Ganz Spanien ist knapp vor Weihnachten im Lotto-Fieber
Der Name ist nicht schmeichelhaft: der Fette, der Dicke, wie „El Gordo“ übersetzt bedeutet. Aber fett sind eben die Gewinne der spanischen Weihnachtslotterie, es geht um insgesamt 2,7 Milliarden Euro. In Spanien gehört das Ereignis zum gesellschaftlichen Gut wie die Paella, der Rioja oder der Fußball. Eine Tradition, in der das Gemeinsame eine große Bedeutung genießt. Das Leben, eine Lotterie.
Am 22. Dezember hängen die Spanier gebannt vor den Fernsehgeräten, um die stundenlange Live-Übertragung mit stieren Augen und schweißnassen Händen zu verfolgen. Denn da werden die Lose gezogen, die Nummern werden dabei von einem Kinderchor singend verkündet. Als würden die Wiener Sängerknaben die Kugeln bei „6 aus 45“ trällernd begleiten. Ab diesem Moment beginnt in Spanien Weihnachten.
Auch in Österreich kann man Lose kaufen, das Unternehmen „Lottoland“ bietet online die Verheißung des großen Glücks an, wie Wilhelm Huber bestätigt. „Vor allem geht es bei ‚El Gordo‘ um den Traum vom Reichtum.“ Lottoland wurde mit dem Bestreben gegründet, auch bei großen Lotterien im Ausland Fortuna herauszufordern.
Lange Schlangen
In der Adventzeit bilden sich in Spanien vor den Lotto-Annahmestellen regelmäßig lange Schlangen. Ein Lokalaugenschein in Sevilla zeigt, wie geduldig die Menschen ihr Los wegen der Lose ertragen. In Wien ein Ding der Unmöglichkeit, würde doch nach wenigen Minuten jemand rufen: „Zweite Annahmestelle bitte!“ Besonders begehrt ist in Sevilla derzeit die Annahmestelle „El Gato Negro“, die schwarze Katze.
Der Grund dafür ist, dass genau dort in jüngster Vergangenheit das Hauptgewinnlos verkauft worden war. Der Aberglaube sitzt eben tief im spanischen Gemüt, jede und jeder streift nach dem Kauf die Lose über die schwarze Katze, die beim Eingang auf Kacheln prangt.
Alvaro hat sich gleich einen ganzen Packen an Losen gesichert. „Ich habe für die ganze Familie gekauft. Das gehört bei uns einfach zu Weihnachten dazu. Für uns geht es um das Gemeinsame.“
Gonzalo wiederum verkauft das Glück, nicht bei der schwarzen Katze, sondern in einer der unzähligen Verkaufsstellen in der Stadt. „Diese Lotterie ist ganz speziell und charakteristisch für unser Land, weil jeder spielt. Auch jene Menschen, die sonst mit Lotterien nichts am Hut haben.“ Er weiß, dass „El Gordo“ gar nicht den größten Hauptgewinn der Welt verspricht. „Aber keine fasziniert eben so wie die spanische Lotterie.“
Anreise
Direktflüge Wien–Sevilla etwa mit Austrian Airlines (3:05 Std., ab 148 €).
CO2-Kompensation via atmosfair.de: 36 €
Nächtigung
5*-Hotel Colón Gran Meliá, Calle Canalejas, mitten in der Altstadt.
Deluxe-DZ mit Frühstück ab 257 €, melia.com/de/ hotels/spanien/sevilla
Kulinarik
Der Mercado del Barranco am Ufer des Guadalquivir bietet kulinarische Hochgenüsse mit Bars und kleinen Restaurants. Wer länger verweilen möchte, sollte sich rechtzeitig einen Sitzplatz reservieren, denn die sind nur schwer zu ergattern
Viele Gewinner
Der Hauptgewinn verspricht vier Millionen Euro. Aufgelegt sind Lose mit den Nummern von 1 bis 99.999, jede einzelne Zahl wird wiederum 193-mal aufgelegt, weil die Nachfrage so groß ist. Ein Los kostet 20 Euro, damit sichert man sich aber nur ein Zehntel von einem Tippschein einer Zahl. Einen möglichen Gewinn muss man sich mit vielen anderen Siegern teilen, der eigentliche Sinn des Spiels. Ganze Dörfer kaufen Lose, Bars, wo der Wirt mit den Stammgästen spielt, fiebert und Gewinne begießt, ebenso Freundeskreise oder Büroabteilungen.
Der Ursprung der Lottiere geht bis ins 19. Jahrhundert zurück, als sich die Cortes nach Cadiz zurückzogen und den Staatshaushalt sanieren wollten. Ihre Lösung: eine Lotterie für das ganze Land.
Kommentare