"Novomatic zahlt alle"? Verfahren gegen Strache & Co. wurde eingestellt
„Es gibt ein paar sehr Vermögende, die zahlen zwischen 500.000 und eineinhalb bis zwei Millionen. Die zahlen aber nicht an die Partei, sondern an einen gemeinnützigen Verein.“
Dieser Satz von Heinz-Christian Strache, zu hören auf dem berühmten Ibiza-Video, hat 2019 zahlreiche Ermittlungen bei parteinahen Vereinen ausgelöst. Die Causa um verdeckte Parteispenden war quasi die Urgroßmutter des Ibiza-Verfahrenskomplexes, der sich seither immer weiter ausgedehnt hat.
Diese Urgroßmutter wird jetzt „begraben": Die WKStA hat das Verfahren gegen den letzten Verein – das Institut für Sicherheitspolitik (ISP) – eingestellt, wie der KURIER am Donnerstag erfuhr.
Ermittelt worden war gegen Ex-FPÖ-Chef Strache und den damaligen ISP-Obmann und FPÖ-Mandatar Markus Tschank wegen Bestechlichkeit, sowie gegen Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann, Ex-Unternehmenssprecher Bernhard Krumpel und die Novomatic als Unternehmen wegen Bestechung.
Worum ging's in der Causa
Der Verdacht lautete, dass der Glücksspielkonzern Novomatic über das ISP an die FPÖ gespendet und sich als Gegenleistung wohlwollende Gesetze und Glücksspiellizenzen erwartet haben soll. Im Fokus stand ein Sponsoringvertrag in Höhe von 240.000 Euro.
Sowohl Tschank als auch die Novomatic haben die Vorwürfe stets zurückgewiesen: Es habe sich nicht um Spenden, sondern um Kooperationsverträge mit konkreten Leistungen gehandelt.
Am Donnerstag sagt Verteidiger Norbert Wess zum KURIER: „Ich freue mich sehr, dass unser Einstellungsantrag für unseren Mandanten Harald Neumann für ihn und die anderen Beschuldigten letztlich zu dem gewünschten Ergebnis geführt hat. Der Tatverdacht war von Anfang an unbegründet und wurde seitens unseres Mandanten rasch mit fundierten Stellungnahmen entkräftet.“
Michael Rohregger, Anwalt der Novomatic, geht auf Straches legendären Sager („Die Novomatic zahlt alle“) ein: „Die Novomatic hat immer klargestellt, dass sie keine Spenden an politische Parteien zahlt – auch nicht über den Umweg über Vereine. Das hat das Ermittlungsverfahren nun auch bewiesen.“
Als einziger Wermutstropfen bleibe laut Wess, dass das strafrechtliche Ermittlungsverfahren viereinhalb Jahre gedauert habe und mit teils negativer Berichterstattung einhergegangen sei.
Sichtungsverfahren
Was da so lange gedauert hat? In der Einstellungsbegründung wird erwähnt, dass sich alleine das Sichtungsverfahren für das Handy des Beschuldigten Tschank fast drei Jahre gezogen habe. Tschank ist im Brotberuf Anwalt und hat Anspruch auf den Schutz seiner berufsbezogenen Daten.
Tschank habe selbst angegeben, heißt es weiter, dass er „dieses Entsiegelungsverfahren (auch) aus taktischen Gründen zur Verzögerung des Ermittlungsverfahrens betrieben“ habe. Offenbar aus Sorge, seine Daten könnten im parallel laufenden U-Ausschuss landen. Abgeschlossen war die Sichtung im Dezember 2022.
Allenfalls eignet sich die Causa als weiteres Beispiel dafür, wie lang und umständlich der Berichtsweg bei clamorosen Causen sein kann – wie die sogenannte „Pilnacek-Kommission“ in ihrem Bericht, der am Montag veröffentlicht wurde, kritisiert hat.
Interne Kontrolle
Die WKStA wäre mit ihren Ermittlungen im Herbst 2023 fertig gewesen, ein Vorhabensbericht ging an die Oberstaatsanwaltschaft (der KURIER berichtete) und weiter ans Justizministerium. Dann wurden ergänzende Ermittlungen angeordnet, die WKStA musste den Fall noch einmal aufmachen.
Im Frühjahr 2024 wurde der Bericht von der WKStA wieder „nach oben“ geschickt, dort geprüft – und konnte jetzt, im Sommer, enderledigt werden.
Am Ende stellt die WKStA fest: Der Glücksspielkonzern habe zwar „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ gerade dieses Institut gesponsert, weil es eine Nähe zur FPÖ hatte. Es sei „naheliegend“, dass die Novomatic auf diese Weise versuchte, bei der FPÖ, die 2017 kurz vor einer Regierungsbeteiligung stand, einen „Fuß in der Tür“ zu haben.
Allerdings habe man keine Verknüpfung zwischen Zahlungen und Amtsgeschäften feststellen können. Unklar sei auch, ob Strache als Parteichef und damaliger Vizekanzler überhaupt von dem Sponsoringvertrag wusste.
Gegen Tschank ist bei der Staatsanwaltschaft Wien noch ein Verfahren wegen Untreue anhängig, offenbar im Zusammenhang mit Spesenabrechnungen. Auch gegen Strache wird in Wien noch wegen Spesen ermittelt.
Und freilich ist da noch die – sagen wir – Urgroßtante des Ibiza-Verfahrenskomplexes: Die Bestellung von Ex-FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo als Casag-Finanzvorstand, wo ebenfalls ein Deal zwischen FPÖ und Novomatic vermutet wurde.
Die Ermittlungen starteten im August 2019 mit einer anonymen Anzeige, in diesem Zusammenhang kam es im November auch zur Hausdurchsuchung beim damaligen ÖBAG-Chef und ÖVP-Intimus Thomas Schmid mitsamt Sicherstellung seines Handys und externen Speichers.
Offen ist auch noch Schmids Antrag auf Kronzeugenstatus, der im April „nach oben“ geschickt wurde.
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