18. Juli 1914: Fluch und Segen der Technik

Das "Volksblatt für Stadt und Land" berichtet über eine todbringende Wette an der Stromleitung.
Kuriose Unfälle zeigen, wie schwer sich die Menschen im Umgang mit Autos, Strom oder Eisenbahnen zu Beginn taten.

28. Juni bis 28. Juli 1914 – ein Monat, in dem die Weichen für die Urkatastrophe des Jahrhunderts gestellt wurden. Der KURIER erinnert in seiner 31-teiligen Serie daran, was auf den Tag genau vor 100 Jahren geschah. Heute: der 18. Juli 1914, der Tag , an dem es kurzfristig so aussah, dass sich die Lage beruhigt.

Die Neue Zeitung macht Hoffnung: „Was hier (bzgl. des Attentats, Anm.) ausgemacht werden wird, ist eine Angelegenheit, die Serbien und Österreich allein auszumachen haben. Der europäische Friede wird nicht gestört werden“, heißt es da. Die Russen würden die Serben nicht unterstützen, so die Prognose. Für das gemeine Volk scheint der Alltag wieder einzukehren. Doch auch dieser ist voller Gefahren. Die neuen Techniken sind nicht nur ein Segen – es kommt auch zu teils kuriosen Unfällen. So berichtet das Volksblatt für Stadt und Land von einen Wette junger Männern aus einem Dorf in der Nähe von Biberach (Schwaben). Zwischen ihnen ist ein Streit entbrannt, wie gefährlich Hochspannungsleitungen seien. Einer macht die Probe aufs Exempel, klettert auf die Trägermasten und berührt die 60.000-Volt-Leitung. Die Sache geht nicht nur für ihn, sondern auch für einen weiteren Anwesenden tödlich aus. Etwas glimpflicher endet hingegen ein Autounfall im Erzgebirge. Der Lenker ist offensichtlich ungeübt und rast auf einer Brücke gegen einen Pfeiler. Der Mann wird eingeklemmt und muss herausgeschnitten werden. Zwei weitere Insassen werden herausgeschleudert und dabei schwer verletzt.

Schafe sterben unterm Schnellzug

Unachtsamkeit eines bayerischen Schäfers ist hingegen ein Grund für einen Zwischenfall mit einer Eisenbahn. Der Schnellzug zwischen München und Salzburg überfährt sechs Schafe, die gerade ein Gleis überquerten. Der „Hüter kam erst gelaufen, als der Zug schon stand“, schreibt Die Neue Zeitung. Einen anderen „Unfall“ hat ein englischer Zugpassagier zu verantworten. Weil er in einem voll besetzten Waggon zwei Minuten vor Abfahrt keinen Platz findet, greift er zu einer List und ruft: „Alle aussteigen. Der Wagen bleibt hier.“ Daraufhin verlassen die Reisenden den Waggon und der gewitzte Herr macht es sich gemütlich. Dumm für ihn: Die Schaffner kommen ihm auf die Schliche und koppeln den Waggon, in dem er sitzt, kurzerhand ab. Der Zug fährt ohne den schlauen Herrn los.

18. Juli 1914: Fluch und Segen der Technik
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Zum progressiven Lebensstil gehört nun auch das Auto. Wie die Arbeiter-Zeitung schildert, sind damit nicht nur rechtmäßige Eigentümer unterwegs: „In der Nacht ... stand das Automobil A IV 602, das der Autobetriebsgesellschaft in Ottakring gehört, auf dem Getreidemarkt. Der Chauffeur hatte sich für eine Weile entfernt, und als er zurückkam, war das Auto verschwunden...“ Der Dieb, ein 23-jähriger Mechanikergehilfe, wird in Hütteldorf gestoppt. Und als Wiederholungstäter im Landesgericht eingeliefert.

Was bisher geschah

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