Vier Geheimdienstlern drohen bis zu fünf Jahre Haft
Demnächst wird die gemeinsame Operation des israelischen Mossad und des österreichischen Verfassungsschutzes (BVT), bei der ein mutmaßlicher syrischer Folter-General in Wien-Favoriten versteckt wurde, vor einem Schöffengericht verhandelt. Das Oberlandesgericht Wien wies einen Einspruch gegen die Anklage ab und genehmigte diese gegen vier ehemalige Granden des heimischen Verfassungsschutzes und einen Mitarbeiter des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl.
„Die Beweislage ist nach ständiger Judikatur als ausreichend anzusehen, wenn sie einen einfachen Tatverdacht begründet, wenn also bei der Gegenüberstellung aller be- und entlastenden Indizien ein Schuldspruch zumindest als wahrscheinlich anzusehen ist“, heißt es im OLG-Beschluss. Erstmals in Österreichs Justizgeschichte landet damit eine geheime Kooperation mit einem ausländischen Nachrichtendienst in einem Gerichtssaal.
Operation White Milk
Alle Angeklagten – darunter Martin W., einst drittwichtigster Mann im BVT, Spionagechef P. und die Chefinspektoren F. und L. sowie der BFA-Mitarbeiter W. – bestreiten den angeblichen Amtsmissbrauch, der mit bis zu fünf Jahren Haft bedroht ist. Die Beamten sollen im Zuge der bilateralen Geheimoperation dem General Khaled A. Asyl in Österreich verschafft haben. Obwohl die Aktion von Israel finanziert wurde, erhielt der ehemalige Leiter eines syrischen Gefängnisses hierzulande staatliche Unterstützung.
Behauptet wurde auch eine angebliche Gefährdung des Generals in Frankreich, wo er zuerst eingereist war, aber wohl kein Asyl bekommen hätte. Deshalb wurde er mit einem Auto mit Diplomatenkennzeichen von den Israelis nach Österreich geschleust.
Die Angeklagten bestreiten, von irgendwelchen Folter-Vorwürfen gegen den General gewusst zu haben. Im Gegenteil: Die Mossad-Agenten sollen ihren österreichischen Schlapphut-Kollegen versichert haben, dass der syrische General eine „saubere Weste“ hat. Als eine US-amerikanische NGO belastende Zeugenaussagen vorlegte, gab es eine Krisensitzung beim damaligen Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek. Dort soll Spionagechef P. im Auftrag seines Vorgesetzten Martin W. die Geheimoperation mit den Mossad nicht offengelegt haben, um Ex-General Khaled A. zu schützen.
Die WKStA sieht in der Anklage (die dem KURIER vorliegt) die Republik Österreich als Geschädigte, weil so eine Verfolgung des mutmaßlichen Folter-Generals – eine Zeit lang – verhindert worden sei. Auch soll Frankreich Opfer geworden sein, weil das dortige Asylverfahren unterlaufen wurde. Getäuscht wurde das Bundesasylamt, wo das BVT dem Syrer einen positiven Asylbescheid verschaffte.
„Rein aus formalen Gründen und um dem Strafprozess nicht vorzugreifen, wurde die Anklage vom Oberlandesgericht Wien grundsätzlich zugelassen, damit die Schuldfrage im Rahmen eines Beweisverfahrens geklärt werden kann“, sagt Klaus Ainedter, Verteidiger des BVT-Mitarbeiters L. zum KURIER. „Dort muss dann das Gericht die Vorwürfe der Anklagebehörde auf Basis der vorhandenen Beweise prüfen. Vor diesem Hintergrund ist mein Mandant berechtigterweise sehr optimistisch, dass die ungerechtfertigte Verfolgung seiner Person zumindest erstinstanzlich bald ein Ende findet und er seine Unschuld unter Beweis stellen kann.“
Öffentlichkeit wohl ausgeschlossen
Der Großteil des Prozesses am Wiener Landesgericht wird vermutlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, das ist bei Staatsgeheimnissen möglich und bei derartigen Prozessen üblich. Die Schöffen werden jedenfalls klären müssen, ob es sich um eine gängige Geheimdienst-Aktion gehandelt hat oder ob sich die Beamten strafbar gemacht haben. In Österreich war der Verfassungsschutz zu dieser Zeit eine Polizeibehörde mit engen gesetzlichen Möglichkeiten.
Fest steht, dass das BVT bei der Befragung des syrischen Generals durch den Mossad dabei war und auch die diesbezüglichen Protokolle erhalten hat. Unklar ist aber bis heute, was der israelische Geheimdienst von Khaled A. am Ende genau wollte.
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