Wirkung und Nebenwirkung: Warum man den Covid-Impfstoffen vertrauen kann

Wirkung und Nebenwirkung: Warum man den Covid-Impfstoffen vertrauen kann
Die Corona-Impfungen sind sicher und wirksam. Diese Erkenntnis speist sich nicht zuletzt aus transparent zugänglichen Daten über potenzielle Nebenwirkungen.

Gute Nachrichten kommen dieser Tage von der Statistik Austria: Covid-Geimpfte haben neuesten Analysen zufolge ein deutlich niedrigeres Sterberisiko als Menschen, die noch keinen Stich erhalten haben – und zwar unabhängig von Alter und Geschlecht.

Verknüpft wurden Daten über Verstorbene aus dem letzten Trimester des Vorjahres mit Informationen aus dem Nationalen Impfregister. Am ausgeprägtesten ist der Effekt bei Älteren: Zwischen September und Dezember 2021 starben rund 2.900 von 100.000 zumindest einmal Geimpften über 80 Jahre. Bei Ungeimpften in der gleichen Altersgruppe war die Sterberate mehr als doppelt so hoch (mehr dazu hier).

Statistische Feinheiten

Ob die Impfung allein dafür verantwortlich ist, kann aus der Studie nicht herausdestilliert werden.

Unter den Ungeimpften befinden sich viele nicht impfbare Schwerstkranke. Geimpfte und Ungeimpfte unterscheiden sich auch soziodemografisch und damit in puncto Sterberisiko und Lebenserwartung. "Menschen, die nicht so sehr auf ihre Gesundheit achten, lassen sich wohl auch seltener impfen", ergänzt Infektiologe und Impfexperte Marton Széll. "Auch das kann zu verfälschenden Verzerrungseffekten führen."

Allerdings, betont Széll, habe man auch in vielen anderen Ländern Ähnliches beobachtet. "Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Impfung tatsächlich die Sterblichkeit senkt."

Unterdessen halten sich Sorgen bezüglich bedrohlicher Impffolgen nach wie vor hartnäckig. In Österreich werden Impfnebenwirkungen der Covid-Vakzine vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) erfasst. Sie speisen sich aus Meldungen von Ärztinnen und Ärzten sowie Betroffenen. Der überwiegende Großteil umfasst erwartbare, harmlose Impfreaktionen, die auch in den Zulassungsstudien dokumentiert wurden. Etwa Kopfschmerzen, Fieber, Müdigkeit oder Schmerzen an der Einstichstelle.

Der aktuellste BASG-Bericht fasst alle Meldungen im Zeitraum vom 27.12.2020 bis 14.1.2022 zusammen. In dieser Zeit wurden insgesamt 43.927 Fälle bei weit über 17 Millionen verabreichten Impfdosen gemeldet (Details zum Bericht siehe Infobox).

Umfassend geprüft

"Ich verstehe vollkommen, dass es vor einem Jahr Bedenken bezüglich der Sicherheit gab", sagt Infektiologe Széll, der an der Klinik Donaustadt die Notfallambulanz leitet. "Inzwischen sind alle verfügbaren Impfstoffe weltweit milliardenfach verabreicht worden. Und es hat sich gezeigt, dass sie sicher sind." Viele Expertinnen und Experten sprechen von den Corona-Impfstoffen mittlerweile als "bestgeprüfte Arzneien der Medizingeschichte". Széll: "Tatsächlich gibt es kaum ein Präparat, wo so viele Daten zu Wirksamkeit und möglichen Nebenwirkungen zur Verfügung stehen."

Eine wirksame Arznei ohne Nebenwirkungen existiere außerdem nicht. "Um den Nutzen und potenzielle Risiken der Corona-Impfung abzuwägen, hat man sich genau angesehen, wie häufig gewisse Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Impfung auftreten – und wie häufig sie zufällig ohne Einwirken dieser medizinischen Maßnahme in der Bevölkerung vorkommen."

Wirkung und Nebenwirkung: Warum man den Covid-Impfstoffen vertrauen kann

Herz im Fokus

Internationale Berichte zu Herzmuskelentzündungen als Folge einer Covid-Impfung führten dazu, dass einige Länder, etwa Schweden und Dänemark, die Impfung mit mRNA-Impfstoffen vorübergehend für unter 30-Jährige aussetzten.

Im Falle der Herzmuskelentzündung habe sich laut Széll gezeigt, dass die mRNA-Impfung das Risiko tatsächlich erhöht. "Allerdings handelt es sich um einen in den meisten Fällen milden Verlauf ohne Komplikationen, der im Falle einer Corona-Infektion häufiger beobachtet wird." Das Risiko, diese Nebenwirkung zu entwickeln, liegt bei jungen Männern je nach Studie bei 1 zu 20.000 bis 1 zu 100.000. Infiziert man sich mit Corona, ist das Risiko dafür aber bis zu 30-fach höher.

Herzmuskelentzündungen sind potenziell lebensbedrohlich, da es zu Herzrhythmusstörungen kommen kann. Typische Symptome sind Abgeschlagenheit, Erschöpfung, Appetitlosigkeit, Atemnot, Kopfschmerzen sowie Herzklopfen und Schmerzen hinter dem Brustbein. Diese Symptome sollten ärztlich abgeklärt werden. Wird das Krankheitsbild erkannt, können Betroffene in den allermeisten Fällen gut behandelt und vollständig kuriert werden.

Kein Verdacht auf verzögerte Schäden

Dass Impfschäden mit sehr großer zeitlicher Verzögerung auftreten, sei laut Széll "extremst unwahrscheinlich: Nicht nur, weil es keine existierenden Impfstoffe gibt, die nach Jahren noch Impfschäden produziert haben. Sondern auch, weil die gegen Corona verwendeten Impfstoffe nach wenigen Wochen vom Körper gänzlich abgebaut werden."

Auch das Argument, moderne mRNA-Impfstoffe seien weitgehend unerprobt und fahrlässig zugelassen worden, lässt Széll nicht gelten: "Es gab die regulären klinischen Studien, in denen man die Vakzine von Pfizer und Moderna vor der Zulassung umfassend geprüft hat. Und es werden seit über einem Jahrzehnt auch andere mRNA-Impfstoffe erforscht. Auch hier hat es nicht das leiseste Signal gegeben, dass diese gefährlich sein könnten."

Risikofaktor Booster?

Israel nahm in Sachen Booster schon im Sommer des vergangenen Jahres eine Vorreiterrolle ein. Dass nach dem Auffrischungsstich bisher unbekannte Impfreaktionen oder gar Nebenwirkungen zu befürchten sind, hat sich weder dort noch anderswo gezeigt. Széll: "Die Nebenwirkungen ähneln jenen nach dem Zweitstich. Im Einzelfall kann es zu vermehrten Reaktionen wie Fieber oder Kopfschmerz kommen, es können aber auch weniger Symptome auftreten."

In Teilen der Bevölkerung ist die Angst vor der Impfung nach wie vor größer als jene vor einer Infektion und ihren Folgen. Széll führt das auf die allgemeine Verunsicherung in der Pandemie zurück: "Falschmeldungen verbreiten sich insbesondere auf sozialen Medien rasant und machen es für Laien zunehmend schwieriger, fundierte Expertise von Fake News zu unterscheiden."

Die These, dass Impfnebenwirkungen in kein Melderegister gelangen (Infos zur Meldung von Nebenwirkungen finden Sie hier basg.gv.at/marktbeobachtung/meldewesen/nebenwirkungen) und das Impfrisiko im Verborgenen bleibt, kann Széll – er ist Mitglied des Nationalen Impfgremiums – nicht nachvollziehen. "Es wird sehr viel und sehr gewissenhaft gemeldet – und das wird alles sorgfältig sortiert."

Im Vorjahr ist die Zahl der Anträge auf Schadenersatz wegen eines vermuteten Impfschadens in Österreich stark gestiegen (mehr dazu hier). 367 Österreicher haben laut Zahlen des Gesundheitsministeriums im Jahr 2021 einen solchen Antrag gestellt. Die meisten Anträge beziehen sich auf Corona-Impfungen. Sie werden derzeit geprüft.

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