Die FDP hat gute Erfahrungen gemacht mit dem Sprengen von Regierungen, das weiß ihr Chef Christian Lindner. 2017 ließ er höchstselbst die Sondierungsgespräche mit CDU und Grünen platzen (der Satz „es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren“ ging in die Geschichte ein); seine Vorgänger zwangen die Kanzler Ludwig Erhard und Helmut Schmidt zu Vertrauensfragen und Neuwahlen.
Jetzt hat Lindner ein Papier formuliert, das das endgültige Aus der Ampel wohl massiv beschleunigen wird. Am Freitag hat der Finanzminister – nachdem eine Woche lang wieder öffentlich gestritten worden war – ein 18-Punkte-Papier vorgelegt, das in Berlin als „Scheidungspapier“ gehandelt wird: 18 marktliberale Positionen, die die FDP im neuen Budget zum Stopfen der Milliardenlöcher einfordert – und bei denen die Koalitionspartner SPD und Grüne wohl niemals mitziehen werden, im Gegenteil.
Der Grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck plädiert für einen milliardenschweren, schuldenfinanzierten Staatsfonds, um Investitionen von Firmen zu fördern; die SPD will Jobs in der gebeutelten Industrie retten, etwa durch Maßnahmen zur Senkung der Netzentgelte und mehr Förderungen für E-Autos, doch auch das kostet Milliarden.
Scholz unter Druck
Lindners Kalkül ist klar: Er als Finanzminister hat die Hand auf das Budget, und dafür gibt es einen strikten Zeitrahmen – am 14. November findet die sogenannte Haushaltsbereinigungssitzung statt, bis dahin sollten die Probleme mit dem Etat 2025 erledigt sein. Sind sie das nicht, wäre die Koalition am Ende, und die FDP hätte wohl Applaus aus der Bevölkerung zu erwarten: Jeder Zweite wünscht sich laut einer neuen Umfrage vorgezogene Wahlen.
Die SDP und vor allem Kanzler Scholz sehen das freilich anders – dort setzt man angesichts horrender Umfragewerte alles daran, ein Vorziehen der Wahlen zu verhindern. Scholz hat in den nächsten Tagen mehrere Dreier-Treffen mit Habeck und Lindner anberaumt, am Mittwoch kommt auch der Koalitionsausschuss zusammen, dem auch die Partei- und Fraktionsvorsitzenden angehören.