ÖVP-Causa: Thomas Schmid wird der Kronzeugenstatus zuerkannt

ÖVP-Causa: Thomas Schmid wird der Kronzeugenstatus zuerkannt
Der Ex-ÖVP-Intimus hat ein Geständnis abgelegt und bei Ermittlungen geholfen. Dafür belohnt ihn die WKStA mit dem schützenden Kronzeugenstatus. Fällig wird nur eine Geldbuße in derzeitiger Höhe von 260.000 Euro.

Zwei Jahre hat es gedauert, jetzt steht die Entscheidung fest: Thomas Schmid wird der Kronzeugenstatus zuerkannt. Das teilte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) heute, Donnerstag, in einer Aussendung mit. 

Der Ex-Generalsekretär im Finanzministerium und Ex-Chef der Staatsholding ÖBAG hat im Sommer 2022 bei der WKStA in mehreren Einvernahmen ein Geständnis abgelegt und dabei ÖVP-Politiker, darunter den damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz, und mehrere Unternehmer schwer belastet. 

Im November 2022 reichte er seinen Antrag auf die Kronzeugenregelung ein, kurz vor Ostern 2024 traf die WKStA dann eine Entscheidung und leitete ihren Vorhabensbericht an ihre Oberbehörden weiter. 

In der Aussendung der WKStA heißt es jetzt: "Die Prüfung eines etwaigen Kronzeugenstatus betreffend MMag. Thomas Schmid ist abgeschlossen. Aufgrund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 209a StPO) wurde MMag. Thomas Schmid der Kronzeugenstatus zuerkannt."

Bei der Zuerkennung sei zu prüfen gewesen, ob der Beschuldigte freiwillig an die Staatsanwaltschaft herantritt, ein reumütiges Geständnis über seinen Tatbeitrag ablegt und sein Wissen über neue Tatsachen oder Beweismittel offenbart, deren Kenntnis wesentlich dazu beiträgt, die umfassende Aufklärung von Straftaten über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus zu fördern, wird in der Aussendung erklärt. 

An "neuen Offenbarungen", die ihn als Kronzeuge qualifiziert haben dürften, lieferte er der Ermittlungsbehörde sein Insider-Wissen über Inseratenvergaben im Boulevard und zu mutmaßlichen Interventionen in Steuerverfahren von René Benko und Siegfried Wolf

Kein Statement von Kurz

Schmids Verteidiger Roland Kier ließ schriftlich wissen: "Die Justiz dient weder Partikularinteressen noch den Mächtigen. Sie ist allein dem Gesetz verpflichtet. Die Gewährung des Kronzeugenstatus für meinen Mandanten ist damit auch eine Bewährung des Rechtsstaats." Der Weg sei herausfordernd gewesen, heißt es weiter, dass es "Gegenwind inner- und außerhalb des Verfahrens" gab, sei allgemein bekannt.

Apropos: Sebastian Kurz stand am Donnerstag nicht für ein Statement zur Verfügung.

Wie es für Schmid weitergeht

Mit der Zuerkennung gehen aber auch Verpflichtungen einher: Einerseits muss Schmid weiter zur Aufklärung der Straftaten, über die er ausgesagt hat, beitragen. Zudem muss er 260.000 Euro zahlen. Der Betrag setzt sich zusammen aus einer Geldbuße samt Pauschalanteil an den Verfahrenskosten (60.000 Euro) und einer Teilschadensgutmachung (200.000 Euro). 

Erfüllt Schmid diese Verpflichtungen, dann stellt die Ermittlungsbehörde das Verfahren gegen ihn "unter dem Vorbehalt der späteren Verfolgung ein", wie in der WKStA-Aussendung erklärt wird. 

Die WKStA kann die Ermittlungen aber jederzeit wieder aufnehmen. Etwa, wenn sich herausstellt, dass Schmid der Behörde etwas verschwiegen oder falsche Angaben gemacht hat. 

Nicht erspart bleiben wird Schmid ein zivilrechtliches Verfahren wegen Schadenersatz. Die Republik - vertreten durch die Finanzprokuratur - hat sich im Oktober als Privatbeteiligte im Verfahren zur Inseratencausa angeschlossen und Ansprüche in der Höhe von fast drei Millionen Euro angemeldet. 

Die Vorgeschichte

Ursprünglich war gegen Schmid ab dem Sommer 2019, kurz nach Platzen der Ibiza-Affäre, wegen eines angeblichen türkis-blauen Deals rund um die Casinos Austria AG (Casag) ermittelt worden. Demnach wurde Peter Sidlo, damaliger FPÖ-Bezirksrat, Finanzvorstand der Casag; im Gegenzug soll sich die Novomatic eine Glücksspielnovelle erwartet haben. Auch Schmids Chefposten bei der Staatsholding ÖBAG soll Teil des Deals zwischen ÖVP und FPÖ gewesen sein. 

Im November 2019 kam es unter anderem bei Schmid zu einer Hausdurchsuchung. Die Funde auf seinem Handy bzw. einem externen Speichergerät lösten bekanntlich eine Lawine an Ermittlungen aus und ließen im Oktober 2021 auch die sogenannte Inseratenaffäre (Stichwort Beinschab-Tool) platzen, in dessen Folge Kurz als Kanzler und ÖVP-Chef zurückgetreten ist. 

Prozess-Start ist offen

Wann es zu einem Prozess kommt, in dem Schmid einen öffentlichen Auftritt als Kronzeuge bekommt, ist völlig offen. 

Die Ermittlungen zur Inseratencausa stehen noch recht weit am Anfang. Erst vor einigen Wochen hat die WKStA einen ersten Teil der Daten, die im Oktober 2021 bei der Mediengruppe Österreich sichergestellt wurden, zur Auswertung erhalten. In Bezug auf den Heute-Verlag, wo es im März 2023 eine Hausdurchsuchung gab, läuft noch immer das Sichtungsverfahren. 

Die Steuercausa Benko ist wegen der Signa-Insolvenz in den Hintergrund gerückt, und auch in der Steuercausa Wolf gab es in letzter Zeit nichts Neues zu vermelden. In der Causa Sidlo gab es kürzlich eine Teil-Einstellung, der Rest befindet sich noch im Stadium der Prüfung durch die Oberbehörden. 

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