Hells Angels: Prozess um Mord, Menschenhandel und Millionenvermögen
Mordversuch, Erpressung, Zwangsprostitution, Drogenhandel, Geldwäsche - bei einigen der 49 Angeklagten benötigte der spanische Staatsanwalt mehrere Minuten, um die Vorwürfe vorzulesen. Die Hells Angels wollten laut Anklage auf Mallorca ihre Zentrale für Europa aufbauen, mit dem Deutschen Frank Hanebuth (58) als Chef. Da die deutschen Behörden den Druck erhöhten, verließen zahlreiche hochrangige Höllenengel das Land und flüchteten in die Türkei, nach Österreich und eben nach Spanien.
Auf Mallorca soll sich Hanebuth - auf der Insel El Largo, der Lange, genannt - um 2,5 Millionen Euro eine Finca gekauft haben, auf der mehrere Schusswaffen sichergestellt wurden. Angeblich soll Rockervermögen in Höhe von 500 Millionen Euro in Kisten in die Schweiz verschoben worden sein. Sogar ein Formel-1-Rennen wollten die Hells Angels offenbar veranstalten.
Am berüchtigten Partyort El Arenal und in der Hauptstadt Palma dürften die Rocker Rotlicht-Lokale wie das Red Palace und den Club 97 geführt haben. Drei Frauen aus Tschechien berichten, dort zur Prostitution gezwungen worden zu sein. Sie mussten sogar Schönheitsoperationen über sich ergehen lassen, um ihren Wert zu steigern. Lange Zeit waren sie in ihren Zimmern eingesperrt worden, um sie gefügig zu machen, erzählte das Trio, das von der Polizei befreit wurde.
2013 gab es die Operation Casablanca, bei der zahlreiche Höllenengel, aber auch mehrere Polizisten als mutmaßliche Helfer verhaftet wurden. Bei den Rockern wurden Waffen, Geld und Drogen sichergestellt. Hanebuth saß zwei Jahre in U-Haft. Wenige Tage nach seiner Rückkehr nach Deutschland wurde Aygün Mucuk unter bis heute ungeklärten Gründen mit einer Maschinenpistole getötet. Er hatte sich zuvor in den Medien als neuer starker Mann der Hells Angels präsentiert, ein Affront für führende Rocker. Mucuk hatte jedenfalls Feinde auf allen Seiten.
Vor dem Prozess hatte die Staatsanwaltschaft Madrid über 300 Jahre Haft gefordert, 13 davon (plus vier Millionen Euro Geldstrafe) für Hanebuth, der alle Vorwürfe bestreitet. Doch die eiserne Rockerregel - keine Zusammenarbeit mit Polizei oder Justiz - scheint in dem Großprozess nicht zu gelten. 34 Angeklagte handelten mit dem Staatsanwalt und erhalten gegen ihr Geständnis eine Strafminderung um bis zu zwei Drittel.
Prozess läuft bis Februar
Angesetzt ist das Verfahren, das wie ein Terrorprozess geführt und behandelt wird, vorerst bis zum 10. Februar. Die Anwälte der Nichtgeständigen spielen die Vorwürfe jedenfalls herunter, die Höllenengel hätten Mallorca nur als Touristen besucht, auch könne man keine kriminelle Organisation sein, schließlich gebe es zwanzig weitere Ortsclubs (Charter) im Land.
Auch der fast zwei Meter große Hanebuth, der wieder in Hannover lebt und von lokalen Medien und Politikern als Streitschlichter des Rotlichts hofiert wird, hofft auf einen Freispruch. Er will nur ein einfaches Mitglied und nie der Präsident des Charters auf Mallorca gewesen sein.
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