Porträts aus der Psychiatrie
Laura Hospes wollte Suizid begehen, scheiterte – und kam in die Psychiatrie. Geplagt von Depressionen, Suizidgedanken und chaotischen Angstzuständen fristete sie dort ein trostloses Dasein.
"Meine Kamera hört mir besser zu als jeder Mensch"
Um ihren Alltag in der Einrichtung zu bewältigen und Einblick in ihre Welt zu geben, begann die junge Frau sich selbst zu fotografieren. Dabei herausgekommen sind schnörkellose Schwarz-Weiß-Bilder, ästhetisch und dennoch berührend uneitel. "Ich porträtiere mich in einer sehr schwierigen Phase meines Lebens: Ich bin depressiv und suizidgefährdet. Meine Selbstporträts sind die direkte Reflexion meiner Gefühle, die ich im realen Leben nicht zeigen kann", so Hospes über ihre Bilder.
Ihre Kamera sei ihr Trost und höre ihr besser zu als jeder Mensch. Mit ihren Bildern wolle sie ihre innersten Emotionen nach außen kehren und teilen: "Ich möchte die Probleme und die Einsamkeit, die ich gerade erlebe, teilen. Ich möchte dich den Schmerz und die Angst fühlen lassen, die ich fühle, auch wenn es nur ein Bruchteil dessen ist. Ich möchte, dass du in dieser Situation bei mir bist, dann fühle ich mich weniger allein."
Bedrückend - ehrlich
Der Fotoserie gab sie den Titel UCP-UMCG, so der Name des Universitätsklinikums im niederländischen Groningen in dem sie untergebracht war. Die Fotostrecke bewegt Betroffene und Außenstehende gleichermaßen. Beim Lensculture Emerging Talents Award 2015 wurde Hospes‘ Arbeit sogar ausgezeichnet. Ihre Bilder seien in ihrer Ehrlichkeit und Echtheit über die generischen, stolzen Selbstbildnisse unserer Zeit erhaben, befand die Jury.
Todd Hido, einer der Juroren, über ihrer Fotos: "Es macht mir tatsächlich Angst, dass so viele Menschen sich so eingehend mit sich selbst beschäftigen und glauben, das würde auch andere interessieren - manche vielleicht, aber höchstens für eine Minute. Die mutige Arbeit von Laura Hospes ist jedoch eine einzigartige Reihe von Selbstporträts, bei der Eitelkeit überhaupt keine Rolle spielt. Ihre Fotografie berührt mich ..."
Die heute 21-Jährige zeigte schon früh eine Faszination für Fotografie. Bereits im Alter von 16 Jahren nahm sie ihre ersten Bilder auf. Später begann sie ein Studium an der Fotoacademie im niederländischen Amsterdam.
Hospes‘ Fotoserie kann man auch auf ihrer Instagram-Seite und auf Facebook ansehen. Die Portätserie wird ab September 2016 in Buchform im Handel erhältlich sein.
Sehen Sie keinen Ausweg? Scheuen Sie sich nicht, Hilfe zu holen. Wo Sie diese finden:
Telefonseelsorge (bundesweit), 142, www.telefonseelsorge.at
Rat auf Draht (bundesweit, für Kinder und Jugendliche), 147, www.rataufdraht.orf.at
Vergiftungsinformationszentrale GÖG (bundesweit), 01 / 406 43 43, www.goeg.at/de/VIZ
Sozialpsychiatrischer Notdienst / PSD (Wien), 01 / 313 30, www.psd-wien.at/psd
Krisentelefon (NÖ), 0800 / 20 20 16
Dysmorphophobie (altgr. dys "schlecht" (hier: "Miss-"), morphé "Form" (hier: "gestaltet"-), phóbos "Furcht"). Soweit das Lexikon. Bei der Krankheit handelt es sich um eine Störung der Selbstwahrnehmung. Soll heißen, man empfindet sich und seinen Körper als missgebildet, entstellt oder hässlich, erträgt den Anblick seines eigenen Spiegelbildes nicht
Diesen Krankheitsausdruck verwendete die spanische Fotografin und Grafikerin Natalia Pereira für ihre Fotoserie. "Das Projekt soll zeigen, dass der eigentlich vollkommene Mensch durch unser Bewusstsein verzerrt wird und so unser Körper, unser Handeln, unsere Träume und unsere Identität verformt. Immer auf der Suche nach etwas, das wir nicht sind."
Die Hauptschuld an dieser ständigen Verbiegerei unserer selbst gibt die Fotografin der Konsumgesellschaft, die uns "dauernd mit makelloser Schönheit und Idealen bombardieren" und so den verwirrenden Wunsch generiert, ein perfektes Leben führen zu wollen." Ein perfektes Spielzeug, die perfekten Freunde, das perfekte Haus - alles ohne Ecken und Kanten.
Natalie Pereira wurde 1983 in Castellón, Spanien, geboren. Nach ihrem Industrial Design-Studium zog sie nach Barcelona und machte einen Master in Kommunikationsstrategien. Dort gründete sie auch ihr Designbüro Coco D’Mor. Sie versucht dabei eindrucksvolle Bilder, Kritik, Ironie und Surrealismus miteinander zu verbinden.
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