jahre aus. 2044 hält er für einen realistischen Zeitpunkt dafür. Das zentrale Problem sei aber das tatsächliche Pensionsantrittsalter, das häufig viel niedriger sei.

"Inaktivitätsfallen"

Im österreichischen Sozialsystem ortete der Wirtschaftsforscher auch eine Reihe von "Inaktivitätsfallen". So sei etwa das Aufstocken von 15 auf 20 Arbeitsstunden nicht attraktiv, weil man die Wohnbeihilfe verliere. Auch Hinzuverdienstgrenzen in der Arbeitslosenversicherung sollte man sich ansehen, empfahl Felbermayr. 

Politische Ambitionen hege er keine, betonte Felbermayr. Den Job eines Finanzministers würde er jedenfalls ablehnen. Die Bilanz seines früheren Kollegen und Ex-IHS-Chef Martin Kocher, der für die ÖVP das Wirtschaftsministerium übernahm, beurteilt er als "nicht überbordernd positiv". Die Frage sei aber auch, ob es jemand anderer hätte besser machen können. Forscher könnten die Lage gut erklären und Lösungvorschläge auf den Tisch legen, sagte Felbermayr: Für das komplizierte Ausverhandeln seien Wissenschaftler aber nicht am besten aufgestellt. 

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