Unzulässige Zahlungen
Noch einmal im Klartext: Es geht um Geld, das missbräuchlich verwendet wurde. Von 483.120 Euro, die die Meinungsforscherin zwischen 2017 und 2020 lukriert hat, trifft das laut Finanzprokuratur auf rund 287.400 Euro – also mehr als die Hälfte – zu. Und dieses Geld will die Republik jetzt zurück.
Und das ist noch lange nicht alles: Die Finanzprokuratur hat auch Inseratenaufträge durchforsten lassen und beziffert den Schaden durch Schaltungen, die „keinem zulässigen Vorhaben zuordenbar“ waren bzw. für die es „kein konkretes Informationsbedürfnis“ gab, mit rund 2,5 Millionen Euro.
Es handelt sich um Inserate, die – so die Verdachtslage – nur deshalb bezahlt wurden, um in Medien der Gruppen Österreich, Heute und Krone „eine wohlwollende Berichterstattung sicherzustellen“, wie es in dem Antrag auf Privatbeteiligtenanschluss heißt, der dem KURIER vorliegt.
Insgesamt fordert die Republik rund drei Millionen Euro – aber vorerst nur von drei Beschuldigten: Sabine Beinschab, Thomas Schmid und Johannes Pasquali.
In der Finanzprokuratur wird dieser Umstand damit erklärt, dass man nach derzeitigem Ermittlungsstand der WKStA und nach den internen Untersuchungen (zu denen die genannte Aufstellung der Inserate und Studien gehört) eben an diesen dreien einen konkreten Schaden festmachen könne.
Konkrete Zuordnung
Schmid und Pasquali waren Beamte im Finanzministerium und sollen als solche die ihnen übertragene Macht und Befugnisse missbraucht haben.
Schmid, weil er ab 2016 als Kabinettschef bzw. Generalsekretär das sogenannte „Beinschab-Tool“ aufgebaut und die parteipolitisch motivierten Studien in Auftrag gegeben haben soll. Später soll er laut eigenen Angaben auch die Inseratendeals mit dem Boulevard vereinbart haben. Und Pasquali, weil er als Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit die Finanzierung organisiert haben soll. Schmid ist geständig, Pasquali bestreitet die Vorwürfe.
Auch Beinschab hat ein Geständnis abgelegt – etwa, dass sie Kosten für ihre frisierten Umfragen in Studien gepackt und Scheinrechnungen gestellt hat. Laut Finanzprokuratur ist sie als Beitragstäterin zu qualifizieren.
Ausdehnung möglich
Freilich gibt es in dem Strafverfahren, das die WKStA seit 2021 führt, noch viele weitere Beschuldigte – etwa Schmids und Pasqualis Kontakt im Kanzleramt, Johannes Frischmann, und Beinschabs Geschäftspartnerin Sophie Karmasin sowie Sebastian Kurz und die ÖVP, die (mutmaßlich) von den Aktivitäten profitiert haben.
Sie könnten mit weiterem Verlauf des Strafverfahrens in puncto Schadenersatz noch in die Ziehung kommen. Und auch die Schadenssumme könnte sich erhöhen. Die Republik behält sich in ihrem Antrag auf Privatbeteiligtenanschluss „ausdrücklich eine Ausdehnung vor“, wie zu lesen ist.
Straf- vs. Zivilverfahren
Ein zweiter Aspekt mutet seltsam an: Schmid ist jener Ex-ÖVP-Mann, der mit seinem Geständnis einen Beitrag zur Aufklärung der Straftaten leisten wollte – und derzeit auf seinen Kronzeugenstatus wartet. Und jetzt rückt die Republik ihm mit einer Schadenersatzforderung in Millionenhöhe auf den Pelz?
Was für ihn persönlich dramatisch sein mag, entspricht der geltenden Rechtslage: Der Kronzeugenstatus schützt vor strafrechtlicher Verfolgung, nicht aber vor zivilrechtlichen Forderungen. Den Vermögensschaden, den er und seine Mittäter verursacht haben, müssen sie wiedergutmachen. Die Finanzprokuratur fungiert hier quasi als Geldeintreiber im Interesse der Steuerzahler.
Auch der erste Kronzeuge, Gernot Schieszler, blieb 2013 in der Telekom-Affäre zwar straffrei, wurde in einem zivilrechtlichen Verfahren dann aber zu rund einer Million Euro Schadenersatz verpflichtet. Er ging in Privatkonkurs.
Dieses mögliche Schicksal ist für Schmid & Co. noch weit entfernt. Die Ermittlungen zur Inseratenaffäre sind noch nicht sehr weit gediehen (siehe Artikel oben).
Und Kurz muss sich über die Ergebnisse der „Viecherlstudie“ auch nicht allzu sehr kränken. Beinschabs Fazit lautete, er werde „mit schlauen, zielstrebigen Tieren in Verbindung gebracht“.
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