Taylor-Swift-Konzerte: Zweiter Verhafteter (17) offenbar Teil des Wiener Bandenkriegs

Taylor-Swift-Fans, die teilweise aus der ganzen Welt nach Wien gepilgert sind, müssen heute stark sein.
Die drei Konzerte des US-Superstars in Wien wurden nach einer Terrordrohung vom Veranstalter abgesagt. Das Geld soll in zehn Tagen refundiert werden.
Die Ereignisse rund um mögliche Anschlagspläne auf die drei Österreich-Konzerte des US-Popstars überschlagen sich seit gestern Nachmittag.
Diese Fakten hat der KURIER bereits berichtet:
- Der 19-jährige Hauptverdächtige aus Ternitz soll bereits im Juni einen Treueschwur auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) abgelegt haben.
- Der junge Österreicher mit nordmazedonischen Wurzeln soll offenbar die rund 20.000 Fans, die sich während der Konzerte außerhalb des Ernst-Happel-Stadions aufgehalten hätten, ins Visier genommen haben. Mit einem Auto mit Blaulicht wollte er dabei in die feiernden Swift-Fans rasen. Auch von Messern und Macheten sowie Sprengstoff, die zum Einsatz kommen sollten, ist die Rede. Dass diese sichergestellt wurden, bestätigte die Polizei bei einer Pressekonferenz. Alles erinnert an die Anschlagspläne auf die Pride in Wien.
- Der Bau der Bombe soll weit fortgeschritten gewesen sein. Die Chemikalien dafür soll er von seinem Arbeitsplatz gestohlen haben.
Doch nun nimmt der Fall eine brisante Wende, was den verwendeten Sprengstoff, Mitwisser und den zweiten Verhafteten, einen 17-Jährigen, betrifft.
Neu ist, dass der Bursche den Sprengsatz offenbar aus den Chemikalien TATP herstellen wollte. Ein hochexplosiver Stoff, der besonders schlagempfindlich ist.
Im Reihenhaus, in dem der 19-Jährige zusammen mit seinen Eltern und der kleinen Schwester lebt, dürften die Entschärfer und Tatort-Spezialisten demnach fündig geworden sein.
Säure und Substanzen
Anscheinend wurden jede Menge Säure und Substanzen entdeckt, die zur TATP-Herstellung notwendig sind. Der Bursche dürfte sich Anleitungen zum Bombenbau in einschlägigen Foren gesucht und damit selbst experimentiert haben.
TATP ist bereits bei früheren Terroranschlägen von Islamisten verwendet worden. Ob sich die sichergestellten Substanzen dazu geeignet hätten, um tatsächlich einen explosionsfähigen Stoff herzustellen, müssen nun Ermittler und Sachverständige klären.
Die Spurensicherung im Reihenhaus war jedenfalls so umfangreich, dass sie bis spät in die Nacht dauerte. Erst gegen 19.30 Uhr konnten die evakuierten Nachbarn wieder in ihre Wohnungen und Häuser, schildert die Nachbarin des Terrorverdächtigen.
Die zweite brisante Wende: Wie der KURIER aus mehreren Quellen erfahren konnte und was bestätigt wurde, sollen Freunde des Hauptverdächtigen, konkret der 17-Jährige ebenfalls Verhaftete, als Mitarbeiter im Reinigungs- und Ordnerdienst für das Taylor-Swift-Konzert tätig gewesen sein.
17-jähriger Verdächtiger war vor Konzerten im Stadion
Der Bursche soll sich somit vor den Konzerten bereits im Happel-Stadion befunden haben. Was letztlich auch Grund für die Polizei war, dieses zu durchsuchen. Als bestätigt gilt: Der Bursche wurde am Mittwochnachmittag vor dem Stadion von der Polizei verhaftet.
Was aus Sicht des Veranstalters jedenfalls eines war: ein Sicherheitsrisiko. Diese Erkenntnis der Polizei soll angeblich maßgeblich zur Absage der Konzert-Reihe beigetragen haben.
Pressekonferenz
Weitere Details brachte auch eine Pressekonferenz des Innenministeriums um 11:15 Uhr am Donnerstag.
Dabei wurden zwei Festnahmen und eine Anhaltung (ein 15-Jähriger mit türkischen Wurzeln, Anmerkung) von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) bestätigt.
17-Jähriger war zur Fahndung ausgeschrieben
Tatsächlich in Haft befinden sich der 19-jährige Hauptverdächtige und der 17-jährige Komplize mit türkisch/kroatischem Hintergrund, der in Wien am Mittwochnachmittag verhaftet wurde. Weitere Personen sollen nicht auf der Flucht sein.
Allerdings soll es Personen im Umfeld der Beschuldigten geben, die ebenfalls von den Anschlagsplänen wussten. Die Eltern des 19-Jährigen konnten allerdings noch nicht dazu befragt werden, da sie sich im Ausland aufhalten sollen.
Richtig, "ungläubige Menschen zu töten"
Der 19-Jährige soll bereits ein umfängliches Geständnis abgelegt haben. In dem er angegeben haben soll, dass er es "richtig fände, ungläubige Menschen zu töten", wie der Direktor der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), Omar Haijawi-Pirchner, ausführte.
Der 17-Jährige streitet hingegen alle Vorwürfe ab.
Wie der KURIER in Erfahrung bringen konnte, soll es sich bei dem 17-Jährigen um einen Hauptbeteiligten im Wiener Bandenkrieg handeln. Die Landespolizeidirektion Wien hatte den Burschen sogar mit Bild zur Fahndung ausgeschrieben.
Wiederholt waren in den vergangenen Jahren Konzerte Ziele von Terroristen. Ein Überblick:
13. November 2015
Bei einer von drei IS-Terrorkommandos verübten Anschlagsserie in Paris werden 130 Menschen ermordet und Hunderte verletzt. Allein im Club Bataclan sterben 90 Menschen, als drei Terroristen mit Sturmgewehren bei einem Auftritt der Band Eagles of Death Metal in die Menge schießen und Geiseln nehmen.
22. Mai 2017
Durch einen Selbstmordanschlag auf ein Konzert der Sängerin Ariana Grande in der Arena in Manchester werden 22 Besucherinnen und Besucher ermordet. Zu der Tat bekennt sich der IS.
1. Oktober 2017
Ein 64-Jähriger feuert aus einer Suite im 32. Stock eines Hotels in Las Vegas mit automatischen Waffen 1.000 Schüsse auf Besucher eines Freiluftkonzerts geschossen. 58 Menschen wurden getötet, mehr als 800 weitere verletzt. Das Motiv des getöteten Täters bleibt rätselhaft.
7. Oktober 2023
Bewaffnete töten 260 Menschen und nehmen Geiseln beim Nature Party Festival in der Nähe des Kibbuz Re'im, einem der ersten Ziele eines Angriffs auf Israel durch Hamas-Kämpfer. Der Angriff löste den Krieg in Gaza aus.
22. März 2024
Bei einem Terrorangriff auf ein Konzert einer russischen Band in einem Vorort von Moskau sind mehr als 140 Opfer zu beklagen. Die Täter in Tarnkleidung eröffnen mit automatischen Waffen das Feuer auf Besucher der Crocus City Hall. Auch hier reklamiert der IS die Tat für sich.
Warum ausgerechnet die Taylor-Swift-Konzerte (konkret das heutige bzw. das morgen) in Österreich auserkoren wurden, ist unklar. Rund 150 sogenannte Hochgefährder gibt es aktuell in Österreich. 50 bis 60 sind der islamistischen Szene zuzurechnen, der Rest entfällt auf den rechtsextremen Bereich.
Zugriff auf Handys
Bereits in der Vergangenheit hatten Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und der Direktor der Direktion Nachrichtendienst und Staatsschutz (DSN) mehrfach den Zugriff auf Smartphones bzw. spezielle Apps auf den Mobiltelefonen dieser Hochgefährder gefordert. Denn während Kriminelle verschlüsselte Messenger-Dienste wie Signal oder Telegram nützen, sind den Ermittlern mit der aktuellen rechtlichen Lage die Hände gebunden.
Bei den möglichen Anschlagsplänen auf die drei Swift-Konzerte kamen die Hinweise offenbar gleich von mehreren ausländischen Nachrichtendiensten. Darunter auch von den Amerikanern.
Diese Hinweise sollen sich allerdings nur auf den 19-Jährigen bezogen haben. Die Ermittlungen der DSN brachten dann den weiteren Verdächtigen zu Tage.
Verdächtige veränderten sich
Bei beiden Verdächtigen soll seit Kurzem eine deutliche Veränderung aufgetreten sein. Der 19-Jährige hatte seinen Job gekündigt und geäußert, dass er noch "Großes" vorhabe. Auch äußerlich soll er sich verändert haben. Seither, so die Ermittler, habe er den Terroranschlag vorbereitet. Ein Bekennervideo wurde sichergestellt. Laut Ermittlern ist er geständig.
Der 17-Jährige wiederum habe unmittelbar zuvor seine Beziehung zur Freundin beendet. Er schweigt.
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