Lehrerin: "Nein, wir haben keine Extra-Ferien!"
Das Facebook-Posting der Wiener Volksschullehrerin Rita Rajpal war Ausgangspunkt für dieses Interview, natürlich nciht live, eh shcon wissen. Dort schrieb sie: „Ich bin Lehrerin einer 3.Klasse und auch im Homeoffice-Modus. Immer öfters in den letzten Stunden und Tagen bekomme ich zu hören, wie gut es Lehrer/innen in dieser Situation geht, dass sie sowieso zu viele Ferien haben und so weiter. Die Liste der Vorurteile ist lang, ich werde jetzt nicht alle aufzählen. Umso wichtiger ist es mir nun klarzustellen, was Homeoffice für mich bedeutet und, dass ich momentan keine Ferien habe.“
„Aber die Reaktionen auf Facebook waren durchwegs positiv“, schildert die junge Lehrerin der GanztagsVolksschule Campus Donaufeld (Wien-Floridsdorf). „Ich war ganz überrascht, wie oft das geteilt wurde, normalerweise bin ich nicht so aktiv in den sozialen Netzwerken, jedenfalls keine Influencerin“ – über Telefon ist da ein gewisses Grinsen zumindest zu hören.
„Die Geschichte dahinter war, dass mich, aber auch meine Mutter, die auch Lehrerin ist, Bekannte beim Einkaufen angeredet haben in dem Sinn „na, ihr als Lehrerinnen habt’s als Homeoffice ja jetzt Zusatz-Ferien, wenn’s ihr nicht in der Schule sein müsst!“
Ruck-zuck-Vorbereitungen
„Genau das ist es natürlich nicht. In der Woche vor den Ausgangsbeschränkungen ist am Mittwoch die Meldung aufgetaucht, dass ab Montag die Oberstufen und ab Mittwoch auch unsere Schulen zu sind. Wir haben aber schon damit gerechnet, dass – wie es dann später gesagt wurde – auch bei uns ab Montag nicht mehr viele Kinder da sein werden.“
Das heißt in weniger als zwei Tagen alle Materialien vorbereiten?
Ja, nicht einmal. Als erstes hatten wir ja alle mit sehr vielen verängstigten, manchen sogar weinenden Kindern zu tun, mussten sie einerseits beruhigen und andererseits informieren – so haben wir Bio-Unterricht aus der Unterstufe im Gymnasium/Neuen Mittelschulen über Viren ganz allgemein für unsere für unsere Schulstufe gemacht. Und Sachinformation, wie man Desinfektionsmittel richtig verwendet.
Also, fast gar keine Zeit, Materialien für die Zeit bis nach den Osterferien vorzubereiten?
Naja, am Donnerstag hab ich dann ab ½ 5 als die letzte Stunde vorbei war, begonnen die Übungsmappen vorzubereiten einerseits übersichtlich und dann zu überlegen, diese Mappen doch abwechslungsreich zu gestalten mit Spielansätzen für Lernwörter oder die Mal-Reihen. Weil nur Arbeitsblätter – das würd ich ja selber nicht aushalten.
Diese Pakete an Blättern hab ich dann bis ½ 8 am Abend kopiert. Und das war gut, weil am Freitag gab’s dann einen Stau aller anderen – wir haben für 15 Klassen nur einen Kopierer. Zum Glück gab’s da dann keinen Papierstau.
Alle Mappen
Am Freitag haben alle Kinder die Mappen bekommen, wir haben besprochen, dass die verpflichtend sind, aber erst nach den Osterferien – oder wann immer der Betrieb in der Schule wieder losgeht, auch angeschaut werden. Wer will kann aber auch schon dazwischen erledigte Aufgabe, Aufsätze oder was auch immer fotografieren und mir schicken und kriegt Feedback.
Wir haben aber auch besprochen, wie mit welchen LernApps auch geübt werden kann. Das ist aber nicht verpflichtend, weil es auch manche Eltern gibt, die’s nicht so gern sehen, wenn ihre Kinder - viel - am Computer oder Tablet sind.
Jedenfalls aber hab ich für die Kinder Accounts in Lerntools angelegt und eine Klassen-eMail-Adresse eingerichtet über die Kinder und Eltern schreiben oder Übungsblätter, Aufsätze usw. schicken können.
Außerdem hab ich alle Eltern kontaktiert, wo die Kinder schon am Freitag nicht mehr in der Schule waren, dass sie am Montag oder Dienstag die Mappen abholen.
- In den letzten Tagen als noch Schule war mit verängstigten Schüler_innen zu reden, Ängste zu nehmen und Maßnahmen sachlich zu besprechen
- "Daneben":
- In Windeseile Übungsmappen und -Aufgaben zusammengestellt
- Wo noch nicht vorhanden Accounts für digitale Lerntools erstellt
- Digitale – fast Allzeit-Kommunikation mit Schüler_innen
- Digitale – fast Allzeit-Kommunikation mit Eltern
- Feedback zu übermittelten Aufgaben
- Checken der Aufgaben über die Lernplattformen
- Vorbereitungen frü die Zeit danach
Dauer-Kontakt
Sie halten also weiterhin Kontakt zu ihren Schülerinnen und Schülern.
Ja, zuerst hab ich ihnen dann noch ein Video geschickt mit Willkommensgrüßen in der neuen Situation. Manche Kinder haben mir dann sogar eigene Videos als Antwort geschickt. Der Kontakt ist für mich und die Kinder ein Stückchen Normalität in der abnormalen Situation.
Kommt es oft zu Kontakten auf diesen Wegen?
Schon, und es ist dann noch einmal was anderes, Eltern zu erklären, wie sie ihrem Kind bei dieser oder jener Aufgabe helfen können als einem Kind direkt neben oder vor dir das zu zeigen oder es dabei zu unterstützen, den Lösungsweg selber zu finden.
Wie funktioniert die neue Art der Kommunikation?
Vor allem die Eltern reagieren nun mehr. Sonst rühren sich viele nur dann, wenn irgendwas nicht passt. Jetzt aber krieg ich, aber auch meine Kolleg_innen viel mehr Wertschätzung. Darum hab ich auch die eine Antwort einer Mutter auf mein Posting veröffentlicht, nur den Namen übermalt: „Danke für Ihre Hilfe! Da es für uns auch eine neue Situation ist, erkennt man umso mehr, was Sie tagtäglich für unsere Kinder leisten! …“
Da wir eine Ganztagsschule sind, gilt das ja noch umso mehr, weil die Lernstunden bzw. Hausübungen im Rahmen des Unterrichts in der Schule erledigt werden.
Vermisse die Kinder und diese die Schule
Solche (Rück-)Meldungen sind jetzt oft zu hören und zu lesen.
Ich hoffe, dass von dieser jetzigen Wertschätzung auch noch was bleibt, wenn sich der Alltag wieder einigermaßen normalisiert. Schön wäre, wenn auch von der jetzigen verstärkten Kommunikation, dem Miteinander, das man schon sehr stark merkt, viel übrigbleiben würde.
Aber die direkte Begegnung mit den Kindern fehlt mir schon sehr. Und das wird dann, wenn es so weit ist, auch für uns alle viel wichtiger sein, als die Kontrolle der Übungsmappen. Die kommt natürlich, aber nicht zuallererst.
Wie sind da Rückmeldungen der Kinder?
Auch Kindern fehlt dieser direkte Kontakt offenbar. In der dritten Klasse Volksschule sind so manche ja schon in einer präpubertären Phase. Oft hör ich normalerweise Sätze wie „Außer Zocken interessiert mich nix“. Jetzt kommen Meldungen: „Ich vermisse die Schule schon sehr!“
Zurück zum Ausgangspunkt, Ihrem Facebook-Posting. Wie waren insgesamt die Reaktionen?
Sehr, sehr positiv, viel Lob, Anerkennung und Wertschätzung. Auch das bleibt hoffentlich.
Schulgschichtn aus Neuen Mittelschulen
Wie Unterricht in Zeiten von Homeoffice und Ausgangsbeschränkungen aussehen kann und was die wichtigsten Learnings der ersten Tage sind, haben uns vier Lehrkräfte aus vier verschiedenen Neuen Mittelschulen in Wien beantwortet.
Die Schule ist “zu”, die Kids sind daheim. Wie arbeitest du jetzt?
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