Argentinien: Wie ein verstecktes Dorf in den Anden der Krise trotzt
Frühjahrsputz! Es wird gesägt, geschraubt und gestrichen vor dem legendären Fitz Roy, dessen 3.406 Meter hoher Gipfel zusammen mit den ikonischen Zacken des Cerro Torre das Landschaftsbild im südlichen Patagonien meilenweit dominiert.
Auf der Rückseite der chilenischen Anden-Cordillera ist ein Dorf eingenistet, das zu den jüngsten Argentiniens zählt: Bis 1985 herrschte zwischen den Nachbarstaaten Chile und Argentinien ein Disput um das Gebiet, das heute Teil des Nationalpark Los Glaciares ist. El Chaltén, das ist ein Mekka für Trekking-Fans und Kletter-Aficionados. Die berühmten Wanderungen zur Laguna Torre und Laguna de Los Tres ziehen jährlich Zehntausende Touristen in das isolierte Dorf (Achtung, Funkloch!), das in etwa drei Stunden vom internationalen Flughafen El Calafate nur auf dem Landweg erreichbar ist.
Während die Sonne scheint, pfeift der Wind noch frisch durch die Straßen. Die meisten der 1.600 Einwohnerinnen und Einwohner basteln fleißig an einem eklektischen Mix aus Holz, Ziegelrohbau und Wellblech, um sich auf die kommende Sommersaison vorzubereiten. Die wenigen Straßen sind gesäumt von Herbergen, Outdoor-Verleihen, Brauhäusern und Restaurants, viele davon öffnen erst, wenn der Sommer näher rückt.
Bau-Boom im Bergdorf
Inmitten einer Wirtschaftskrise, die das restliche Argentinien plagt, gibt es hier Wachstum – und Arbeit. „Es ist schwierig, Material zu bekommen, alles dauert lange — und trotzdem bauen alle“, erzählt Juan vom steten Hämmern in seiner Heimat, während er aus seiner typisch argentinischen Bombilla seinen Yerba-Mate-Tee trinkt. Er selbst hat während der Pandemie ein entzückendes Tiny House aus Holz im Hinterhof gebaut, das er über Airbnb vermietet. Der Optimismus macht sich bezahlt, das Business boomt. Viele im Ort tun es ihm gleich — was auch zu Sorgen führt: „Der Platz ist begrenzt, für immer hält die Infrastruktur nicht mit“, so Juan, der seit 2001 in El Chaltén lebt und hauptberuflich als Wanderguide arbeitet.
Diese Wanderungen sind es, die den Ort so attraktiv machen: Die Trails sind gut ausgeschildert, die Wege sauber, die Aussichten famos. Guanakos grasen am Wegrand, mächtige Andenkondore segeln durch die Lüfte. Es lohnt sich die weite Reise hierher, in dieses kleine Dorf, dessen wirres Ortsbild sich vor der grandiosen Kulisse in den nächsten Jahren wohl noch oft ändern wird.
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