21. Juli: Kriegsgefahr: „Drohende Wolke über Österreich“

Wechselhaftes Wetter ist zu erwarten.
Der Tag, an dem Pläne für den Ersten Weltkrieg weiter vorangetrieben werden.
Von Uwe Mauch

28. Juni bis 28. Juli 1914 – ein Monat, in dem die Weichen für die Urkatastrophe des Jahrhunderts gestellt wurden. Der KURIER erinnert in seiner 31-teiligen Serie daran, was auf den Tag genau vor 100 Jahren geschah. Heute: der 21. Juli 1914, der Tag, an dem in Russland, in Wien und Berlin hinter den Kulissen wichtige Gespräche geführt werden.

Während sich die beiden Staatsoberhäupter auch am zweiten Tag des Staatsbesuches in Russland gegenseitige Bündnistreue versichern, wird in Wien und Berlin der Krieg weiter vorbereitet. Diskret. Der deutsche Kaiser Wilhelm II. befiehlt Kronprinz Wilhelm, sich mit politisch-aggressiven Äußerungen zur Lage möglichst zurückzuhalten.

Und die Stimmung im Land? Das moderne Instrument des Polit-Barometers gibt es in jenen Tagen noch nicht. Über die Grundstimmung können daher einzig die politischen Kommentare in den Zeitungen Auskunft geben. Vor allem von sozialdemokratischer Seite gibt es Kritik an der scharfen Gangart des Kaisers. Die Arbeiterzeitung schreibt: „Wie eine drohende Wolke lastet die Kriegsgefahr über Österreich.“ Man kritisiert, dass eine friedliche Lösung immer noch möglich sei, aber längst nicht mehr ins Kalkül gezogen würde.

Ganz anders die Sichtweise der „deutsch-freiheitlichen“ Badener Zeitung: „Man kann wirklich nicht genug staunen darüber, wie dieses kleine Serbien mit der Großmacht Österreich-Ungarn herumspringen darf.“

21. Juli: Kriegsgefahr: „Drohende Wolke über Österreich“
Zeitungsseite
Und es gibt jede Menge Menschen, die – noch – Wichtigeres zu tun haben, als sich vor dem Krieg zu fürchten. Im Grammophon-Import-House Joh. N. Arlett in Wien 7 werden Schallplatten billiger angeboten (Bild): statt 3,60 um zwei Kronen. In der Zauber-Klingl im ersten Bezirk hängen bunte Lampions in der Auslage. Kunst-Feuerwerk gibt es dort von 7 Kronen aufwärts bis zu 500 Kronen. Was davon in den nächsten Tagen nicht verkauft wird, sollte ein Ladenhüter werden. Wer kauft schon im Krieg Feuerwerkskörper?

Was bisher geschah

Tag für Tag können Sie mit dem KURIER ein Stück Geschichte aufleben lassen. Die gesammelten Einträge aus den Monaten Juni/Juli 1914 finden Sie hier in unserem Ticker. Täglich neu.

Die große KURIER-Sonderausgabe zum ersten Weltkrieg finden Sie hier.

Kommentare