Seit Tagen steht die griechische Insel Rhodos in Flammen. Die verheerenden Waldbrände forderten eine Massenevakuation Zehntausender Urlauber, die erschreckenden Bilder gingen um die Welt. Doch Rhodos ist nicht der einzige Ort in Griechenland, an dem es brennt. Der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis erklärte mit Blick auf die extreme Hitze in diesem Sommer gar: "Wir befinden uns im Krieg."
Die brennende Urlaubsinsel Rhodos ist nur das jüngste Beispiel für die extremen Folgen, die eine höhere globale Durchschnittstemperatur mit sich bringen kann. Seit Wochen häufen sich weltweit Extremwetterphänomene, sowohl extreme Hitze als auch schwere Unwetter. Der 4. Juli war der im Schnitt heißeste Tag der Menschheitsgeschichte - und brach damit den Rekord, der erst am Vortag, dem 3. Juli, aufgestellt worden war.
Doch auch außerhalb Europas ist es heiß. Sehr heiß. Im Süden der USA brechen die hohen Temperaturen seit einigen Wochen jahrzehntealte Rekorde: Die Hitze in Phoenix, der Hauptstadt des Bundesstaats Arizona, überstieg zuletzt 19 Tage in Folge 43 Grad. Im Death Valley in Nevada, dem traditionell heißesten Ort der Vereinigten Staaten, stieg die Temperatur sogar auf einen Rekordwert von 53,9 Grad.
Kaum kälter ist es in Ostasien. In China wurden in den flammenden Bergen in der Wüsten-Provinz Xinjiang Anfang Juli immerhin 52,2 Grad gemessen - auch das ist ein Rekord. Die Hauptstadt Peking kämpft seit Wochen mit extremer Hitze und öffnete sogar die städtischen Luftschutzbunker als Rückzugsorte für die Bevölkerung. Sogar im russischen Sibirien kratze das Thermometer im Juli an der 40-Grad-Marke.
Es ist so früh so heiß wie nie zuvor - auch in den Weltmeeren
Dass die Hitzerekorde in den Sommermonaten der Nordhalbkugel aufgestellt werden, ist nichts Neues. Schließlich befinden sich dort knapp zwei Drittel der Landmassen der Erde - und die erhitzen sich stärker als die weiten Ozeanflächen der Südhalbkugel. Normalerweise entstehen die heißesten Temperaturen erst gegen Ende des Sommers, im August. Es ist also zu erwarten, dass in diesem Jahr weitere Rekorde gebrochen werden.
Die Folgen der Hitze sind Extremwetter-Phänomene in vielen Regionen der Welt. Neben den oben angeführten Tornados in Italien droht in Frankreich das Wasser auszugehen, Mexiko verzeichnete kürzlich mehr als 100 Hitzetote in nur zwei Wochen, Kanada kämpft wieder mit Waldbränden und der Regen in Japan führte zu Erdrutschen.
Die Welt scheint also aus den Fugen geraten. Aber liegen die derzeit auftretenden Phänomene allein am Klimawandel?
Schuld ist der Mensch - ohne unsere Emissionen wäre die Erde 1,2 Grad kälter
Nicht alleine, dazu sind die Wechselwirkungen zu komplex. Aber: „Der Fingerabdruck des Klimawandels ist ganz klar zu sehen, er bewirkt die Verstärkung dieser Extreme“, sagt Gottfried Kirchengast, Geophysiker am Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Universität Graz.
Und Kirchengast weiß genau, wovon er spricht. Seine Forschungsgruppe veröffentlichte im April eine Studie, derzufolge die weltweite Menge an Wärmeenergie in der Atmosphäre seit dem Jahr 2000 etwa viermal so stark zugenommen hat wie in den vier Jahrzehnten davor. Auf der Nordhalbkugel außerhalb der Tropen, also in unseren Breiten, sogar um das Sechsfache.
Grund dafür sind die vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen, die die von der Erde abgestrahlte Sonnenwärme in viel stärkerem Ausmaß als natürlich in der Atmosphäre festhalten. „Eine derart starke Wärmezunahme in so kurzer Zeit ist rein durch natürliche Schwankungen nicht erklärbar“, sagt Kirchengast.
Die Folge des Energie-Überschusses durch die extreme Hitze ist die Zunahme von Extremwetterereignissen, von längeren und ausgedehnteren Hitzewellen über Waldbrände bis hin zu immer heftigeren Unwettern – also genau das, was wir auch aktuell beobachten.
Dazu kommen jedoch noch natürliche Phänomene. So hat die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) Anfang Juli offiziell den Beginn einer El-Niño-Periode ausgerufen. Das führt zu höheren Wassertemperaturen im östlichen tropischen Pazifik, die sich weltweit in Form – noch zusätzlich – steigender Lufttemperaturen auswirken.
Der WMO-Direktor für Klimadienste, Christopher Hewitt, erwartet durch El Niño weitere Temperaturrekorde zu Land und im Wasser. „Das sind besorgniserregende Nachrichten für den Planeten“, so der Forscher.
Problem für Europa: Der Atlantik ist zu heiß
Für Europa und damit auch für Österreich entscheidender ist jedoch der Nordatlantik – und auch der liefert derzeit beunruhigende Daten. Um beinahe ein Grad lag die Oberflächentemperatur im Juni über dem langjährigen Schnitt. Das steht jedoch „nicht notwendigerweise“ im Zusammenhang mit El Niño, sagt Klaus Haslinger, Leiter des Fachbereichs Klimasystem und Klimafolgen der GeoSphere Austria.
Eine untypisch konstante Hochdruckwetterlage im Frühjahr (also wenig Wolken, viel Sonne, wenig Wind) führte zu einer starken Erwärmung der Oberfläche. Dazu kamen deutlich schwächere Passatwinde als üblich, wodurch kein Saharastaub über den Atlantik geweht wurde, der die Wasseroberfläche hätte abschatten können.
Zusätzlich unterliegt der Nordatlantik einer natürlichen, periodischen Temperaturschwankung.
„Hier mischen sich natürliche mit menschengemachten Anomalien“, sagt auch Kirchengast. Das sollte jedoch nicht den Blick vom Wesentlichen ablenken, die treibende Kraft sei das globale Hintergrundgeschehen: der Klimawandel. Dieser führe dazu, „dass man Jahr für Jahr ein extremeres und schadensträchtigeres Wetterverhalten hat“.
Die einzige Lösung: die Emissionen auf Netto-Null zu senken, um die Energiebilanz des Planeten wieder auszugleichen. Die Alternativen sind dramatisch. So forderte der vergangene Hitzesommer - der heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen - weltweit mehr als 60.000 Todesopfer, ergab kürzlich eine Auswertung.
(kurier.at, pan)
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Aktualisiert am 25.07.2023, 15:51
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