Das Terror-Protokoll: Wie der Anschlag verhindert wurde

Aus dem Kinderzimmer eines Reihenhauses in Ternitz plante Beran A. den Anschlag
Mit Bomben, Autos, Macheten vor dem und – eingeschleust als Mitarbeiter – im Stadion planten Teenager wohl einen Anschlag auf ein Taylor-Swift-Konzert. Der Zeitplan der „verhinderten Katastrophe“.

Ein 17- und ein 19-jähriger Österreicher mit Migrationsgeschichte sollen hinter den Anschlagsplänen auf eines von drei Taylor-Swift-Konzerten in Wien stehen.

Donnerstag, 25. Juli

Es ist der Tag, an dem der 19-jährige Beran A. seinen Job in einem Edelstahlwerk in Ternitz (Bezirk Neunkirchen) kündigt. Aus dem scheinbar „harmlosen Nachbarsbuben“ in Jeans und Turnschuhen ist in den vergangenen Wochen ein radikalisierter Islamist geworden. Auch optisch hat er sich stark gewandelt – hin zum auftrainierten Muskelprotz mit üppigem Vollbart. Bereits im Juni soll er den Treueschwur auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) abgelegt haben. Das entgeht den US-Geheimdiensten nicht. Just am Tag der Kündigung von Beran A. schlug offenbar ihre erste Warnung in Österreich auf: Der Bursche soll einen Anschlag planen. Er selbst tut in seiner Firma kund, „Großes vorzuhaben“.

Freitag, 26. Juli

Ab diesem Tag wird Beran A. offenbar intensiv von der Antiterroreinheit Cobra, dem Landesamt für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) NÖ und der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) observiert. Wie Ermittlungen der DSN zeigen, handelt der Bursche nicht allein. Einer seiner engsten Vertrauten soll ein 17-jähriger Österreicher mit türkisch/kroatischem Hintergrund sein – wohnhaft in Ternitz.

Dienstag, 6. August, nachts

Seit den Abendstunden gibt es zwischen DSN, Bundeskriminalamt und Generaldirektion für die Öffentliche Sicherheit nur noch ein Thema: die Verhaftung des 17- und des 19-Jährigen. Denn seit wenigen Tagen soll klar sein: Die beiden Ternitzer sollen einen Anschlag auf das erste von drei Taylor-Swift-Konzerten im Ernst-Happel-Stadion geplant haben. Dabei will der 19-Jährige offenbar mit einem Auto und einer selbst gebastelten Bombe in die 20.000 Fans, die vor dem Stadion feiern, rasen. Sein Plan sieht vor, auf „die Ungläubigen“ mit Messern und Macheten einzustechen. Er fertigt ein Bekennervideo an, auf dem er mit Messern und IS-Botschaft am Leiberl posiert. Auch ein Blaulicht, wie jenes der Polizei, hat er sich besorgt. Es soll bei der Flucht hilfreich sein.

Mittwoch, 7. August, 7.00 Uhr

An der Adresse des 19-Jährigen formiert sich ein Großaufgebot an Polizisten und Sondereinheiten. Straßen werden gesperrt.

Mittwoch, 7. August, 8.45 Uhr

Im Elternhaus des 19-Jährigen wird Sprengstoff vermutet. Die Umgebung wird evakuiert, die Personen aus gut 60 Haushalten werden in Sicherheit gebracht. Techniker des Energieversorgers EVN kappen vorsorglich die Strom- und Gasleitung. Anschließend stürmt ein Einsatzteam der Cobra das Haus. Der Verdächtige wird festgenommen. Stundenlang durchsuchen Bombenentschärfer mit CBRN-Schutzausrüstung (chemische, biologische, radiologische und nukleare Gefahren) das Gebäude und werden fündig. Neben Chemikalien zur Herstellung des Sprengstoffs TATP finden die Kriminalisten Zünder und andere Vorrichtungen, IS-Propaganda, 21.000 Euro Falschgeld und Anabolika-ähnliche Substanzen sowie Macheten und Messer. Erst nach Freigabe der Entschärfer gegen 19 Uhr am Abend können die Anrainer wieder in ihre Wohnungen.

Mittwoch, 7. August, 13.30 Uhr

Im unmittelbaren Umfeld des Ernst-Happel-Stadions kommt es nach Handypeilung zur Festnahme des 17-Jährigen. Erst später wird klar sein: Der Polizei ist er bereits bekannt. Die Landespolizeidirektion Wien soll ihn sogar zur Fahndung ausgeschrieben haben, weil er eine Rolle im Wiener Bandenkrieg spielen soll.

Das Terror-Protokoll: Wie der Anschlag verhindert wurde

Innenminister Gerhard Karner trat am Donnerstag mit DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner und Franz Ruf, dem Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, vor die Medien, um die aktuelle Lage zu erklären

Mittwoch, 7. August, 18.00 Uhr

Erstmals treten der Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, und Wiens Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl vor die Presse. Offiziell wird bestätigt: Die Taylor-Swift-Konzerte sind ins Visier des islamistischen Terrors geraten. Zu einer möglichen Absage will man sich nicht äußern.

Mittwoch, 7. August, 22.00 Uhr

Der Konzertveranstalter, Barracuda Music, sagt alle drei Konzerte des US-Superstars ab.

Mittwoch, 7. August, 24.00 Uhr

Tatort-Spezialisten des NÖ Landeskriminalamtes beenden die Spurensicherung im Haus.

Donnerstagnacht, 8. August

Stundenlang werden der 19- und der 17-Jährige befragt. Während der Jüngere schweigt, legt der 19-Jährige ein umfängliches Geständnis ab. Der zentrale Inhalt: dass er es „richtig fände, ungläubige Menschen zu töten“.

Donnerstag, 8. August, 11.15 Uhr

Das Innenministerium betont, dass „eine Katastrophe verhindert wurde“. Klar ist: Der 17-Jährige war vor den Anschlägen mehrfach im Stadion. Er war dort am Gerüst- und Bühnenbau beteiligt. Auch darum wird das Stadion gründlich durchsucht. Wie ernst es dem 17-Jährigen zudem gewesen sein soll, belegt, dass er sich zuvor von seiner Freundin getrennt hat. Ein Abschied.

Donnerstag, 8. August, 13.30 Uhr

Der Konzertveranstalter Ewald Tatar betont, dass die Absage „die richtige Entscheidung“ gewesen sei. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) wendet sich auch an die Öffentlichkeit. Er verstehe die Traurigkeit vieler Swift-Fans, doch die Sicherheit sei wichtiger gewesen. Er bedankt sich beim Staatsschutz und ruft zur Einigkeit auf.

Unsere bisherige Berichterstattung zum Taylor-Swift-Konzert in Wien

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