„Übersehene“ Held_innen in Zeiten von Corona
Was die Feuerwehrleute in New York nach den Bomben-Flugzeug-Attacken von 9/11 (2001) waren, sind nun in der Corona/Covid19-Ära Pflegekräfte, Supermarkt-Mitarbeiter_innen, die Menschen, die für Strom-, Gas-, Wasser-, Internet-Versorgung usw. arbeiten, öffentliche Verkehrsmittel lenken oder online-bestellte Waren zustellen usw. All sie und noch einige weitere wurden und werden oft genannt.
Obwohl Schule, lernen und lehren über Distanz, e-mäßig usw., oft medial thematisiert wird, fehlen sie in der Auflistung der Held_innen (meist): Einerseits die oft ge-bashten Pädagog_innen und gleichermaßen die Kinder und Jugendlichen.
Alle mussten sich Mitte März in weniger als einer halben Woche vom Präsenz- zum Distanz-Lernen/Lehren umstellen. Und taten das – praktisch ganz ohne zu murren, jammern, quängeln, protestieren oder was auch immer.
In null komma nix
In null komma nix kopierten sie Arbeitsblätter, Übungsaufgaben oder stellten sie in diverse eLearning-Plattformen, auf Homepages der Schulen, mailten sie… - das führte bei den Anderen, den Schüler_innen und nicht selten auch deren Eltern, die nun zu Lern-Coaches werden mussten, mitunter zu ziemlicher Verwirrung: Wo find ich was. Ach, da gibt’s diese Aufgaben, dort jene …
Virtuelle Fleckerlteppiche
Nicht zuletzt ist das eine Folge dessen, dass Digitalisierung der Schulen beispielsweise ein Fleckerlteppich war/ist. Schon vor rund zwei Jahrzehnten entstanden aus dem und rund um das jeweilige Bildungsministerium Plattformen wie „virtuelle Schule“, Education-Highways usw. Ein Versuch, die Möglichkeiten des Internet eben zur Vernetzung zu nutzen. Und doch hat mehr oder minder jede Ministerin/jeder Minister – und nicht nur jene für Schulen bzw. Bildung zuständigen, oft auch aus anderen Ressorts – versucht, das Rad neu zu erfinden. Mitunter in einer Art Konkurrenzkampf mehrerer Ministerien.
Ausstattungs-Graben
Auch das jetzt in dieser Krise auftauchende Problem des (fast) „Übersehens“, dass eben NICHT alle Kinder und Jugendlichen Computer, Laptop oder Tablet ihr eigen nennen, ja oft nicht einmal die ganze Familie mit mehreren Kindern, war schon Thema der vorvorvor…igen Regierung (Kanzler Kern 2016, Muna Duzdar, Staatssekretärin für u.a. Digitalisierung und Bildungsministerin Sonja Hammerschmid). Auch da meinte die Folge-Regierung alles neu erfinden zu müssen.
Eingependelt
Aber das nur als Zwischenbemerkung. Jedenfalls trotz dieser mitunter zu gut gemeinten vielen Aufgaben, dürfte sich das Volumen weitgehend einigermaßen eingependelt haben. Es gab auch von Anfang an Pädagog_innen, die zu einer Art cool-down animierten. „Ich sehe die jetzige Situation als eine Chance für euch selbst zu entscheiden, wie ihr eure Zeit abseits der Arbeitsaufträge füllen wollt“, schrieb ein Wiener AHS-Musiklehrer an seine Schüler_innen. „Ich habe nur einen Auftrag an Euch. Entspannt Euch so gut es geht und lasst Euch von den Erwachsenen nicht nervös machen. ..." - mehr dazu in der Story hier unten.
Allzeit bereit
UND: Sogar jetzt in diesen eineinhalb Wochen in denen eigentlich Osterferien sind, gibt’s kaum eine Lehrerin oder einen Lehrer, die/der nicht erreichbar ist für seine Schüler_innen, oft auch deren Eltern. Kaum eine Tages- und mitunter auch Nachtzeit in der NICHT Anfragen prompt(est) beantwortet werden – sogar für Journalist_innen. Zwischen beiden Berufsgruppen herrschen ja einige wechselseitige Animositäten ;)
Wenig beachtete Aufgaben
Und dann gibt’s noch Bereiche, die weniger bis kaum medial wahrgenommen wurden/werden. Über Matura wie, ob, wann usw. wurde viel geredet, Pflichtpraktika und deren weitgehende Unmöglichkeit in vielen Bereichen? Wie funktioniert Distance-Learning in Praxisfächern? Wie ist das mit der mangelnden Computer-Ausstattung vieler Familien – und nicht nur in Bundesschulen!
Flexibel, voller Einsatz
Und trotz dieser nicht immer gerade einfachen Herausforderungen reagieren auch da Pädagoginnen und Pädagogen flexibel, unternehmen alles Erdenkliche, um auch an jene Kinder und Jugendlichen, die nicht (leicht) erreichbar sind, heranzukommen.
Lern-Planet
Ein besonderes Beispiel – über Einzelinitiativen hinaus: Im Auftrag der Wiener Stadtregierung organisierte der bekannte Physiker, Mitbegründer der Science Busters und Direktor des Planetariums, Werner Gruber, hat in weniger als einer Woche eine Gruppe engagierter Lehrerinnen und Lehrer um sich geschart, die auf dem Fernsehsender W24 im Format „Lern-Planet“ Unterricht für die 5. bis 8. Schulstufe gestalten. Ohne dass irgendwer fragte, was es dafür eventuell gibt.
Viel Anforderungen und doch oft übererfüllt
Genauso wenig wie Lehrerinnen und Lehrer in diesen schwierigen Zeiten oft noch mehr als sonst arbeiten, übererfüllen auch sehr viele ihrer Schüler_innen die gestellten Aufgaben. So manche Lehrkraft zeigt sich verblüfft, wie schnell und oft auch wie kreativ die Antworten und Rückmeldungen kommen.
Dabei ist es für Kinder und Jugendliche, auch wenn sie seit „ewig“ via Handy und Social Media-Plattformen miteinander kommunizieren, verdammt hart, schwer, fast unaushaltbar, ihre Freundinnen und Freunde, die Klassenkolleg_innen, aber auch die Lehrer_innen nicht live treffen zu dürfen.
Analoge Schule ist mehr
Und immerhin ist seit ewig und noch drei Tagen bekannt und wissenschaftlich erwiesen: Schule und Lernen ist ja bei Weitem nicht nur eine Frage von Wissensvermittlung und -erwerb. Lernen findet in Beziehung statt und Klassen bzw. Schulen sind mindestens genauso wichtiger Ort sozialen Lernens.
Bildungsministerium -> Fernlehre
Weitere KiKu-Storys aus der Ära Distance-Learning
Kommentare