Trump, Pilnacek, Kurz, Corona, AfD: Was man alles (nicht) darf

Trump, Pilnacek, Kurz, Corona, AfD: Was man alles (nicht) darf
Fünf Ereignisse dieser Woche werfen eine in Österreich gerne gestellte Frage auf. Wo sind die Grenzen von Moral und Optik in der Politik?

Fünf Ereignisse in dieser Woche, die in keinem Zusammenhang stehen. Und fünf Mal stellt sich die gleiche Frage: "Jö, darf man das eigentlich?"
1. Darf man sich von einer demokratisch gewählten Partei wählen lassen - auch wenn es die AfD ist?
2. Darf man sich mit Beschuldigten eines Strafverfahrens treffen - wenn man Chef der Strafrechtsektion im Ministerium ist?
3. Darf man die Staatsanwaltschaft kritisieren - wenn man Bundeskanzler ist?
4. Darf man Menschen, die unter Corona-Verdacht stehen, einfach in Quarantäne sperren?
5. Darf man einfach alles - wenn man US-Präsident ist?

Es geht in allen Fällen nicht um eine rechtliche Frage. Um eine moralische schon. Und um die Optik.

Republikaner in Trumps Geiselhaft

Beginnen wir bei Donald Trump: Er hat sich in seinem Leben einfach alles erlaubt, ohne dass ihm etwas zugestoßen ist. Von sexueller Belästigung, von Betrugsvorwürfen und Steuertricks bis zur jüngsten Ukraine-Affäre. Trump wurde diese Woche vom US-Senat im Impeachment-Verfahren freigesprochen, weil nur ein Republikaner gegen seinen Präsidenten stimmte (Mitt Romney).

U.S. President Donald Trump holds a campaign rally at Drake University in Des Moines

Die Zustimmung zu Trump ist hoch wie nie

Und seine Beliebtheitswerte waren ausgerechnet in dieser Woche am höchsten Stand seit seiner Wahl vor mehr als drei Jahren. Fazit: Trump tut, was er für richtig hält und ihm nützt. Und weil er es darf. Und weil seine Partei für den Machterhalt die USA in Richtung eines autoritären Staates führt.

Kurz zementiert Staatsanwaltschaft mit Kritik ein

Diffiziler ist die Frage bei Sebastian Kurz: Darf man in einem Hintergrundgespräch als Bundeskanzler die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSta) kritisieren und ihr parteipolitisches Verhalten vorwerfen? Wer beim Hintergrundgespräch dabei war, merkte, dass Kurz insbesondere im Umgang mit seinem früheren Finanzminister Hartwig Löger wirklich emotional wurde. Löger habe keinen Einfluss auf die inkriminierten Entscheidungen gehabt, das Ministerium habe lediglich eine Gesetzesstelle, die für jeden einsehbar ist, weitergegeben.

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Kurz ärgert sich über das Verfahren gegen Ex-Finanzminister Löger

Lögers Karriere sei wegen deswegen zu Unrecht beschädigt worden, so Kurz. Und was den Kanzler besonders ärgert: dass immer wieder Aktenteile an die Öffentlichkeit gelangen und damit Politik oder Meinung gemacht wird. Kurz-Kritiker sehen Österreich schon in Richtung Ungarn und Polen abdriften. Andere sehen sich an Voltaires Zitat zur Meinungsfreiheit erinnert: "Ich missbillige, was Sie sagen, aber ich werde bis zum Tod Ihr Recht verteidigen, es zu sagen."

Natürlich darf auch ein Kanzler eine staatliche Institution kritisieren. Und auch Richter und Staatsanwälte müssen kritisierbar sein. Eine Säule der Demokratie aber an den Rand der Korruption zu rücken, ohne konkrete Beweise dafür vorzulegen, höhlt das Vertrauen aus. Auch wenn es nur in einem Hintergrundgespräch war. Und klar ist, dass jede (vielleicht noch so sinnvolle) Veränderung der WKSta nun politisch unmöglich ist.

Zadic rügt Pilnacek

Bleiben wir bei der Justiz: Dass Sektionschef Christian Pilnacek die beiden in der Casino-Affäre beschuldigten Manager Walter Rothensteiner und Josef Pröll (wie er sagt aus Höflichkeit) in seinem Büro zum Gespräch getroffen hat, ist zumindest sehr ungeschickt, seit der Weisung von Justizministerin Alma Zadic auch verboten. Viel mehr braucht man dazu nicht zu sagen. Da die Justiz auch jeden Anschein der Parteilichkeit vermeiden muss, geht das nicht.

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Sektionschef Christian Pilnacek: Keine Höflichkeitstreffen mit Beschuldigten mehr.

Auch wenn Staranwälte wie Manfred Ainedter das anders sehen. Dass der Ehemann der Grasser-Richterin öffentlich via Twitter über Grasser hergezogen ist, zählt aber übrigens auch dazu.

 

Die Corona-Sicherungshaft

Dass man Corona-Verdachtsfälle in Zwangsquarantäne (oder Sicherungshaft) nehmen darf, ist durch das Epidemie-Gesetz gedeckt. Viele Maßnahmen erscheinen jedoch unter der derzeit herrschenden medialen Hysterie überschießend. Wenn man bei China-Reisenden am Flughafen die Temperatur misst und weiß, dass man bei Corona 12 Tage gar keine Symptome hat, klingt das ein wenig wie Augenauswischerei.

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Temperatur-Messungen am Flughafen. Nur eine Beruhigungspille?

Und jeden, der, nachdem er im Zug neben einem asiatisch aussehenden Menschen gesessen ist, und nun Fieber und Husten hat, zwei Wochen unter Quarantäne zu stellen, erscheint auch fraglich. Vielleicht werden sich viele angesichts dieser Drohung auch gar nicht mit ihrem Verdacht melden.

Der Thüringer Sündenfall

Am klarsten ist die Sache beim Thüringer FDP-Chef, der sich von der AfD und der CDU zum Ministerpräsidenten wählen ließ (eh nur für einen Tag). Demokratisch erlaubt ist es. Politisch und moralisch nicht, vor allem wenn man im Wahlkampf mehrfach erklärt hat, nicht mit der AfD zu kollaborieren. Und von der Unterstützung bei der Wahl wusste. Thomas Kemmerich hätte die Wahl nicht annehmen dürfen und bleibt als Ein-Tags-Fliege in den Geschichtsbüchern. Aber diese Rechnung werden CDU und hauptsächlich die FPD vom Wähler (zumindest in Thüringen) ohnehin präsentiert bekommen.

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Selbst und von der AfD ausgetrickst: Thüringens Ein-Tags-Fliege Thomas Kemmerich

Und Trump?

Bei Trump sieht es - vor allem nach dem Iowa-Debakel der Demokraten - derzeit nicht danach aus. Seine Chancen, US-Präsident zu bleiben, sind diese Woche wieder einmal gestiegen.

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