Politikfieber: Wie sich das Wiener Rathaus vor dem Virus schützt

Bürgermeister Ludwig und die Vertreter der Sozialpartner hielten beim Gipfel im Stadtsenatsitzungssaal Abstand.
Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) ist infiziert. Die anderen Mitglieder der Stadtregierung schotten sich ab.

Es war nur eine Frage der Zeit, bis das Coronavirus die Wiener Stadtpolitik erreicht. Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) wurde positiv getestet, sie befindet sich in Heimquarantäne.

Ebenso jene Personen, die seit Freitag mit ihr Kontakt hatten – darunter sind sieben ihrer Mitarbeiter. Das wirft Fragen auf.

Die erste: Warum wurden nicht alle Personen isoliert, mit denen Gaal in den vergangenen zwei Wochen Kontakt hatte? Immerhin könnte die Politikerin das Virus schon so lange in sich tragen – die Inkubationszeit beträgt 14 Tage.

Mögliche Erklärung: Infizierte seien nur ein bis zwei Tage vor dem Auftreten der Symptome ansteckend, sagen Experten auf KURIER-Nachfrage. Krankheitsanzeichen zeigte Gaal erst am Sonntag.

Kathrin Gaal

Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ). 

Die zweite Frage: Wie schützen sich Politiker vor einer Ansteckung?

Das Wiener Rathaus ist nur noch über den Eingang in der Lichtenfelsgasse zugänglich. Hinein dürfen nur Mitarbeiter. Viele wollen das aber ohnehin nicht mehr: Es wurde „weitestgehend auf Homeoffice“ umgestellt, heißt es aus der Magistratsdirektion. Der Parteienverkehr ist seit Mittwoch eingestellt.

Im Büro von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) arbeitet derzeit nur eine Notbesetzung. „Wir halten zwei Meter Abstand zu ihm ein“, sagt sein Sprecher.

Das gilt auch für Besucher, die zu dringenden Terminen kommen: Beim Sozialpartner-Gipfel am Mittwoch gingen die Teilnehmer räumlich auf Distanz. Alle anderen Besprechungen finden per Telefon oder Videochat statt.

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Ludwig und die Vertreter der Sozialpartner nach dem Gipfel - mit Sicherheitsabstand. 

Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (Grüne) teilt sich das Büro aktuell mit nur zwei Mitarbeitern. Persönliche Termine habe sie stark reduziert, sagt eine Sprecherin. 

Teams aufgeteilt

Auch die Stadträte haben Sicherheitsvorkehrungen getroffen: Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) etwa hat sein Team gesplittet. Die eine Hälfte kommt ins Büro, die andere arbeitet von zu Hause. Im Wochenrhythmus wird gewechselt. Täglich gibt es Videokonferenzen mit allen, bei den die wichtigsten Themen besprochen werden.

In den Büros der anderen Mitglieder der Stadtregierung läuft es ganz ähnlich. Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) und seine Mitarbeiter finden sich nur dann im Rathaus ein, wenn es nicht zu vermeiden ist. Zum Beispiel, wenn Unterschriften zu leisten sind. 

Gemeinderat findet statt

Die Sitzung des Gemeinderats und des Landtags nächste Woche hat die Stadtregierung am Dienstag virtuell vorbereitet: Der Stadtsenat tagte per Videokonferenz.

Das Stadt- und Landesparlament wird am Donnerstag übrigens physisch im Rathaus zusammenkommen. Ohne Besucher, dafür mit einer „ausgeklügelten Sitzordnung“, um Ansteckungen zu verhindern.

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Die übliche Sitzordnung ist am Donnerstag aufgehoben. 

So mancher Ausschuss des Gemeinderats hat auf den Bildschirm gewechselt: Der Planungsausschuss beriet sich am Donnerstag per Videokonferenz. 

50 Anträge in einer Minute

Die Bezirksparlamente entscheiden selbst, ob sie tagen. Die meisten sehen davon ab. Anders die Donaustadt: Die Bezirksvertretung kam am Mittwoch noch zu einer rekordverdächtig kurzen Sitzung zusammen.

In nur einer Minute stimmte eine Minimalbesetzung von 20 Mandataren 50 Anträge ab. Möglich war das, weil die Fraktionen ihre Positionen vorab abgeklärt hatten.

Homeoffice für Ortschef

Bleibt noch die dritte Frage: Wo quält das Virus derzeit noch die Politiker?

Im niederösterreichischen Bad Vöslau zum Beispiel. Acht Gemeindepolitiker, darunter Bürgermeister Christoph Prinz (Liste Flammer) sowie zwei Rathaus-Mitarbeiter sind in Heimquarantäne.

Auslöser ist Alexander MajewskiDer Mandatar der Liste Flammer wurde positiv auf Corona getestet. „Ich hatte Fieber und Husten, nicht wirklich aufregend, aber wegen meiner Ordination habe ich 1450 angerufen und ließ mich testen“, erzählt der Mediziner.

Nun muss er 14 Tage zu Hause bleiben. Weil er aber zuvor, noch ohne Anzeichen, zwei Ausschusssitzungen besucht hatte, sitzt jetzt auch ein Teil des Gemeinderates in Quarantäne. „Kein großes Problem, wir sind gut organisiert und ich mache eben Homeoffice, sagt Bürgermeister Prinz.

In häuslicher Quarantäne sind zudem rund 100 Patienten von Majewski. Wo er sich angesteckt haben könnte, weiß er nicht.

 

Isolieren müssen sich außerdem Johann Döllerer, Bürgermeister in Reichenau an der Rax (ÖVP), Gemeinderäte und Mitarbeiter des Bauhofs. Wie am Donnerstag bekannt wurde, hatten die betreffenden Personen nachweislich Infizierten Kontakt. 

Schwache Symptome

Bereits am Dienstag machte der Bürgermeister von Korneuburg, Christian Gepp (ÖVP), öffentlich, dass er positiv auf Corona getestet wurde. 

„Ich dachte, ich hätte mich einfach verkühlt. Als ich dann leichtes Fieber und Husten bekommen habe und weil ich Vorerkrankungen habe, habe ich bei 1450 angerufen“, erzählt er. „Die Symptome sind so schwach bei mir, ich denke viele Leute bemerken kaum, dass sie erkrankt sind“, sagt er.

In Quarantäne bzw. infiziert sind außerdem Lokalpolitiker aus Salzburg und aus der Steiermark

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