25. Juli: Der Frieden hängt an einem dünnen Faden

So sah das Wiener humoristische Blatt Kikeriki den Eiertanz mit Serbien
Vorbei ist es mit der Diplomatie – des Kaisers Gesandte reisen aus Belgrad ab.

28. Juni bis 28. Juli 1914 – ein Monat, in dem die Weichen für die Urkatastrophe des Jahrhunderts gestellt wurden. Der KURIER erinnert in seiner 31-teiligen Serie daran, was auf den Tag genau vor 100 Jahren geschah. Heute: der 25. Juli 1914, der Tag an dem Wien die diplomatischen Beziehungen zu Serbien abbricht und die Armee mobilisiert.

Schon am frühen Morgen richtet die Arbeiter-Zeitung in ihrer heutigen Ausgabe einen emotionalen Aufruf an ihre Leser: „Arbeiter, Parteigenossen! In furchtbar ernster Zeit richten wir, Parteigenossen, das Wort an euch! Die Gefahr einer kriegerischen Verwicklung mit Serbien rückt in immer unheimlichere Nähe.“ Die Redakteure beziehen eindeutig Stellung und erklären im Namen der arbeitenden Klasse, „daß wir für diesen Krieg die Verantwortung nicht übernehmen.“ Weiter heißt es: „In einem dünnen Faden hängt die Erhaltung des Friedens und wenn der Faden reißt, wenn Serbien die Bedingungen, die ihm Österreich-Ungarn diktiert, nicht hinnimmt und annimmt, so ist der Krieg da.“

Kurz nach Erscheinen wird die Ausgabe von den Behörden konfisziert – zwischen 23. und 28. Juli passiert dies gleich vier Mal.

Abreise

25. Juli: Der Frieden hängt an einem dünnen Faden
Anno
Noch am selben Tag, Stunden später, reißt der Faden, an dem die Hoffnungen der Genossen hängen: Um 18.30 Uhr verlassen Baron Wladimir Giesl und die österreichische Gesandtschaft, auf Befehl des Außenministers Leopold Graf Berchtold, Belgrad – und brechen somit die diplomatischen Beziehungen ab. Der Grund: Serbiens Ministerpräsident Basic erteilt der Gesandtschaft eine „ungenügende Antwort auf die Note der österreichisch-ungarischen Regierung“, schreibt der Tiroler am nächsten Tag. Serbien habe sich zwar bereit erklärt, alle Punkte des Ultimatums zu erfüllen, doch die Teilnahme von k.u.k. Beamten an der Untersuchung des Attentats weist man zurück, da sie gegen die Verfassung verstoße.

100 Jahre später bezeichnet Historiker Manfred Rauchensteiner diese Begründung als Schutzbehauptung, da der Geheimdienst der serbischen Armee und ein kleiner Teil der politischen Führung von den Attentats-Plänen auf Franz Ferdinand wussten.

Dass die serbische Armee schon um 15 Uhr – noch vor der Unterredung mit dem Gesandten Giesl – beginnt, sich zu mobilisieren, deutet darauf hin, dass man mit keinem positiven Ausgang der Verhandlungen rechnete. „Bereits seit 24 Stunden sind in Serbien militärische Maßnahmen im großen Stil in Gange“, schreibt die AZ. „Alle Reservisten wurden telegraphisch zurückberufen und kehren seit gestern massenhaft nach Hause zurück.“

Extraausgabe

In einer Extraausgabe ruft der Tiroler gleichzeitig den „Beginn des Kriegszustandes“ aus und berichtet von „abertausenden Patrioten“, die durch die Straßen Wiens ziehen und „Krieg den Serben“ skandieren.

Noch zu späterer Nachtstunde kommt eine Eilmeldung aus Russland. Ein Journalist der AZ ahnt in seiner Analyse bereits Schlimmes: „Die Erklärung des russischen Kronrates, daß Rußland in dem Konflikt nicht indifferent bleiben könne, enthält die Drohung des kriegerischen Eingreifens, bringt den unausdenkbaren Gedanken nahe, daß um der großserbischen Bewegung willen ein Weltkrieg entzündet werden soll.“

In Wien laufen derweil die Vorbereitungen auf Hochtouren. Wie die Innsbrucker Nachrichten berichten, treffen Außenminister Berchtold und Kriegsminister Krobatin mit dem Kaiser zusammen, um ihm den Entwurf einer Kriegserklärung zu unterbreiten.

Was bisher geschah

Tag für Tag können Sie mit dem KURIER ein Stück Geschichte aufleben lassen. Die gesammelten Einträge aus den Monaten Juni/Juli 1914 finden Sie hier in unserem Ticker. Täglich neu.

Die große KURIER-Sonderausgabe zum ersten Weltkrieg finden Sie hier.

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