Es geht weiter auf der eigenen Fahrspur und bis zum nächsten Kreisverkehr, um auf diesem Wege sicher auf den Parkplatz zu gelangen. Der Termin muss verkehrsbedingt warten. Dabei ist die Stoßzeit um kurz nach halb zehn eigentlich längst vorbei.
Eine Situation, die Johann Kaltenbrunner nur zu gut kennt. „Gegen die Fahrtrichtung abzubiegen, ist lebensgefährlich“, zeigt er Verständnis – was im Übrigen auch für Fußgänger abseits der Ampeln oder Radfahrer an der B8 gelte. Seit 1996 ist Kaltenbrunner in Strasshof zu Hause, seine Freunde Alfred Geier und Erwin Schubert sogar noch länger. Lange Zeit galt die Gegend als ruhig. „In der Zwischenzeit ist es hier laut geworden“, schildert Kaltenbrunner. Kein Wunder, wie Geier einwirft: Der Autoverkehr habe sich seit den 90er-Jahren vervierfacht.
„Perpetuum mobile“
Tatsächlich sollen es 35.000 Autos sein, die Tag für die Tag über die B8 fahren. Weshalb die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Region seit Jahren eine Entlastungsstraße fordern: die berühmt-berüchtigte Marchfeld Schnellstraße S8. Doch das Projekt, das seit bald 20 Jahren heiß diskutiert wird, erhielt vergangene Woche eine klare Absage vom Bundesverwaltungsgericht. Grund dafür ist der Triel, eine geschützte Vogelart, die im Europaschutzgebiet lebt. Und just dort hätte die Trasse der geplanten S8 durchgeführt.
„Das Natura-2000-Gebiet hält für alles her“, ärgert sich Kaltenbrunner über die Entscheidung, die an den Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohnern vorbeilaufe. Schubert pflichtet ihm bei. An die Forderungen der S8-Gegner, den Verkehr auf der B8 auch ohne Schnellstraße reduzieren zu können, glaubt er nicht. „Die meisten pendeln nach Wien. Wir haben hier ja keine Arbeitsplätze. Im Gegenzug sperren aufgrund der Verkehrssituation viele Geschäfte zu oder Unternehmen siedeln sich gar nicht erst an.“
Und vor allem innerstädtisch sei es kaum möglich, auf das Auto zu verzichten, wie Geier betont. „Strasshof ist groß, und die Supermärkte und Geschäfte sind nun einmal am Stadtrand“, zuckt er die Schultern. Ein „Perpetuum mobile“ also, beschreibt Kaltenbrunner die Situation an der B8. Oder anders gesagt: Eine endlose Geschichte.
Ob die drei Anrainer denken, dass die Schnellstraße jemals gebaut wird? Es folgt einhelliges Kopfschütteln. „Die Situation ist völlig verfahren“, sagt Schubert. Die Politik habe das Thema zu lange schleifen lassen, zu wenig habe man sich um die Region gekümmert. „Als Wähler fühle ich mich verarscht“, findet Kaltenbrunner klare Worte. Und auch an Alternativen zur abgesagten Trasse glaubt man nicht mehr. „Da ginge dann wieder alles von vorne los“, winkt er ab.
Demnach bleibe den Bewohnern nicht viel mehr über, als sich mit dem Verkehr vor ihrer Haustür zu arrangieren. Kompromisse sind dabei längst Teil ihres Alltags geworden.
Den Glauben verloren
„Ich fahre nicht mehr direkt auf die B8 auf, das ist mir zu riskant. Ich fahre immer zum nächsten Kreisverkehr und fädle mich da auf die Fahrbahn ein“, erzählt Kaltenbrunner. Und auch auf der Fahrt nach Wien müsse man die Staupunkte immer mitbedenken, so Schubert.
Kreisverkehr gibt es vor dem Parkplatz leider keinen, ebenso wenig eine Ampel, die einem auf die Fahrbahn verhilft. Das Warten beginnt auf dem Weg in die Redaktion also von Neuem. Auf der Fahrspur, die von Wien nach Gänserndorf führt, hat der Verkehr bereits zugelegt. An neuen Staus führt buchstäblich kein Weg vorbei.
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