Trump-Sieg: Boom für Selbstmord-Hotlines

Viele US-Amerikaner sind nach Trumps Wahlsieg verzweifelt.
Trumps Wahlsieg stürzt viele US-Amerikaner in die Krise. Notfalltelefone verzeichnen einen deutlichen Anruferanstieg.

"So etwas habe ich noch nie erlebt", sagt John Draper, Mitarbeiter der Krisentelefonzentrale National Suicide Prevention Lifeline gegenüber CNN. Für Draper, der seit 25 Jahren für die Telefonseelsorge tätig ist, ist der Zusammenhang zwischen dem Wahlergebnis des 9. November und dem deutlichen Anstieg an Anrufen unumstritten.

Zwischen ein und zwei Uhr früh wurden am vergangenen Mittwoch 660 eingehende Anrufe registriert. Drei Mal so viele wie sonst üblich. Obwohl an Wahltagen oder bei Ereignissen wie den Terroranschlägen des 11. September auch in der Vergangenheit mehr Anrufe verzeichnet wurden, sei ein derartiger Schwall einzigartig. "Im Zuge einer Wahl habe ich etwas Ähnliches bestimmt noch nie erlebt", so Draper. Konkret sei seit dem Selbstmord des Schauspielers Robin Williams kein derartiger Anstieg mehr verzeichnet worden. Damals sei dies auch auf die Bewerbung des Krisentelefons im Rahmen der Berichterstattung über den Todesfall zurückzuführen gewesen.

Während die Anruferzahlen bei der National Suicide Prevention Lifeline mittlerweile zurückgegangen sind, sind Mitarbeiter anderer sozialer Dienste nach wie vor gefordert.

Entsetzte Randgruppen

Die Crisis Text Line, die Betroffenen per SMS Hilfe vermittelt, bestätigte gegenüber CNN einen noch größeren Anstieg der Kontaktaufnahmen in der Wahlnacht. Acht Mal so viele Nachrichten gingen in den Morgenstunden des Mittwoch bei der Organisation ein, wie Sprecherin Liz Eddy erklärte. Auch in den Tagen nach der Wahl sei die Zahl der Nachrichten noch konstant erhöht gewesen.

Die drei meistbenutzten Wörter in den Nachrichten waren "Wahl", "verängstigt" und "LGBTQ". LGBTQ, oder LGBT, ist eine aus dem englischen Sprachraum kommende Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender und Queer - also Lesben, Schwule, Transgender und Bisexuelle. Eddy zufolge sei es das erste Mal, dass der Dienst aufgrund eines politischen Ereignisses verstärkt in Anspruch genommen wird. Auch das Trevor Project, ein Verein der auf Krisenintervention in der LGBT-Community spezialisiert ist, verzeichnet laut Leiter Steve Mendelsohn seit der Wahl täglich doppelt so viele Anfragen wie sonst. 95 Prozent der Anfragen stünden direkt mit der Wahl in Verbindung.

Der britische Guardian fasst in einem aktuellen Artikel die ungewisse Zukunft der Transgender-Community ins Auge. Emily Colvin aus dem US-Bundesstaat Missouri wird mit dem Satz "Wir sind alle traumatisiert" zitiert. Cate Brenner, eine transsexuelle Frau aus Long Island, sagt, sie sei angesichts des Wahlausgangs "vollkommen entsetzt".

Breite Besorgnis

Neben Krisentelefonen sind auch die sozialen Medien in den vergangenen Tagen zum wichtigen Kanal für verunsicherte Bürger geworden. Neben einer Welle des Protests bringen viele US-Amerikaner auf Twitter, Facebook und anderen Plattformen ihre Ängste zum Ausdruck. So sorgen sich viele Frauen beispielsweise um die Finanzierung ihrer Verhütungsmittel unter Präsident Trump. Opfer sexualisierter Gewalt zeigen sich unterdessen am Boden zerstört. Trump war während des Wahlkampfs wiederholt mit Sexismus und Missbrauchsvorwürfen konfrontiert worden.

Neben unzähligen Protesten gegen den Wahlausgang signalisieren Sicherheitsnadeln ein unterstützendes Symbol für all jene, die sich davor fürchten, was jetzt kommt. Sie werden an der Kleidung angebracht, um Solidarität mit all jenen Gruppen zum Ausdruck zu bringen, die Trump wiederholt bedroht hat.

Wenn Sie Hilfe benötigen, ist dieses Telefon 24 Stunden besetzt:

Sozialpsychiatrischer Notdienst

Tel.: (01) 31330

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