Irland: Ein Roadtrip durch den unbekannten Norden der Insel
Es sind die Irish Pubs mit dunkler Holzvertäfelung, in denen noch gesungen und gefiedelt wird, und die windumtosten Steilküsten. Es sind die dicken Schafe mit kurzen Beinen in den Midlands und ihre Artgenossen mit langen Beinen, die besser auf den Klippen kraxeln können. Es sind die knallgrün gepinselten Wiesen und die rostroten Hochmoore.
Es ist die Heimat von Samuel Beckett, James Joyce und Oscar Wilde; von traurigen Fideleien, scherzhaften Limericks und niedrigen Unternehmenssteuern, die die einst rückständige Insel saniert haben. Und es sind die Iren, von denen mancher so aussieht und spricht, als entspränge er Tolkiens „Hobbit“.
Irland. Das ist eine Insel, ein Klischee, ein Sehnsuchtsort. Oft rau und kratzig wie Tweedstoff, dafür real.
Abseits der Hauptstadt Dublin an der Ostküste soll bei einem Roadtrip der abgelegene Nordwesten der Insel erkundet werden. Der Teil der Republik, der „hinter“ Nordirland (zählt zum Vereinigten Königreich) liegt. Ziel: das County Donegal.
Lichtstrahl für die Könige
Erste Station ist Newgrange im County Meath („Mitte“), eine Autostunde nördlich von Dublin. Es ist eines von Dutzenden prähistorischen Gräberfeldern in der Region, Meath wird auch Royal County genannt. Newgrange ist gründlich erforscht und sehenswert rekonstruiert. Im Visitor Centre taucht man multimedial in die jungsteinzeitliche Lebensweise ein, bevor es zum Hügel, dem Cairn, geht. Von hier blickt man in eine zärtlich geformte Landschaft.
Spektakel zur Wintersonnenwende
Der Eingangsstein der Kultstätte ist mit Spiralen und Wellen ziseliert. Der liegt, wie bei allen Hügeln, im Südosten. Das kommt in wenigen Tagen zum Tragen: Am 21. Dezember, zur Wintersonnenwende, leuchtet die Sonne kurz nach Aufgang in den Gang bis in die Grabkammer. Indiana-Jones-Vibes.
Von der Region Brú na Bóinne, der Wohnstatt der Götter am Fluss Boyne, geht’s durch Nordirland nach Donegal.
Die vergessene Grafschaft
Die irischen Ländereien haben meist Beinamen, der von Donegal ist „The Forgotten County“ – die vergessene Grafschaft. Die Straßen sind eng und werden welliger, es ist wenig Verkehr.
Zu den höchsten Klippen Europas
Über die Stadt Donegal und den Fischerhafen Killybegs geht’s an die Westküste, zu den Slieve League Cliffs. Die Iren hier sind noch irischer, in Wort und Tweed. Wobei: Der lokale Dialekt in Donegal ist dem schottischen Gälisch näher als der irischen Sprache. Bei Kevin versteht man so oder so kaum etwas. Das kann am Vollbart des Bootskapitäns liegen, der Silben verschluckt, oder am Wind.
Mit sechshundert Metern sind sie die höchsten Klippen Europas. Kevin: „Je mehr Wellen, desto grüner das Wasser.“ Er zeigt zu den Watchtowers (Signaltürme aus der Zeit Napoleons), erzählt von Delfinen und von Schafen, die sich an der Steilküste verirren und per Boot gerettet werden.
Ende November hat Irland gewählt. Hört man Einheimischen genau zu, tauchen ähnliche Probleme wie bei uns auf: die Lebenshaltungskosten, die Gesundheitsversorgung, die Zuwanderung. Mit einem Unterschied: die Steuereinnahmen durch die Tech-Giganten.
Der Gärntner und der König
Auch im Glenveagh National Park ist von einer Krise nichts zu spüren. Beschaulich liegt das Schloss am Lough Beagh, Head Gardener Sean O’Gaoithin führt durch die reizenden Gärten mit heimischen und exotischen Pflanzen. Zu ihm kam sogar ein gewisser Charles, damals noch Prince of Wales.
Anreise Direktflüge Wien– Dublin etwa mit Air Lingus und Ryanair. CO2-Kompensation: 29 €, atmosfair.de
Irland-Package Raiffeisen Reisen bietet „Der Norden Irlands. Unbekannte Provinzen Ulster & Donegal“ an. 6 N., ab 2.295 € p. P. im DZ, inkl. Flug. Highlights sind u. a.: Causeway Coastal Road, Malin Head, Dunluce Castle und Titanic Belfast.
Termine: 23.–29. 6., 4. 8.–10. 8. und 22. 9.–28. 9. 2025.
Infos und weitere Trips wie „Wild Atlantic Way“ auf bestfortravel.com
Schlafen am See Tipp: das noble und ruhig gelegene 4*-Hotel Harvey’s Point, am Lough Eske. harveyspoint.com
Auskunft ireland.com/de, Auf Facebook u. Youtube: @entdeckeirland
Pub am nördlichsten Zipfel der Insel
Letzte Station ist der nördlichste Punkt der Insel: Malin Head. Anfang oder Ende des Wild Atlantic Way, der mit 2.600 Kilometern weltlängsten Küstenstraße. Auf den letzten Metern schlägt das Wetter um, es stürmt, nieselt, die Schafe auf den Wiesen verrinnen zu weißen Klecksen auf der Fensterscheibe. Vom Parkplatz geht es noch ein paar Meter hinauf.
Oben, an der Küste, reißt es auf. Felsen, Meer, Himmel, es kann so einfach sein, und bizarr. Das war es wohl auch, was die „Star Wars“-Macher dachten, als sie auf der Halbinsel Inishowen „Die letzten Jedi“ drehten. Skywalker Mark Hamill trank in Drehpausen in der „Farren’s Bar“ Bier.
Dieses nördlichste Pub der Insel ist unspektakulär. An diesem Tag spielt lediglich ein Dad mit seinem Sohn Billard, ansonsten ist das Lokal leer. Die Kellnerin stellt ein Pint Guinness hin. Bitter, süß, fad wie stets. Sláinte! Herrlich.
Nationalparks Info: nationalparks.ie
Beste Reisezeit April bis Oktober
Neuer Reiseführer „Irland“ von Ralph-R. Braun, Michael Müller Vlg., 33,80 €
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