„Dagi“ wartet auf Nachricht aus Serbien

„Dagi“ wartet auf Nachricht aus Serbien
EM-Porträts, Teil 3: Dragana Bumbes ist eine hoch motivierte Torfrau bei Altera Porta in Wien.
Von Uwe Mauch

Der Zeitpunkt, um die Torfrau zu interviewen, ist denkbar schlecht: Die 22-Jährige hat Tränen in den Augen. Nur wenige Minuten zuvor ging das Halbfinale im Wiener Frauen-Cup zu Ende, und sie hatte den Fußball einmal mehr aus dem Netz fischen müssen als ihr Gegenüber von SU Schönbrunn.

„So schade“, sagt „Dagi“, wie sie von ihren Vorderleuten genannt wird. Im Vorjahr hatte man noch das Finale gegen die Austria gewinnen können: „Das war für uns alle Emotion pur.“

Dragana Bumbes wurde in Wien geboren, am Beginn des neuen Jahrtausends. Die Familie hat ihre Wurzeln in einem serbischen Dorf, dort, wo die Donau in Richtung Rumänien fließt. Es waren nicht alle in der Familie begeistert, als sie mit den Buben in den Käfigen des 10. Bezirks dem Fußball nachjagte, dann Fußball-Schülerliga spielte und mit 12 bei KSV Ankerbrot zu kicken begann. Doch ihre Hartnäckigkeit und ihre klar verbesserten Noten in der Mittelschule ließen alle internen Kritiker verstummen.

Auch die Position der Torfrau beruht auf ihrem starken Willen. Sie erinnert sich: „Mein erstes Spiel in der ersten Mannschaft, mit gerade einmal 14 Jahren, ich meldete mich für das Tor, weil wir keine richtige Torfrau hatten.“ Also ging sie ins Tor. Und blieb dort.

„Dagi“ wartet auf Nachricht aus Serbien

Mit 17 wechselt sie nach einem relativ kurzen Zwischenspiel bei den Frauen des Wiener Sport-Clubs zu Altera Porta. Zwar besteht der Verein erst seit 14 Jahren, dennoch können hier mehr als 200 Mädchen und Frauen Fußball spielen.

Und die erste Mannschaft, in der „Dagi“ ein Fixposten ist, hat zwar nicht das Cupfinale erreicht, dafür nun den Meistertitel in der Wiener Landesliga geschafft.

Ihre Tränen sind längst getrocknet, als die Torfrau mit dem Ton der Überzeugung sagt: „Ich spiele beim besten Verein Österreichs.“ Die Mitspielerinnen, die ehrenamtlichen Funktionäre, die Fans: „Alle sind hier sehr nett.“

Und dann noch die Mädchen, die alle so wie sie Torfrau werden möchten. Zweimal pro Woche trainiert die 22-Jährige mit ihnen – als deren großes Vorbild.

„Dagi“ wartet auf Nachricht aus Serbien

Die EURO mit dem Opa

Auch beruflich geht Dragana Bumbes konsequent ihren eigenen Weg: „Ich habe längere Zeit das Richtige für mich gesucht.“ Eine Lehre mit Matura soll ihr nun den Weg zu einer Schlüsselkraft als Elektrotechnikerin und Mechatronikerin ebnen.

Die EURO möchte „Dagi“ in Wien und in Serbien live mitverfolgen, zu Hause in Serbien mit ihrem Opa, der den Serben die Daumen halten wird. Und sie? „Ich habe den Luxus von zwei Ländern, zu denen ich helfen kann.“

Am Ende erzählt die Torfrau noch von ihrem großen Traum: „Eine Nachricht mit einem Herz vom Fußballverband.“ Von Irene Fuhrmann? „Nein, aus Belgrad, ich bin serbische Staatsbürgerin.“

Kommentare