Ein chaotisches Jahr für die Kultur: Der Jahresrückblick 2020

VBW präsentieren FIDELIO im Theater an der Wien
Die Corona-Pandemie bescherte der Kunst- und Kulturwelt ein Jahr der Absagen und Verschiebungen. Dennoch gab es einige Lichtblicke.

Am Beginn des Jahrs 2020 scheint die Welt noch in Ordnung: Das Kulturjahr wird wie jedes Jahr mit dem Neujahrskonzert im Wiener Musikverein eingeläutet. Am Pult des Traditionskonzerts der Wiener Philharmoniker gibt der Lette Andris Nelsons sein umjubeltes Debüt. Zu feiern galt es immerhin den 250. Geburtstag Ludwig van Beethovens, das 150-jährige Bestehen des Musikvereins sowie das 100-jährige Jubiläum der Salzburger Festspiele. 

ÖVP und Grüne präsentieren am Anfang des Jahres ihr Regierungsprogramm und geben erste Personalia bekannt: Kulturminister wird Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler, die einstige Europaparlamentarierin Ulrike Lunacek wird überraschend Staatssekretärin für Kunst und Kultur. Die Etablierung einer Bundesmuseums-Holding, die Aufwertung des Bundesdenkmalamts und die soziale Absicherung von Kulturschaffenden zählen zu den Schwerpunkten des Kulturkapitels im Koalitionsprogramm.

6. Jänner: In Los Angeles werden die 77. Golden Globes verliehen. Die Auszeichnung für das beste Filmdrama geht an den Kriegsfilm "1917" von Sam Mendes, der dafür auch den Preis für die beste Regie entgegennimmt. Gleich dreimal wird Quentin Tarantinos "Once Upon a Time in Hollywood" gewürdigt. Der Film wird als beste Komödie geehrt, Tarantino gewinnt den Preis für das beste Drehbuch und Brad Pitt den für den besten Nebendarsteller.

Press Room - 77th Golden Globe Awards

17 Jänner: Der österreichische Maler, Bildhauer und Ausstellungsmacher Oswald Oberhuber stirbt im Alter von 88 Jahren in Wien. Oberhuber war eine der zentralen Persönlichkeiten der österreichischen Kunst nach 1945. Neben seiner künstlerischen Tätigkeit war der Biennale- und zweifache documenta-Teilnehmer mehrfach Rektor an der damaligen Hochschule für Angewandte Kunst.

27. Jänner: Die ehemalige Geschäftsführerin des Burgtheaters, Silvia Stantejsky, wird am Wiener Landesgericht wegen Untreue und Veruntreuung zu einer zweijährigen bedingten Freiheitsstrafe verurteilt. Außerdem muss sie dem Burgtheater rund 320.000 Euro Schadensgutmachung zahlen. Vom Vorwurf der Bilanzfälschung wird Stantejsky freigesprochen.

5.. Februar: Hollywood-Legende Kirk Douglas stirbt im Alter von 103 Jahren. Douglas drehte mehr als 80 Filme, oft mit großen Regisseuren wie Billy Wilder, Howard Hawks, Otto Preminger und Elia Kazan. Mit seiner Rolle des "Spartacus" unter der Regie von Stanley Kubrick wurde er zur Legende. Drei Mal hatte er Oscar-Chancen, die Filmakademie verlieh ihm schließlich 1996 einen Ehren-Oscar für sein Lebenswerk.

10. Februar: Die südkoreanische Gesellschaftssatire "Parasite" von Bong Joon-ho holt als erster nicht-englischsprachiger Film in der Geschichte den Oscar in der Königskategorie Bester Film. Außerdem kann sich Bong über die Ehrung als bester Regisseur, für das Drehbuch und den Auslandsoscar freuen. Joaquin Phoenix erhält für seine Leistung in Todd Phillips' "Joker" seinen ersten Oscar nach drei erfolglosen Nominierungen und Renee Zellweger holt sich für ihre Verkörperung der Judy Garland im Biopic "Judy" die Ehrung der besten Schauspielerin.

Bong Joon-ho ist nun "bereit, trinken zu gehen"

27. Februar: US-Popsängerin Billie Eilish räumt bei den 62. Grammys in Los Angeles ab. Die Musikerin gewinnt in allen Hauptkategorien. Sie wird für das beste Album, die beste Aufnahme, den besten Song, als beste Newcomerin sowie für das beste Pop-Gesangsalbum geehrt. 

29. Februar: Die 70. Berlinale kann noch wie gewohnt stattfinden. Der Episodenfilm "Es gibt kein Böses" des iranischen Regisseurs Mohammed Rassulof gewinnt den Goldenen Bären. 

Es geht los

3. März: Als Vorbote dafür, was die Kulturbranche coronabedingt in den kommenden Monaten erwartet, kann die Absage der für die von 12. bis 15. März geplanten Leipziger Buchmesse gesehen werden. Am Tag darauf wird die Architekturbiennale in Venedig, die am 23. Mai eröffnen hätte sollen, auf Ende August verschoben. Später wird sie für heuer ganz abgesagt.

10. März: Die Regierung verkündet - als Teil eines umfassenden Maßnahmenpakets gegen die weitere Verbreitung des Coronavirus - massive Einschränkungen in der Kultur: Freiluftveranstaltungen mit mehr als 500 Besuchern und Veranstaltungen in geschlossenen Räumen mit über 100 Gästen werden untersagt. Vorerst wird die Maßnahme bis Anfang April ausgesprochen. Alle größeren Theater, Opern- und Konzerthäuser schließen, tags darauf schließen auch die Bundesmuseen. Wiederum einen Tag später werden die Osterfestspiele Salzburg, die am 4. April beginnen hätten sollen, abgesagt. Zunächst spielen kleinere Theater und reduzieren die Kinos ihr Platzangebot, doch das österreichische Kulturleben wird immer stärker heruntergefahren. Erste Forderungen nach Kompensationszahlungen werden laut.

18. März: Der Song Contest in Rotterdam wird abgesagt. Für Österreich wäre der 34-jährige Sänger Vincent Bueno mit dem Titel "Alive" im 2. Halbfinale am 14. Mai in den Ring gestiegen.

20. März: Es ist das Jahr der TV-Opern. Die Premiere von "Fidelio" im Theater an der Wien, und gleichzeitig Opernregiedebüt des Hollywood-Stars Christoph Waltz, muss abgesagt werden. Im ORF wird eine ausschließlich für das Fernsehen produzierte Fassung präsentiert.

24. März: Der französische Comiczeichner Albert Uderzo stirbt im Alter von 92 Jahren. Uderzo wurde gemeinsam mit Autor Rene Goscinny als Schöpfer der Comicserie "Asterix" weltbekannt. Erstmals erschienen die Abenteuer über das Dorf unbeugsamer Gallier und ihren Kampf gegen die Römer 1959.

FILE PHOTO: Albert Uderzo, the artist of all thirty-three Asterix adventures and story writer of the last nine books, sits next to a model of Asterix during a news conference in Brussels

29. März: Krzysztof Penderecki stirbt nach langer, schwerer Krankheit im Alter von 86 Jahren in Krakau. Der Pole war einer der wichtigsten zeitgenössischen Komponisten. Er war unter anderem für seine Filmmusik bekannt ("Der Exorzist", "The Shining" oder "Wild at Heart") sowie für seinen "Threnos für 52 Streichinstrumente" aus 1960, der den Hiroshima-Opfern gewidmet ist.

30. März: Die Stadt Wien verschiebt das für 26. bis 28. Juni geplante Donauinselfest wegen der Corona-Pandemie auf den Herbst. Nach sommerlichen Pop-Up-Events in den Bezirken geht am 19. und 20. September ein Rumpf-Finale auf der Insel vor nur wenigen Besuchern über die Bühne. Am Tag darauf sagen die Bayreuther Festspiele die Saison für das heurige Jahr ab.

Weil Künstler in weiten Teilen der Welt keine Auftrittsmöglichkeiten haben, kommt es zu einer Reihe von Hauskonzerten, die per Stream im Internet übertragen werden. Weiterhin auf sich Warten lässt ein Absage der Salzburger Festspiele.

6. April:  Die Regierung gibt bekannt, dass Veranstaltungen bis Ende Juni verboten bleiben. Alle noch offene Museen schließen. Die Veranstalter des Nova Rock geben bekannt, dass die geplante Ausgabe des Festivals (10. bis 13. Juni) in Nickelsdorf nicht stattfinden wird.

17. April: Die Regierung kündigt nach der Teilöffnung von Geschäften an, dass ab Mitte Mai Museen und "Orte der Präsentation im künstlerisch-kulturellen Bereich" wieder öffnen können. Zahlreiche Museen kündigen daraufhin an, trotzdem erst mit Anfang Juli aufzusperren, da man für die ursprünglich avisierte Zeit der Schließung Renovierungsarbeiten beauftragt hatte. Nach und nach folgten jedoch immer mehr Zusagen, doch schon Mitte Mai bzw. Anfang Juni zu öffnen. Das geltende Verbot für Großveranstaltungen wie Stadtfeste oder Musikfestivals wird allerdings bis 31. August verlängert.

Aufgrund der getroffenen Maßnahmen gegen das Coronavirus mussten auch die für 18. April geplante KURIER-ROMY-Gala sowie die davor geplante Akademiepreisverleihung abgesagt werden. Die Gewinner der Publikumspreise, Heike Makatsch, Ursula Strauss, Fritz Karl, Jakob Seeböck, Andreas Moravec und Tobias Pötzelsberger, bekamen dennoch ihre Preise würdig überreicht. Sie wurden in eine raufgezeichneten TV-Sendung jeweils von Moderator Andi Knoll mit den Statuetten überrascht. Entertainer Peter Kraus erhielt die Platin-ROMY für sein Lebenswerk.

1. Mai: Das Berliner Theatertreffen eröffnet seine Online-Ausgabe. Bis zum 9. Mai werden mehrere ausgewählte Inszenierungen im Internet gezeigt.

9. Mai: Little Richard, der Pionier des Rock'n Roll, stirbt mit 87 Jahren. Der Musiker riss seine Fans in den 50er-Jahren mit seinen Hits wie "Tutti Frutti" und "Long Tall Sally" zu Begeisterungsstürmen hin.

12. Mai: Der französische Schauspieler Michel Piccoli stirbt im Alter von 94 Jahren. Er war an der Seite von Romy Schneider oder Brigitte Bardot zum Idol aufgestiegen.

Früher Abgang für Lunacek

15. Mai:  Die Coronakrise fordert ihr erstes politisches Opfer: Kunst- und Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne) gibt ihren Rücktritt bekannt. Sie habe gemerkt, dass die Unzufriedenheit und Enttäuschung im Kulturbereich trotz ihrer Bemühungen "nicht geringer wurde" und sie "keine positive Wirkung mehr erzielen konnte". Den Stufenplan für die weitere Wiederaufnahme von Aktivitäten im Kulturbereich geben Vizekanzler und Kulturminister Werner Kogler und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (beide Grüne) bekannt. Darunter fällt die Ermöglichung von Indoor- wie Outdoor-Veranstaltungen mit bis zu 100 Besuchern ab 29. Mai, ab 1. Juli bis zu 250 Besucher. Ab 1. August dürfen unter Auflagen bis zu 1.000 Zuschauer begrüßt werden. Zum gleichen Zeitpunkt sollen auch die Kinos geöffnet werden.

PK STS LUNACEK: ?PERSÖNLICHE ERKLÄRUNG?

Die Salzburger Festspiele geben daraufhin bekannt, ihr 100-Jahr-Jubiläum im August in einer deutlich reduzierten Form zu feiern. Die Bregenzer Festspiele sagen die Saison 2020 hingegen offiziell ab.

18. Mai: Andrea Mayer, ehemalige Leiterin der Kunst- und Kultursektion und aktuelle Kabinettsdirektorin von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, wird zur neuen Kunst- und Kulturstaatssekretärin ernannt.

Andrea Mayer, Werner Kogler

27. Mai: Die Albertina-Dependance "Albertina modern" am Karlsplatz, die aufgrund des Lockdowns im März nicht wie geplant eröffnen konnte, startet ohne Eröffnung in den Betrieb. Die Ausstellung "The Beginning" versammelt auf 2.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche österreichische Kunst nach 1945.

29. Mai: Der Autor und Herausgeber der Literaturzeitschrift "manuskripte", Alfred Kolleritsch, stirbt im Alter von 89 Jahren. Kolleritsch galt als eine der zentralen Figuren des österreichischen Literaturbetriebs des 20. Jahrhunderts.

31. Mai: Der Künstler Christo, der vor 25 Jahren auch das Reichstagsgebäude in Berlin verhüllte, stirbt in New York im Alter von 84 Jahren. Zusammen mit seiner 2009 verstorbenen Partnerin Jeanne-Claude realisierte er zahlreiche spektakuläre Verhüllungsprojekte.

Langsame Öffnung

4. Juni: Trotz der Absage veröffentlichen die Filmfestspiele von Cannes eine Liste von 56 Filmen, die künftig mit dem Gütesiegel "Cannes 2020" zu sehen sein sollen. Damit will der künstlerische Leiter Thierry Fremaux den Werken in der Vermarktung helfen. 

5. Juni: Mit Musikverein und Konzerthaus startet ein Teil des Klassikbetriebs neu - für nur je 100 Zuhörer. Und so geben die Wiener Philharmoniker und die Wiener Symphoniker erste Konzerte.

21. Juni:  Am Ende der zunächst coronabedingt abgesagten, dann als Online-Veranstaltung abgehaltenen 44. Tage der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt wird die 80-jährige deutsche Autorin Helga Schubert mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet. Schubert setzt sich mit ihrem Text "Vom Aufstehen" im dritten Wahlgang in der Stichwahl gegen Lisa Krusche durch. 

1. Juli: In Graz eröffnet die styriarte 2020 - als erstes Kulturfestival in Österreich nach dem coronabedingten Stillstand der Branche. Dazu versammelt sich Politprominenz von Bundespräsident Alexander Van der Bellen abwärts. "Wenn etwas Gutes am Lockdown war, dann die Erkenntnis, wie wichtig Kultur ist", so Kulturminister Werner Kogler (Grüne).

Am selben Tag eröffnet das Theater im Park in Wien: Mit der Schaffung eines neuen Freilufttheaters in der coronamäßig einigermaßen glimpflich verlaufenen Sommerzeit gelingt dem Kabarettisten und Simpl-Chef Michael Niavarani und dem Unternehmer Georg Hoanzl ein Coup.

3. Juli: Die Sängerin, Komponistin und Autorin Lore Krainer, die Grande Dame des Wiener Kabaretts, stirbt im Alter von 89 Jahren in Oberwaltersdorf. Krainer, legendär für ihre gewitzt kommentierenden Lieder, war als "Rosine" drei Jahrzehnte lang prägend für den satirischen Ö1-"Guglhupf" gewesen.

6. Juli: Die italienische Filmmusiklegende Ennio Morricone stirbt im Alter von 91 Jahren in Rom. Weltberühmt hatte den Komponisten seine Musik zu Filmklassikern wie "Zwei glorreiche Halunken", "Spiel mir das Lied vom Tod" oder "Cinema Paradiso" gemacht. Mehr als 500 Filmmusiken für Kino und Fernsehen hat Morricone im Laufe seiner Karriere komponiert, wofür er zwei Oscars einheimsen konnte.

26. Juli: Die Hollywoodschauspielerin Olivia de Havilland ist tot. Die gebürtige Britin mit US- und französischer Staatsbürgerschaft wurde 104 Jahre alt. Bekannt war de Havilland vor allem für ihre Rolle als Melanie Hamilton im legendären Südstaatenepos "Vom Winde verweht".

Festspiele als Zeichen der Hoffnung

1. August: Die Salzburger Festspiele eröffnen ihre coronabedingt deutlich geraffte Ausgabe zum 100-Jahr-Jubiläum mit einem prallen Premierenwochenende. Vom "Jedermann" - letztmals mit Tobias Moretti, erstmals mit Caroline Peters - über umjubelte "Elektra" und "Cosi"-Neuproduktionen bis hin zur Peter-Handke-Uraufführung "Zdenek Adamec" lockt man das Publikum. Am Ende zählt man bei 110 Aufführungen 76.500 Besucher - aber keinen einzigen Corona-Cluster. Mit einem massiv gekürzten Sitzplatzangebot und hohen Sicherheitsstandards ist dieses Kunststück gelungen, das in der Kulturwelt als Zeichen der Hoffnung interpretiert wurde.

Mitverantwortlich für den Erfolg war die Hartnäckigkeit der langjährigen Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler. Sie wird ihr mit Jahresende auslaufendes Amt um ein weiteres Jahr verlängern und somit das Jubiläumsjahr auf die nächste Saison ausweiten.

6. August: Das Hamburger Harbourfront Literaturfestival lädt die österreichische Kabarettistin Lisa Eckhart beim Wettlesen um den Kühne-Preis wegen Sicherheitsbedenken wieder aus. Es habe Drohungen aus dem autonomen Lager gegen die Autorin gegeben, der von Kritikern rassistische und antisemitische Klischees vorgeworfen werden. In Folge entspinnt sich eine wochenlange Diskussion um die Freiheit der Kunst, während sich Eckharts Debütroman "Omama" zum Verkaufsschlager entwickelt.

15. August: Die Bregenzer Festtage starten als Festspielersatz ihr siebentägiges Programm mit einem Auftritt der Musicbanda Franui - unter dem passenden Titel "Alles wieder gut". Das Spiel auf dem See entfällt, weil die Riesenbühne nicht kostendeckend bespielt werden könnte. Dafür lädt man zu einigen Konzerten ins Festspielhaus.

26. August: Die Wiener Festwochen läuten ihre reduzierte und in den Herbst verschobene Ausgabe ein - mit einem Solo von Tanzlegende Anne Teresa De Keersmaeker. Da im Frühjahr die eigentliche Ausgabe wegen Corona entfallen musste, hat Intendant Christophe Slagmuylder ein kleines Programm für August und September zusammengestellt.

1. September: Die Wiener Volksoper startet als erstes der Bundestheater in die Coronaspielzeit - mit harten Hygienemaßnahmen und einer "Fledermaus". Am gleichen Tag wird bekannt, dass der Vertrag des amtierenden Direktors Robert Meyer im Zuge der laufenden Ausschreibung nicht verlängert wird. Am Ende wird sich hier die junge Niederländerin Lotte de Beer durchsetzen, die 2022 das Steuer übernimmt.

2. September: In Venedig eröffnen trotz Corona-Einschränkungen die Filmfestspiele. Bis zum 12. September konkurrieren 18 Filme um den Goldenen Löwen, den am Ende nicht die österreichische Koproduktion "Quo vadis, Aida?" von Jasmila Zbanic gewinnt, sondern "Nomadland" von Regisseurin Chloe Zhao.

Kurze Staatsopernspielzeit

7. September: Die erste Spielzeit des neuen Direktors der Wiener Staatsoper, Bogdan Roščić, wird mit der zugekauften Inszenierung von Giacomo Puccinis "Madama Butterfly" eingeläutet. Nach einer hohen Schlagzahl an neu gezeigten Arbeiten muss der neue Chef sein Haus dann aber wie alle Kollegen Anfang November bereits wieder zusperren.

Roščić ist auch mit seinen pointierten Aussagen zur Coronakrise eine Bereicherung für die Kulturwelt. Dabei lieferte er sich das eine oder andere Fernduell mit Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder. Bereits im Frühling tat sich Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger mit kritischen Aussagen zum Umgang mit den Theatern hervor.

10. September: Zum 20. Mal werden die Amadeus Austrian Music Awards verliehen - dank Corona nicht als Liveevent, sondern als TV-Show. Ihrer Favoritenrolle gerecht werden Bilderbuch, die als bester Liveact und in der Kategorie Pop/Rock prämiert werden. Das Dialektduo Seiler und Speer siegt beim Song des Jahres, Voodoo Jürgens in der Sparte bestes Album.

23. September: Die französische Chansonlegende Juliette Gréco stirbt im Alter von 93 Jahren. Greco wurde in den 1950er- und 1960er-Jahren mit Chansons wie "L'accordeon", "La Javanaise" und "Deshabillez-moi" weltberühmt. Sie war auch als Schauspielerin aktiv und hatte ihren letzten großen Auftritt 2002 in Fritz Lehners "Jedermanns Fest".

 

 

6. Oktober: Die österreichisch-amerikanische Autorin und Literaturwissenschafterin Ruth Klüger stirbt im Alter von 88 Jahren nach langer Krankheit in Kalifornien. Die in Wien geborene Holocaustüberlebende lehrte nach ihrer Emigration an US-Universitäten Germanistik. Ihre Autobiografie "weiter leben. Eine Jugend" (1992) wurde ein Welterfolg.

Am selben Tag stirbt der niederländisch-US-amerikanische Rockmusiker Eddie Van Halen 65-jährig. Sogar die Wiener Staatsoper gedachte der Gitarren-Legende "Jump" und zeigte auf dem neu geschaffenen Spruchband auf seiner Fassade die Worte "R.I.P. Eddie".

8. Oktober: Die 77-jährige US-amerikanische Lyrikerin und Essayistin Louise Glück erhält überraschend den Literaturnobelpreis 2020. Verliehen wird die heuer mit zehn Millionen Schwedischen Kronen (rund 950.000 Euro) dotierte Auszeichnung gemeinsam mit den übrigen Nobelpreisen am 10. Dezember.

12. Oktober: Der mit 25.000 Euro dotierte Deutsche Buchpreis 2020 geht an Anne Weber für ihren Roman "Annette, ein Heldinnenepos". Wegen der Corona-Pandemie gibt es bei der Bekanntgabe statt einer öffentlichen Veranstaltung nur einen Livestream. Die Frankfurter Buchmesse geht fast zur Gänze virtuell über die Bühne.

Und wieder Verschärfungen

19. Oktober: Die nächste Verschärfung der Corona-Verordnungen trifft die Kultur nur marginal: Bei professionellen Veranstaltungen werden im Außenbereich noch 1.500 Besucher zugelassen, drinnen 1.000. Nur die Staatsoper und das Wiener Konzerthaus sind von den neuen Beschränkungen direkt betroffen. Das Tragen einer Mund-Nasenschutzmaske ist nun auch während den Vorstellungen verpflichtend.

23. Oktober: Der Rechnungshof (RH) stellt in einem Bericht zum Heeresgeschichtlichen Museum (HGM) "gravierende Mängel" fest. Dazu zählen das Nichtbeachten rechtlicher Vorschriften, das Fehlen eines gesamthaften wirtschaftlichen Überblicks sowie Missstände im Bereich der Sammlungen. Auch mögliche strafrechtlich relevante Tatbestände kamen ans Licht. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) kündigt an, die Direktion des Museums "in Kürze neu auszuschreiben und zu beurteilen, welche weitere Maßnahmen zu treffen sind". Der RH kritisiert in dem 138 Seiten umfassenden Bericht auch das Ministerium selbst, das seine Dienst- und Fachaufsicht "nur unzureichend" wahrgenommen habe.

31. Oktober: Sean Connery, der legendäre erste James-Bond-Darsteller, stirbt im Alter von 90 Jahren.

3. November: Der nächste harte Lockdown in der Kultur: Veranstaltungen werden - vorerst bis zum 30. November - ausgesetzt. Theater, Opern- und Konzerthäuser sowie Museen müssen schließen. Ausgenommen sind Proben und künstlerische Darbietungen ohne Publikum, die zu beruflichen Zwecken erfolgen. Dafür sollen 80 Prozent des im November 2019 getätigten Umsatzes auch für im Kulturbereich tätige Betriebe ausgeschüttet werden. In der Folge wird das Veranstaltungsverbot verlängert.

Am 12. November hätte Alfred Dorfers Debüt als Opernregisseur stattfinden sollen. Doch Dorfers erster, sehr ambitionierter Musiktheater-Gehversuch konnte „nur“ im Fernsehen stattfinden. ORF III brachte im Rahmen der Reihe „Wir spielen für Österreich“ die Oper live aus dem Theater an der Wien auf die Bildschirme.

Auch die Staatsoper startete eine Kooperation mit ORF III und spielte im Lockdown einige Aufführungen nur fürs Streaming- und Fernsehpublikum, darunter zuletzt die 385. Aufführung von Otto Schenks Inszenierung des "Rosenkavalier".


 

27. November: Österreich hat einen neuen "Dancing Star": Michi Kirchgasser erobert im Finale der 13. Staffel der ORF-Tanzshow den Titel gemeinsam mit Profitanzpartner Vadim Garbuzov, wobei sich die Ex-Skirennläuferin gegen Cesar Sampson sowie Silvia Schneider durchsetzt. Coronabedingt musste die Show heuer einige Monate pausieren und wurde letztlich unter strengen Sicherheitsvorkehrungen zu Ende gebracht.

7. Dezember: Eine neue Lockerungsverordnung des Anti-Covid-19-Lockdowns tritt in Kraft: Österreichs Museen und Bibliotheken dürfen ebenso wieder öffnen wie Galerien und Buchhandlungen. Kulturveranstaltungen bleiben allerdings weiterhin untersagt, auch Kinos bleiben zu.

10. Dezember: Nach dem coronabedingten Ausnahmejahr 2020 stellen die Salzburger Festspiele ihre Vorhaben für 2021 vor. Im Zentrum stehen viele jener Produktionen, die es heuer nicht ins Programm der Jubiläumsfestspiele geschafft hatten. Wieder aufgenommen werden die erfolgreichen Produktionen von "Elektra" und "Cosi fan tutte". "Wir haben uns entschlossen, ein volles Programm ohne vorauseilenden Pessimismus zu machen", erklärt Festspielintendant Markus Hinterhäuser. Insgesamt 168 Aufführungen an 17 Spielstätten hat man zwischen 17. Juli und 31. August vorgesehen. Und doch schwebt auch über den Festspielen 2021 das Damoklesschwert Corona.

Der "Jedermann" bekommt ein neues Traumpaar: Der deutsche Starschauspieler Lars Eidinger übernimmt 2021 die legendäre Rolle von Tobias Moretti, die Salzburgerin Verena Altenberger folgt auf Caroline Peters als neue Buhlschaft.

12. Dezember: Die Tragikomödie "Der Rausch" von Thomas Vinterberg wird als bester europäischer Film des Jahres ausgezeichnet. Der Film über Männer, Alkohol und den Sinn des Lebens holt bei den Europäischen Filmpreisen gleich vier Hauptpreise - neben Film, Regie und Drehbuch auch den Preis für den besten Darsteller, der an Mads Mikkelsen geht. Beste Darstellerin wird die Deutsche Paula Beer für ihre Rolle in "Undine".

12. Dezember: Der für seine Spionagethriller bekannte britische Schriftsteller John le Carré stirbt im Alter von 89 Jahren an einer Lungenentzündung. Le Carre, der mit bürgerlichem Namen David Cornwell hieß, war am besten für seine Spionageromane bekannt. Ein Welterfolg wurde etwa sein 1963 erschienener Geheimdienstroman "Der Spion, der aus der Kälte kam".

14. Dezember: Die erste echte Neuproduktion der Wiener Staatsopern-Direktion von Bogdan Roscic wird coronabedingt im leeren Haus gezeigt: Hans Werner Henzes "Das verratene Meer" in der Inszenierung von Jossi Wieler und Sergio Morabito wird nur für Rundfunk-Mikrofone und TV-Kameras sowie für eine Handvoll Journalisten gezeigt. Live ist das Stück für die Öffentlichkeit erst im September 2021 zu erleben.

16. Dezember: Alfons Haider übernimmt die neu etablierte Generalintendanz der Kultur Betriebe Burgenland (KBB) für die Musiktheater-Festivals. In dieser Führungsposition verantwortet der 63-jährige Schauspieler, Sänger und Moderator ab Jänner 2021 die Seefestspiele Mörbisch und das Opernfestival JOPERA Jennersdorf. Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) hofft, "dass wir diese Festivals mit einer Persönlichkeit von der Strahlkraft Alfons Haiders stärken und noch besser positionieren können".

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