Tatkräftige Unterstützung gab es von all den internationalen Gästen, die ebenfalls der Freude eines Konzerts mit ihrem Idol beraubt wurden.
Selbsthilfegruppen im öffentlichen Raum
An mehreren Plätzen in der Stadt wurde gesungen, eine Kirche spielte Swift-Lieder, auf einem Baum in der Corneliusgasse werden die für „Swifties“ charakteristischen Freundschaftsarmbänder aufgehängt. Natürlich weht dabei nicht nur Freude durch die Straßen.
Die Enttäuschung der Fans ist nach wie vor groß, auch bei den einzelnen Events wurde geweint, sie wurden auch als „communal crying session“ betitelt, riesige Selbsthilfegruppen im öffentlichen Raum.
Die Videos davon berühren. Nicht umsonst gingen viele davon viral, in zahlreichen internationalen Medien – von der Huffington Post bis zu Times of India – war von der „guten Energie“ der Stadt zu lesen. Der Tenor der Kommentare der Anwesenden: Trauer, weil das Konzert nicht stattfindet, Dankbarkeit, dass man „beschützt“ wurde, Freude über die große Gemeinschaft.
Positiver Effekt in Sozialen Medien
Dass solche Botschaften wichtig sind, sieht man am Beispiel aus dem Jahr 2020. Zwei Forscher der Österreichischen Akademie der Wissenschaften haben die 250.000 Tweets über den Anschlag in den Wochen danach analysiert. Die optimistischen Narrative überwogen, islamophobe Statements hielten sich hingegen in Grenzen. Ein Mitgrund: Vielfach wurde der Hashtag #schleichdiduaoschloch genutzt, der die Menschen zusammenrücken ließ.
Da ist es schon egal, dass dieser Satz wahrscheinlich gar nicht so gefallen ist. Wichtig ist der Effekt. Ein etwas klischeehaftes Bild vor dem inneren Auge lässt die Menschen wohl trotz diverser Bedrohungen optimistisch bleiben – damals ein grantelnder Ur-Wiener, heute eben ein singendes junges Mädchen mit pinkem Cowboyhut und Freundschaftsarmband.
Dass das heldenhafte Dagegenhalten dieses Mal weiblich konnotiert ist, ist ein schöner Nebenaspekt.
Welche Videos auch geteilt werden: „Swifties“, die sich bei den Aktivitäten treffen, die ihnen nun ermöglicht werden. Etwa in der Albertina, die man mit einem Ticket gratis besuchen kann.
Gratis Aktionen als Werbung
In ganz Wien wurden Dinge für die verhinderten Konzertbesucher zur Verfügung gestellt: Eintritte in Museen, ins Stadionbad, ins U4, gratis Burger, Kaffees, eine „Swarovski“-Überraschung. Oder ein geschenktes „Gemma Lugner Kapperl“, das in der Lugner City des Kult-Baulöwen Richard Lugner ausgeteilt wurde, was auf eine süß-skurrile Art eine Prise Wienerisches in das internationale Flair mischt. Die Kritik an den vielen Aktionen ließ nicht lange auf sich warten. Unternehmen würde die Vorkommnisse für ihr eigenes Marketing nutzen, Kapitalismus trotz Krise.
Das kann man natürlich so sehen. Oder man sieht in die Gesichter der Fans, denen diese Dinge Trost spenden, die vielfach ohnehin einen finanziellen Verlust in Kauf nehmen müssen. Und die auf ihren Accounts kundtun, wie begeistert sie von der Stadt sind, in der sie sich aufgefangen fühlen. Das ist eine unbezahlbare Werbung, in Wien wurde durch die abgesagten Konzerte ohnehin ein massiver Image-Schaden befürchtet.
Schon heuer war Wien nur noch auf Platz 2 der unfreundlichsten Städte der Welt, ein weiteres Abrutschen in dieser Rangliste hin zur Freundlichkeit ist nicht auszuschließen.
Wienerinnen und Wiener können nämlich nicht nur „Schleich di, du Oaschloch“ sagen. Sie können auch ihre gastfreundliche Art zeigen. All jenen, die mit ihnen gemeinsam die Freiheit zelebrieren wollen.
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