Sommertheater: Was noch läuft, was sich auszahlt - und was nicht
Ende Juli übernehmen traditionell die großen Sommerfestspiele in Salzburg und Bregenz die Hoheit über das sommerliche Bühnenleben. Doch die kleinen Sommertheater, die sich in Niederösterreich und im Burgenland (und ein bisschen in Wien) besonders häufen, spielen noch weit in den August hinein, wenngleich heuer mit den Festspielen Reichenau ein gewichtiger Player abhanden gekommen ist.
Niederösterreich
Beeilen muss man sich, um in Perchtoldsdorf noch eine Vorstellung zu erhaschen. In der Intendanz von "Jedermann"-Regisseur Michael Sturminger ist es gelungen, die Perchtoldsdorfer Sommerspiele als erste Adresse des Theatersommers zu etablieren. Bis 31. Juli wird noch Kleists "Der zerbrochne Krug" gegeben. Der KURIER resümierte: "Regisseurin Veronika Glatzner gelingt es, dieses durchaus bösartige Lustspiel sehr heiter auf die Bühne zu bringen, ohne die abgründigen Aspekte auszusparen."
Noch bis 7. August läuft beim Theatersommer Haag (NÖ) der Nestroy-Klassiker "Der Zerrissene", prominent besetzt mit Intendant Christian Dolezal, Miriam Fussenegger und Sigrid Hauser. Regie führte Dominic Oley. Der KURIER über die Inszenierung: "Das Ensemble ist der Garant für eine unterhaltsame, flotte, aber auch Längen aufweisende Inszenierung eines seit 1844 immer aktuellen Stückes über Geld und Gier."
Viel zu feiern gibt es in der Wachauarena Melk: 60 Jahre Sommerspiele Melk, 20 Jahre Intendanz Alexander Hauer, und die - nachgeholte - Jubiläumsproduktion "Die X Gebote. #wiewirlebenwollen" mit zehn Minidramen von zehn namhaften Autorinnen und Autoren (Bernhard Aichner, Dimitré Dinev, Franzobel, Paulus Hochgatterer, Stephan Lack, Julya Rabinowich, Eva Rossmann, Cornelia Travnicek, Susanne Wolf und Feridun Zaimoglu). Die APA schrieb: "Letztlich verbindet alle Kurzdramen ein deutliches Bekenntnis zur Humanität. Darin liegt wohl auch das Anliegen von Alexander Hauer, der sich stets den großen Mythen der Vergangenheit widmet und dabei die Frage nach dem Zukunftsweg stellt."
Für die österreichische Erstaufführung der französischen Komödie "Meine rosarote Hochzeit" von Gerard Bitton und Michel Munz haben die Wachaufestspiele Weißenkirchen im Teisenhoferhof "leichte Kost" avisiert, "mehr war es dann auch nicht, aber doch immerhin unterhaltsam mit einigen Hintergründigkeiten und Untiefen", schrieb die APA. Die Produktion läuft bis 22. August. Von 3. bis 11. September folgt dann Torbergs "Der Schüler Gerber" in einer Bearbeitung von Felix Mitterer. Intendant Marcus Strahl führte Regie und spielt den gestrengen Lehrer "Gott" Kupfer.
Sehenswert ist die wiederentdeckte Nestroy-Posse "Charivari" bei Peter Grubers Nestroy-Spielen in Schwechat. Der KURIER urteilte: "Gruber gelingt es, den Wirrwarr um einen erbschleicherischen Kapitalisten als sehenswertes Sommertheater zu zeigen, weil er den Volksdichter Nestroy beim Wort nimmt, der in dem Stück Persönlichkeiten des damaligen gesellschaftlichen Lebens karikierte. Noch bis 31. Juli.
Weniger auszahlen dürfte sich das "Galactical" mit dem Titel "Raumschiff oder Das Drama des begabten Hundes" beim Kultursommer Laxenburg. Der von Cristian Deix und Olivier Lendl verfasste Science-Fiction-Schwank verführte im Hof der Franzensburg nur zu mäßiger Begeisterung. "Wer sich billigst auf Raumfahrt begeben will, findet hier dazu Gelegenheit", schrieb die APA. Und: "Laxenburg könnte das Grafenegg des Theaters werden, allein der kulturpolitische Wille fehlt."
Apropos Grafenegg: Das Musikfestival startet am 13. August mit Giuseppe Verdis "Requiem" in großartiger Besetzung: Es singen Krassimira Stoyanova, Clémentine Margaine, Piotr Beczała, Rene Pape, sowie der Wiener Singverein. Yutaka Sado leitet das Tonkünstler-Orchester.
Statt der ursprünglich geplanten "Carmen" mit angeblich über 100 Mitwirkenden, die nun auf Sommer 2022 verschoben wurde, bringt die Oper Burg Gars Wolfgang Amadeus Mozarts "Die Entführung aus dem Serail" mit einem Streichquintett plus Akkordeon. "Eine in mehrfacher Hinsicht sehr reduzierte Angelegenheit, wie sich bei der Premiere erwiesen hat. Intendant Johannes Wildners Kammerspiel-Konzept blieb letztlich gut gemeint", schrieb die APA.
Infos und Tickets zum gesamten Sommertheaterangebot in Niederösterreich gibt es hier.
Burgenland
Das sommerliche Bühnenprogramm im Burgenland wird freilich von populärem Musiktheater dominiert.
Bei der Oper im Steinbruch bleiben sich die Veranstalter bei der Puccinis "Turandot" nach der Coronapause nichts schuldig. Der KURIER schrieb zur Premiere vom 14. Juli: "Opulenz war und ist in St. Margarethen bekanntlich immer das Gebot der Stunde. Halbe Sachen darf es szenisch nicht geben. Und die gibt es auch nicht in der Cinemascope-Inszenierung von Thaddeus Strassberger, der gemeinsam mit Ausstatter Paul Tate dePoo und dem Kostümbildner Giuseppe Palella eine Art chinesisches Game of Thrones in den Steinbruch geknallt hat."
Bis 21. August noch in wechselnder Besetzung zu sehen.
Bandenkriege gibt es in Leonard Bernsteins "West Side Story". Aber in Mörbisch spielten sich bei der diesjährigen Premiere der Seefestspiele echte verbale Scharmützel auf offener Bühne ab - zwischen dem scheidenden künstlerischen Direktor Peter Edelmann und dem neuen Generalintendanten der Kulturbetriebe Burgenland, Alfons Haider.
Die Bühnenproduktion selbst hält aber, was Bernsteins Welthit verspricht, "denn Regisseur Werner Sobotka ist ein Vollprofi und hat – von einigen Längen in den Dialogen abgesehen – mit sicherer Hand und ganz klassisch inszeniert", urteilt der KURIER. Bis 14. August.
Nicht ohne Grund gilt Ray Cooneys Stück "Außer Kontrolle" seit seiner Uraufführung 1990 als "Garant für pure Unterhaltung. Denn britischer Humor geht immer, wenn er richtig vermittelt wird – wie von Wolfgang Böck. Er verkörpert idealtypisch einen Politiker, der weiß, dass die Wahrheit nur Leid schafft", schrieb der KURIER.
Intendant Böck führt bei den Schloss-Spielen Kobersdorf ein "sehr gutes Ensemble" an. In weiteren Rollen bis 1. August zu sehen: Alexander Jagsch, Nanette Waidmann, Markus Freistätter, Wolf Bachofner.
Der Kultur Sommer Güssing musste zwar seine Theaterinszenierung bereits im Frühjahr auf das Folgejahr verschieben, bis Ende August stehen aber im Kulturzentrum Güssing und im Freilichtmuseum Gerersdorf mehrere Veranstaltungen auf dem Programm: am 14. August Michael &Köhlmeier & Hans Theessink als musikalische "Westernhelden" und am 28. August Nadja Maleh, die mit ihrem "Best-Of Kabarett" den Güssinger Kultursommer beschließt.
Wien
Nach einer coronabedingten Zwangspause im Vorjahr melden sich im heurigen Sommer zwei Wiener Unterhaltungsspielstätten zurück. Das Lustspielhaus am Hof unter der Intendanz von Adi Hirschal, das seit jeher auf die Übertragung von Theaterklassikern ins Wienerische setzt, holt das bereits für 2020 geplante Goldoni-Stück "Die Verliebten" nach (bis 30. Juli).
Bei der Tschauner Bühne im 16. Wiener Gemeindebezirk läuft noch bis 7. August das Sondheim-Musical "Zuständ' wie im alten Rom" (Original: "A Funny Thing Happened On The Way To The Forum") und bis 24. August die "Stegreif 2.0"-Produktion "Tschauner Ahoi".
Das Theater im Park von Michael Niavarani und Georg Hoanzl füllte schon im Vorjahr lustvoll die riesige coronabedingte Lücke in den Sommerspielplänen. Dieses Jahr bietet man noch bis 25. September ein buntes Programm aus Kabarett, Klassik und Pop. Mehrmals zu sehen ist die neue "Simpl-Revue" sowie die Wiederaufnahme der Boulevard-Komödie "Reset" mit Niavarani.
Mit dem Globe Wien haben Niavarani und Hoanzl heuer noch eine zweite Open-Air-Bühne in Betrieb, die noch bis 18. September Kabarett (Lukas Resetarits, Martina Schwarzmann, Gery Seidl, Dieter Nuhr und Konzerte (Ernst Molden & Nino aus Wien, Voodoo Jürgens, Ina Regen) bietet.
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