Verhandlung gegen Ex-Ministerin Karmasin: Bedingte Haftstrafe auf 10 Monate gesenkt

Verhandlung gegen Ex-Ministerin Karmasin: Bedingte Haftstrafe auf 10 Monate gesenkt
Die Meinungsforscherin war wegen Wettbewerbsabsprachen ursprünglich zu 15 Monaten bedingt verurteilt worden.

Noch kein Jahr ist es her, dass die frühere Familienministerin Sophie Karmasin im Landesgericht für Strafsachen in Wien zu 15 Monaten bedingter Haft (nicht rechtskräftig) verurteilt wurde. Richter Patrick Aulebauer sah es für erwiesen an, dass Karmasin illegale Wettbewerbsabsprachen getätigt hatte. Gleichzeitig gab es einen Freispruch wegen Betruges - auch wenn das Gericht auch hier keine Zweifel hatte. Allerdings: Einen Tag, bevor die WKStA die Ermittlungen dazu aufnahm, zahlte Karmasin den Betrag zurück. Da gab es aber schon entsprechende Presse-Anfragen.

Am Mittwoch ab 10 Uhr beschäftigte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) in einer öffentlichen Verhandlung erneut mit der Causa. Denn: Gegen den Freispruch vom Betrug legte die WKStA eine Nichtigkeitsbeschwerde ein. Gegen die zur Bewährung ausgesetzte 15-monatige Haftstrafe für die Bestimmung zu wettbewerbsbeschränkenden Absprachen meldeten Karmasins Anwälte Norbert Wess und Philipp Wolm Strafberufung an - mit Erfolg wie nun feststeht.

Die bedingte Haftstrafe wurde von 15 auf 10 Monate reduziert. Die dreijährige Probezeit bleibt davon allerdings unberührt. Die Nichtigkeitsbeschwerden wurden allesamt zurückgewiesen. 

Verhandlung gegen Ex-Ministerin Karmasin: Bedingte Haftstrafe auf 10 Monate gesenkt

Karmasin erschien am Mittwoch nicht vor Gericht

Karmasin fehlte krankheitsbedingt

Karmasin erschien am Mittwochvormittag krankheitsbedingt nicht beim OGH. Die Verhandlung fand somit  in ihrer Abwesenheit statt.

Der Fünf-Richterinnen-Senat unter dem Vorsitz von Rudolf Lässig stellte fest, dass bei Karmasin der Umstand der tätigen Reue im Betrugsfaktum zutraf. "Sie hat den Schaden gutgemacht - und das zur Gänze", sagt Lässig. Und sie hat es getan, bevor die Behörde davon Kenntnis erlangte. Zwar nicht persönlich - Karmasin befand sich zu dem Zeitpunkt in U-Haft, aber sie hatte ihren Anwalt damit beauftragt.

Der OGH stellte ebenso fest, dass es - betreffend der Wettbewerbsabsprachen - sehr wohl ein Vergabeverfahren des Ministeriums gab. Das hatte Anwalt Wess (siehe etwas weiter unten) kurz zuvor infrage gestellt.

"Wirklich extrem hoch"

Bei der Strafbemessung allerdings waren die Höchstrichter der Meinung, dass bei einer maximalen Strafdrohung von drei Jahren, 15 Monate bedingt für eine Ersttäterin, "wirklich extrem hoch" sind. "Zwei wichtige Milderungsgründe waren zu berücksichtigen: Der ordentliche Lebenswandel und, dass die Angeklagte gewichtige Nachteile aus der Tat erlitten hat", wie Lässig ausführte. 10 Monate bedingt seien tatangemessen.

Anwalt Wess stellt zuvor infrage, ob es überhaupt ein Vergabeverfahren bei den Studien des Sportministeriums gab: "Ich sage: Nein, keinesfalls aus meiner juristischen tiefen Überzeugung."

Baumeister-Vergleich

Und Wess bringt ein Beispiel: "Wenn ich mit meiner Frau beschließe, ein Haus zu bauen und gehe zum Baumeister. Wir werden von der Pike auf beraten, machen Baupläne und bekommen Empfehlungen über vier Monate. Er gibt uns einen Kostenvoranschlag und wir einigen uns, aber dann kommen die Schwiegereltern und wir bestehen auf Vergleichsangebote." Dann würde er zum Baumeister sagen: "Super, schaut gut aus. Kannst mir noch zwei Baumeister für die Vergleichsangebote für die Schwiegereltern organisieren? Denen kannst dann kleine Arbeiten als Subunternehmer geben."

Ähnlich, so Wess, sei das bei Karmasin gewesen. Sie habe monatelang für das Sportministerium gearbeitet. Dann seien die "Schwiegereltern" im Sportministerium gekommen, man brauche für die interne Dokumentation zwei Vergleichsangebote. Entsprechend kurz war auch die Frist für die Anbotslegung. Die dauerte nämlich zwei Tage.

"Ich will hier kein Bashing betreiben, andere Personen ins Eck drängen – das sind die Bösen. Aber ich glaube, die Situation ist unglücklich verlaufen im Ministerium. Man wollte Karmasin immer den Auftrag geben, im Hintergrund war alles mit ihr verhandelt", meint Wess. "Wo kein Wettbewerb eröffnet wird, kann kein Wettbewerb verletzt werden."

Die Generalanwältin teilt diese Ansicht nicht. Sie sieht die eigenbrachten Nichtigkeitsbeschwerden beider Seiten als nicht zulässig. Und sie betonte bei der Strafbemessung die "generalpräventive Wirkung".

In der ersten Instanz war der ehemaligen Politikerin und Meinungsforscherin vor allem die Aussage von Kronzeugin Sabine Beinschab zum Verhängnis geworden. Karmasins ehemalige Mitarbeiterin blieb mit offenherzigen Antworten in Erinnerung: "Sie war mein Vorbild. Sie hat mich ausgenützt." Oder: "Verdient habe ich dabei fast nichts. Ich war im Prinzip der Trottel."

Beinschab schilderte, wie sie von Karmasin aufgefordert wurde, zum Schein Vergleichsangebote für Studien des Sportministeriums zu legen. Und auch darüber, dass ihre ehemalige Chefin nach ihrer Zeit als Ministerin Ersatzzahlungen vom Staat bekam, obwohl sie selbst wieder verdiente. "Sie hat gewusst, dass das nicht geht", schilderte Beinschab.

Karmasin selbst hatte immer wieder das Wort "naiv" in den Mund genommen. Zuletzt erklärte sie: "Ich bin kein Opfer. Ich habe Fehler gemacht. Dafür stehe ich ein. Aber ich kann nicht für alles Verantwortung übernehmen."

Die Korruptionsjäger der WKStA drückten es schärfer aus: "Wenn eine der mächtigsten Personen des Landes hier Platz nehmen muss, ist das eine Bewährungsprobe für den Rechtsstaat. Sind vor dem Gesetz alle gleich? Oder gibt es eine Zwei-Klassen-Justiz und die da oben können es sich richten?" Das Gemeinwohl sei bei Karmasin nie im Fokus gestanden, meint Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic. "Ihr Motto war: Immer mehr, nie genug und zahlen sollen die anderen."

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