Mobile Pflege
Klar ist: Die meisten Pflegebedürftigen möchten so lange wie möglich zu Hause betreut werden. Mit der Abschaffung des Pflegeregresses geht der Trend allerdings in Richtung Versorgung in Pflegeheimen. Nötig sei daher auch der Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten für daheim, sagt Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin von Hilfswerk Österreich. „Voraussetzung ist aber, dass wir uns überlegen, wo wir strategisch überhaupt hinwollen.“ So gebe es zwischen den einzelnen Bundesländern bei der Versorgungsdichte von mobilen und stationären Diensten enorme Unterschiede, die man sich genau ansehen müsse. Und zwar unter Einbindung der Fachleute aus der Praxis, wie Anselm betont.
Als Vorbild nennt die Hilfswerk-Chefin Dänemark wo es bereits deutlich mehr auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmte Angebote gebe. Begonnen bei unterschiedlichen Berufsgruppen, die die Angehörigen unterstützen bis hin zu einer weit größeren Auswahl an Einrichtungen, die zwischen mobiler und stationärer Pflege angesiedelt sind. Dazu gehört etwa betreutes Wohnen in unterschiedlichsten Varianten.
Für Anselm gehe die noch unter der alten Regierung beschlossene Ausbildungsoffensive in die richtige Richtung. Nötig sei aber ein noch breiter gefächertes Angebot an Ausbildungsmöglichkeiten. Etwa für bereits Berufstätige, die in die Pflegebranche wechseln wollen. So waren 2022 immerhin 14 Prozent aller Auszubildenden im Pflegebereich älter als 40 Jahre.
Immer noch zu wünschen übrig ließe laut Hilfswerk die Rekrutierung von Pflegekräften aus Drittstaaten. Hier gebe es zwar Einzelinitiativen von Bundesländern, aber keine bundesweite Strategie – inklusive Abschluss von Kooperationsabkommen mit interessierten Staaten und einer eigenen Vermittlungsplattform.
Prävention
Auch hier passiere noch viel zu wenig, wie Anselm kritisiert. Sie meint damit aber nicht nur die primäre Vorsorge, um länger gesund zu bleiben, sondern vor allem vorbeugende Maßnahmen, von denen bereits Erkrankte profitieren sollen.
Laut Expertin ein klassisches Beispiel dafür, was aktuell noch schiefläuft: Die Krankenkassen würden eine Dekubitus-Matratze, die das Wundliegen verhindern soll, erst dann genehmigen, wenn bereits Schäden vorliegen. Nötig seien auch spezielle Dienste, wie es sie etwa in den Niederlanden gebe. Sie helfen, älteren Menschen, die aus dem Spital zurückgekehrt sind, in der ersten schwierigen Zeit. Dabei geht es zum Beispiel um die technische Adaption der Wohnung, um Stürze zu vermeiden.
Pflegegeld
Hier gebe es laut Anselm gleich zwei Baustellen. Erstens: Die Einstufungspraxis. „In 50 Prozent der Fälle, bei der eine Einstufung gerichtlich beeinsprucht wird, wird den Beschwerdeführern recht gegeben. Das heißt, es gibt eine große Zahl an Patienten, die falsch eingestuft sind“, sagt Anselm. Hier seien Verbesserungen nötig, begonnen bei der Ausbildung der Gutachter.
Zweitens würden sich die aktuellen Einstufungskriterien noch zu stark rein an körperlichen Beeinträchtigungen orientieren. Nötig sei eine stärkere Berücksichtigung von psychischen oder kognitiven Problemen wie etwa Demenz bei der Ermittlung der Höhe des Pflegegelds.
24-Stunden-Betreuung
Neben finanziellen Verbesserungen – allen voran eine Erhöhung der Förderung und der Einkommensgrenzen für deren Erhalt – plädiert Anselm für Verbesserungen in der Qualität.
Etwa auf Basis des Qualitätszertifikats ÖQZ-24, das unter anderem die Einbindung von diplomierten Fachkräften verlangt. Laut Anselm das entscheidende Kriterium für gute 24-Stunden-Betreuung.
Kommentare