BVT-Prozess: Start mit Knalleffekt und heftigen Vorwürfen der WKStA

BVT-Prozess: Start mit Knalleffekt und heftigen Vorwürfen der WKStA
Operation White Milk: Die Anklägerin findet das BVT "peinlich", die Anwälte kritisieren wiederum die WKStA.

Am Freitag startete das von vielen im heimischen Sicherheitsapparat als "Prozess des Jahres" bezeichnete Verfahren gegen vier österreichische Top-Agenten und einen hochrangigen Fremdenpolizisten. Dem Quintett wird von der WKStA vorgeworfen, im Rahmen der Operation "White Milk" den syrischen General Khaled A. für den israelischen Mossad versteckt zu haben.

Dafür sollen die Spitzenbeamten Amtsmissbrauch (Strafrahmen bis fünf Jahre Haft) begangen haben, weil sie falsche Angaben gemacht haben sollen, um Asyl für den General zu erhalten. Später legte die NGO CIJA Zeugenaussagen vor, die den General mit Folterungen und Erschießungen in Zusammenhang bringen. Für den Prozess im Wiener Landesgericht wurde ein striktes Fotografierverbot erlassen.

Der Strafprozess rund um die Mossad-Operation begann auch gleich mit einem Knalleffekt. Der Erstangeklagte und Ex-BVT-Abteilungsleiter Martin W., der angeblich geschäftlich in Dubai tätig ist, war nicht erschienen. Laut WKStA hat W. kurz vor der Verhandlung ein ärztliches Attest vorgelegt.

BVT-Prozess: Start mit Knalleffekt und heftigen Vorwürfen der WKStA

General Khaled A.

Sein Anwalt, der ebenfalls nicht auftauchte, soll nun laut WKStA vorlegen, wann W. erscheinen kann. Weiters soll ein medizinischer Sachverständiger die medizinische Lage Ws begutachten, offenbar ist er nicht reise- oder transportfähig. Die Richterin trennte das Verfahren gegen ihn ab. „Ich glaube nicht, dass er kommen wird“, sagt die Richterin.

Als erstes wurde die Anklage vorgetragen: Mossad-Agenten brachten General A. jedenfalls ohne gültige Papiere nach Österreich und Chefinspektor L. verschaffte ihn nach Traiskirchen. Hätte der im BVT mächtige Abteilungsleiter W. die Kooperation nicht abgeschlossen, hätte der Syrer niemals einen Asylantrag in Österreich gestellt. Und hätten die BVT-Beamten gegoogelt, hätten sie gesehen, dass der Name A. in Rakka der Leiter des Gefängnisses des Nachrichtendienstes war. Man hätte sich nicht nur auf den Mossad verlassen sollen.

Sie hält das deshalb für das BVT für besonders peinlich, sagt die Anklägerin, Ursula Schmudermayer. Als die Vorwürfe der NGO auftauchten, ermittelte Spionagechef P. nicht gegen den mutmaßlichen Folter-General, sondern gegen die CIJA.

Spionagechef P. Im Visier

Dann ist Otto Dietrich, der Verteidiger von P. am Wort: Die Aufgabe des Spionagechefs war der nachrichtendienstliche Schutz Österreichs, die WKStA habe mit ihrer Razzia das nachrichtendienstliche Referat zerstört, obwohl alle Vorwürfe falsch waren.  „Diese spezielle Kooperation mit dem Mossad war für Österreich wichtig und sinnvoll. Sie haben mit dem Wissen von damals korrekt gehandelt", betont Dietrich.

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Klaus Ainedter, der Verteidiger von Chefinspektor L. kritisierte ebenfalls die WKStA: "Diese Anklage erschüttert das Vertrauen der Bevölkerung in die Behörden." Das Gebot der Objektivität und Sachlichkeit sei verletzt worden.

Gegen elf Uhr wurde der Prozess vertagt. Kommende Woche sind jedenfalls vier weitere Verhandlungstage im Großen Schwurgerichtssaal angesetzt. Geladen als Zeugen sind die gesamte ehemalige BVT-Spitze sowie der syrische General, der offenbar weiter in Österreich lebt. Am nächsten Freitag könnte es bereits ein Urteil geben.

Operation "White Milk" - alles zu den Hintergründen:

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