Hells Angels greifen nach Österreich

Die Hells Angels werden nun offiziell als "kriminelle Organisation" eingestuft.

Die gefürchteten Hells Angels bauen derzeit ihr Netzwerk in Österreich gezielt aus. Ziel ist es, das Land zur Drogen-Drehscheibe zwischen dem Balkan und Resteuropa auszubauen. „Die Hells Angels haben nicht mehr viel mit dem Mythos zu tun. Sie sind eine kriminelle Organisation, das hat auch Europol so festgestellt“, erklärt Mario Hejl vom Bundeskriminalamt. So deutlich wurde das bisher von offizieller Seite in Österreich noch nicht gesagt.

Alles deutet daraufhin, dass der „World Run“ (das große Jahrestreffen der Höllenengel) im vergangenen Sommer in der Steiermark erst der Startschuss für die Motorradrocker in Österreich war. Das behauptet auch Ulrich Detrois. Der Ex-Rocker war unter dem Namen „Bad Boy Uli“ acht Jahre lang Vizepräsident des Charters der Hells Angels im deutschen Kassel und schreibt in seinem soeben erschienen Buch „Wir sehen uns in der Hölle“ erstmals detaillierter über die Rocker-Szene in Österreich.

Kokain für Prominente

In dem Buch wird vor allem der Kokainhandel der Bande beschrieben. Dieser sei demnach großteils unter Kontrolle der Rocker, heißt es, auch die Musikszene und die Schickeria würde beliefert. Das Kokain stamme vor allem aus Italien. Drogen dürften aber auch immer stärker über die Balkanroute kommen, wo laut Europol allein in den vergangenen fünf Jahren 220 neue Rocker-Charters und -Chapters, wie die Filialen der Clubs heißen, entstanden sind. Das Gespräche zwischen Hells Angels und Balkan-Rockern stattfinden, zeigt sogar ein Video auf YouTube. Erst vor wenigen Tagen wurden mehrere österreichische „Engel“ bei einem Treffen der Hells Angels in Zagreb festgenommen. Kommenden Samstag findet außerdem ein Fest im Grazer Clubhaus statt, wo Mitglieder aus halb Europa erwartet werden. Die Bronx-Party schaffte es sogar auf den weltweiten Eventkalender der Höllenengel.

Immer stärker drängen vor allem Hells Angels aus deutschen (mittlerweile verbotenen) Chartern nach Österreich. Deren Mitglieder sind gewaltbereiter, in Deutschland gab es schon Todesopfer. „Wir haben diese Expansionsgelüste allerdings sehr genau unter Beobachtung“, heißt es im Bundeskriminalamt in Wien. Die heimische Exekutive scheint gut gerüstet. Die Öffentliche Sicherheit, das Magazin des Innenministeriums, berichtete zuletzt darüber, dass in Österreich mit einem Anstieg von schweren Straftaten im Zusammenhang mit der Rockerkriminalität gerechnet wird.

Durch den „World Run“ bei Graz floss auch viel Geld für den Aufbau in die Kassen des österreichischen Ablegers. Die Einnahmen und großzügigen Spenden aus der weltweit größten Hells-Angels-Veranstaltung fließen in das Veranstalterland.

Start in der Steiermark

Dass dieses Treffen in Österreich stattfand, war kein Zufall: Am Schwarzl-See seien die Aktivitäten der organisierten Kriminalität besprochen worden, auch für Österreich, schreibt „Bad Boy Uli“: Nun ist es für Österreich mit dem Müßiggang zu Ende, denn die Berliner Hells Angels haben beschlossen, in Österreich die Clubgeschäfte voranzutreiben. Eine sehr interessante Entwicklung aus meiner Sicht – und eine gefährliche für Österreich. Das im vergangenen Mai verbotene Berliner Charter gilt als eines der brutalsten in ganz Deutschland. Insider schätzen, dass rund 1000 Rocker in dessen Umfeld zu finden sind. Gerüchte wollen nicht verstummen, dass sie in Salzburg ein neues Charter gründen wollen.

Die Höllenengel werden in Europa immer professioneller, neuerdings haben sie Pressesprecher und versuchen, sich in der Öffentlichkeit einen Ruf als gute Menschen aufzubauen. Das Wiener Charter etwa war beim jährlichen Toy Run aktiv, auch in Vorarlberg gab es zuletzt eine Spendenaktion. Dass vor zwei Wochen ein führender Tiroler Hells Angel wegen Kokainhandels (nicht rechtskräftig) zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde, passt da nicht ins Bild. Der 43-Jährige legte in der U-Haft seine Mitgliedschaft bei den Höllenengel zurück. Insider vermuten einen Schachzug, denn wer „Hells Angel“ wird, bleibt es bis in den Tod – oder er gilt als vogelfrei.

Im Hintergrund intensivieren die Höllenengel derzeit ihre Kontakte zu rechtsextremen Organisationen. Beim zuletzt aufgeflogenen (mutmaßlich) kriminellen Neonaziring rund um das „Objekt 21“ in Oberösterreich ist laut Ermittlern auch ein ehemaliger Hells Angel aus Deutschland in Haft, er könnte die Schnittstelle zwischen rechtem Milieu und dem Rotlicht sein. Laut dem Dokumentationsarchiv (DÖW) gab es auch ein Treffen zwischen Rockern und der als rechtsextrem eingestuften Nationalen Volkspartei (NVP) in Niederösterreich. Vor allem ein Mitglied des Charters in Zirl dürfte versuchen, Verbindungen zu knüpfen. So soll es im Oktober bei einem Auftritt der Deutschrock-Band „Adrenalin“ in Innsbruck Kontakte gegeben haben.

Hells Angels greifen nach Österreich
Hells Angels Buch

In Deutschland wurden bei einer Razzia in einem Charter der Hells Angel sogar Hitlerbilder an der Wand gefunden. In Kontakt kommen Rocker und Neonazis vor allem über Waffengeschäfte. Prinzipiell sympathisierten aber auch schon die Gründer der Hells Angels mit der rechten Sache, so ist auf dem „Filthy Few“-Patch (siehe auch Grafik) eine SS-Rune abgebildet. Seit einigen Jahren versuchen auch Hooligans aus der europäischen Szene bei den Rockern Fuß zufassen, einer schaffte es sogar in Deutschland zum Vizepräsidenten.

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