Omikron-Welle: So handhabt man Antigentests jetzt richtig
Auf Twitter kursieren sie derzeit zuhauf: Bilder nebeneinander aufgelegter Antigentestkassetten – dazu der Hinweis, dass die Tests nur bei Abstrichen im Rachen positive, und damit richtige, Ergebnisse geliefert hätten.
Die anekdotischen Alltagsberichte liefern keine soliden wissenschaftlichen Belege. Sie weisen aber auf ein Problem hin, das auch in Fachkreisen diskutiert wird: Das Schnelltesten wird durch Omikron komplizierter.
Die Gründe dafür: vielschichtig.
Neueste Studien legen nahe, dass sich Omikron nicht so gut in der Lunge, sondern vielmehr im oberen Respirationstrakt, dem Nasenrachenraum, vermehrt. "Das sind erste Daten, die noch nicht von externen Fachkolleginnen und Fachkollegen begutachtet wurden", sagt Robert Strassl, Facharzt für Virologie und Leiter der Abteilung für Klinische Virologie am Klinischen Institut für Labormedizin der MedUni Wien.
"Sie sind aber ein guter Anhaltspunkt dafür, dass es bei Omikron etwas länger dauern könnte, bis das Virus in der vorderen Nase ankommt. Man erwischt dort nicht genug Virusmaterial für einen Nachweis. Im Rachen, wo sich das Virus früher vermehrt, schon."
Entnahme im Wohnzimmer
Israel hat darauf bereits reagiert: Dort wird seit Kurzem empfohlen, Material nicht nur in der Nase, sondern auch im Rachen zu sammeln. Auch, wenn das auf der Verpackung nicht so vermerkt ist. Auch Strassl befürwortet diese Vorgangsweise. Dass der Großteil der Antigenschnelltests zur Probenentnahme in der Nase anleitet, verursache aber oftmals praktische Probleme: "Viele finden es schwieriger, den Abstrich tief in der Nase oder eben im Rachen zu machen. Teilweise, weil Letzteres den Würgereflex auslöst. Teilweise, weil die Stäbchen dafür zu kurz sind."
Eine in Apotheken oder Teststraßen professionell im hinteren Nasenrachenraum abgenommene Probe erhöhe jedenfalls die Verlässlichkeit des Ergebnisses. Strassl: "Ich empfehle daher, sich von einer ausgebildeten Person testen zu lassen."
Viruslast als Schlüssel
Grundsätzlich würden Antigentests Omikron sehr wohl aufspüren: "Vor allem Hochansteckende – mit entsprechend hoher Viruslast – können treffsicher als Infizierte identifiziert werden", betont Strassl. Allerdings kann auch das verwendete Produkt – das deutsche Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat über 100 evaluiert und bezüglich ihrer Zuverlässigkeit bewertet (online hier abrufbar) – das Ergebnis beeinflussen.
Ein anderes Problem: Die Rate der asymptomatischen Infizierten – auch hier drohen laut einer Cochrane Review zur Zuverlässigkeit von Schnelltests zum Corona-Nachweis falsch-negative Ergebnisse – steigt kontinuierlich. Zum einen, weil Omikron selbst mildere Verläufe verursacht. Zum anderen, weil immer mehr Menschen geimpft sind und im Ansteckungsfall seltener Beschwerden entwickeln.
Laut dem US-amerikanischen Epidemiologen und Immunologen Michael Mina spielt die Symptomatik für Antigentests allerdings keine Rolle. "Zur Erinnerung", schrieb er kürzlich auf Twitter: "Ag-Schnelltests (Antigenschnelltests, Anm.) funktionieren bei symptomatischen Personen genauso wie bei asymptomatischen Personen. Der Test interessiert sich nur für die Menge an Virus. Wenn man symptomatisch ist, ist es einfach wahrscheinlicher, dass man sich ein Stäbchen in die Nase steckt."
Dem stimmt auch Strassl zu: "Auch asymptomatische können eine gleich hohe Viruskonzentration haben. Es ist vielmehr das Problem, dass man hier oft screenen muss."
Das Zeitfenster bis zum Ausbruch erster Symptome ist bei Omikron jedenfalls nachweislich kleiner. "Man geht davon aus, dass im Schnitt drei Tage zwischen Ansteckung und Symptombeginn vergehen – bei Delta vergingen durchschnittlich fünf Tage", sagt Strassl.
Antigenschnelltests seien jedenfalls ein recht guter Indikator für die Infektiosität, schildert Strassl. Schlägt der Test nicht an, ist man wohl auch nicht unmittelbar hochansteckend. Das kann sich im Fall einer Omikron-Infektion allerdings rasant ändern. "Bei Omikron läuft die Virusvermehrung viel schneller ab."
Antigentests seien also mehr denn je nur eine Momentaufnahme, die schon binnen weniger Stunden nicht mehr akkurat sein kann.
Sinnvolle Settings
Neben der Abstrichmethode können Antigentests auch mittels Speichelprobe (nicht zu verwechseln mit PCR-Gurgeltests) durchgeführt werden. In puncto Treffsicherheit liegen für Omikron noch keine Erkenntnisse vor. In früheren Wellen habe sich laut Strassl aber gezeigt, dass Speichel-Antigentests "weniger sensitiv waren".
Die im Vergleich zu PCR-Tests geringere Zuverlässigkeit kann durch engmaschiges Testen wettgemacht werden. Strassl: "Allerdings müssen die Testintervalle wirklich sehr kurz sein, ich würde zwölf bis maximal 24 Stunden empfehlen."
Ideal seien Antigentests, um vor Veranstaltungen zeitnah Klarheit über eine potenzielle Infektion zu bekommen. "Dann bieten sie eine ganz gute Sicherheit und man kann – für ein paar Stunden – Clustern durch asymptomatisch Infizierte vorbeugen."
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