„Duda“ träumt von einem Finale des Friedens

„Duda“ träumt von einem Finale des Friedens
EM-Porträts, Teil 14: Fedir Dudnyk aus Donezk feierte beim FC Kapellerfeld ein bemerkenswertes Comeback.
Von Uwe Mauch

Er hatte keinen Lauf, wie man im Fußball zum Pech sagt: „Zuerst habe ich mir in meinem wichtigsten Spiel des Jahres, im Derby gegen die U-17 von Dynamo Kiew, im Walerij-Lobanowskyj-Stadion, auch mein Vater und mein Manager waren da, das Kreuzband gerissen.“ Dann, nur wenige Wochen nach dem Trauma beim Fußball, schlugen die ersten Raketen in der Ukraine ein.

Fedir Dudnyk steht auf dem gepflegten Rasen des FC Kapellerfeld, gibt bereitwillig Auskunft, ringt bald mit den Tränen, bringt am Ende gerade noch heraus: „Sorry, aber ich habe dafür keine Worte.“

Sie nennen ihn in Kapellerfeld (bei Gerasdorf) respektvoll „Duda“. Weil sie schnell erkannt haben, dass der 19-jährige Sportstudent aus Donezk ein Extra-Könner in ihrer Liga ist.

Seine fußballerische Grundausbildung erhielt er beim oftmaligen Champions-League-Teilnehmer Schachtar Donezk. Sein Können blitzt in jeder Aktion des Abschlusstrainings auf.

„Duda“ träumt von einem Finale des Friedens

Das Leben ist manchmal so wie der Fußball: Nach einer Serie an Niederlagen folgen wieder hellere Zeiten. Die Sonne ist noch über dem Wienerwald gut zu sehen. Zuerst bringt ein ukrainischer Chirurg das Kreuzband wieder in Ordnung, dann ist auch die Reha in Wien, unterstützt von einem georgischen Trainer (er ist auch Teil dieser Serie), erfolgreich.

Dass „Duda“ zu seiner Familie nach Wien flüchten konnte, verdankt er wiederum der Tatsache, dass der russische Präsident seinen Angriffskrieg begann, als der Kicker noch nicht wehrpflichtig war.

„Duda“ träumt von einem Finale des Friedens

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„Duda“ träumt von einem Finale des Friedens

Das Leben kehrt zurück in das Gesicht des Teenagers, als ihm beim Training erneut ein 40-Meter-Pass gelingt. Dabei hatte er hier beim FC Kapellerfeld anfangs Probleme, in Tritt zu kommen.

Da war die fremde Sprache, die etwas andere Spielkultur beim aktuell Zweitplatzierten der Oberliga B, vielleicht auch das Trauma seiner Flucht. – Ein Insider berichtet hinter seinem Glas mit rotem Spritzwein: „Am Anfang wollte er Zirkus Sarrasani bei uns spielen.“

Das Magazin - EURO-Serie: Fedir Dudnyk, Ukraine

Doch „Duda“ erfuhr dann viel Achtsamkeit in Kapellerfeld, auch durch seine Mitspieler, allen voran von Petru Bugulet. Der ist einer der besten Offensivspieler im Verein und in der Liga, er stammt aus Moldawien und hilft beim Übersetzen.

„Duda“ träumt von einem Finale des Friedens

Der Trainer versteht ihn

Sein Trainer, Mato Marković, weiß, wie sich das anfühlt, wenn man als Junger gezwungen wird, von heute auf morgen in einem fremden Land neu anzufangen. Marković erzählt: „Ich musste vor dreißig Jahren aus meiner Heimat, damals vor dem Krieg in Bosnien fliehen. Am Anfang war es auch für mich nicht leicht in Österreich. Daher kann ich ganz gut verstehen, wie es dem Buben geht.“

Mit dem nötigen Fingerspitzengefühl formte Trainer Marković den 19-Jährigen zu einem Trumpf auf der rechten Außenbahn.

Der Bosnier spricht Kroatisch, sein Schützling Ukrainisch. Öfters ist es ein witziges Kauderwelsch, eine Sonderform Ukraino-Kroatisch: „Verstehst Du mich, Duda?“

„Duda“ träumt von einem Finale des Friedens

Über die Felder von Kapellerfeld legen sich in diesen Minuten die Schatten einer relativ lauen Nacht. Das Training ist abgeschlossen.

Fedir Dudnyk sagt jetzt schon bei Flutlicht: „Unsere Nationalmannschaft kann bei der EURO bis ins Finale kommen.“ Noch mehr würde ihn aber persönlich freuen, wenn er in eine wieder friedliche Ukraine zurückkehren könnte. Duda lächelt kurz. Ohne Worte.

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