Adamovic verliert sich nicht in winzigen Details. Er bietet einen kompakten Überblick über die Vorwürfe. Und stellt eine Grundsatzfrage voran: „Wenn eine der mächtigsten Personen des Landes hier Platz nehmen muss, ist das eine Bewährungsprobe für den Rechtsstaat. Sind vor dem Gesetz alle gleich? Oder gibt es eine Zwei-Klassen-Justiz und die da oben können es sich richten?“ Geht es nach ihm, steht die Antwort fest: „Ich bin absolut davon überzeugt, dass hier strafbares Verhalten vorliegt. Das Gemeinwohl stand bei Karmasin nie im Fokus. Ihr Motto war: Immer mehr, nie genug und zahlen sollen die anderen. Wir alle sind die Betrogenen.“
Dass ausgerechnet Karmasin, die als Ministerin auch für das Thema Sozialleistungsbetrug zuständig war, genau diesen begangen habe sei „eine Extremform.“ Nachsatz: „Ich wünsche Ihnen, Frau Dr. Karmasin, dass Sie den Mut finden, Ihr Fehlverhalten einzugestehen.“
Rechtsanwalt Norbert Wess gibt sich Mühe, dagegen zu halten: „Ich glaube, es geht Ihnen jetzt emotional besser. Sie haben richtig vom Leder gezogen.“ Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sei bei den Ermittlungen „immer falsch abgebogen“. Karmasin sei lediglich „naiv“ gewesen.
Ein Wort, das während dieser Verhandlung noch sehr oft fallen wird. Speziell von Karmasin selbst, die ihre Aussage vom Papier abliest, denn: „Ich bin sehr aufgeregt. Die vier Wochen in Untersuchungshaft haben mich einigermaßen beeindruckt. Ich will mich an meine Notizen halten.
Die Politik "war ein Fehler"
Es sei aus heutiger Sicht ein Fehler gewesen, in die Politik zu wechseln – denn das habe sie auch ihr Meinungsforschungsinstitut gekostet. Und so sei sie nach ihrem Job ohne Ministerposten vor dem Nichts gestanden. „Ich stand vor einer ungewissen beruflichen Zukunft.“ Also habe sie Entgeltfortzahlung beantragt. Sechs Monate lang dürfen Minister nach ihrem Ausscheiden 75 Prozent ihres Gehalts weiterbeziehen. Ob sie etwas dazu verdienen dürfe, fragte Karmasin mehrmals im Bundeskanzleramt nach. Die Antwort war eindeutig: Nein.
Dennoch hielt Karmasin Vorträge und leitete Projekte. Gegen Entgelt. Für einen Auftritt in Südtirol verrechnete sie etwa 800 Euro. „Aber ich hatte Anfahrt und Abfahrt und musste mich vorbereiten“, erklärt sie. Rechnungen schickte sie auffallend spät. Und mit seltsamem Betreff. „Podiumsdiskussion Juni“ lautete einer. Der Auftritt war bereits Monate davor. Um zu verschleiern, dass sie dazuverdiente? „Nein, ich war naiv“, erklärt sie einmal mehr. „Das war leichtfertig.“
Dass sie Studien für das Sportministerium machte und unter anderem Kronzeugin Sabine Beinschab dazu aufforderte, teurere Angebote zu legen – auch das sei „naiv gewesen“. Und: "Ich habe mich einspannen lassen." Aber, betont sie, das sei mit dem Ministerium abgesprochen gewesen.
Beinschab kommt am Donnerstag zu Wort. Dann wird der Prozess fortgesetzt.
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