Wenige Tage ist es her, dass die Welt ihren bislang heißesten Tag seit Beginn der Aufzeichnungen erlebt hat. Die durchschnittliche globale Temperatur lag am Dienstag, den 04. Juli, bei 17,18 Grad Celsius und übertraf damit den am Vortag erreichten Rekordwert von 17,01 °C.
Daten zufolge wurden damit die weltweiten Temperaturrekorde den zweiten Tag in Folge gebrochen. Experten warnen davor, dass die wärmsten Tage in diesem Jahr noch bevorstehen - und damit auch die wärmsten Tage, die jemals aufgezeichnet wurden.
➤ Mehr dazu: Rekord erneut gebrochen: Dienstag war der global heißeste Tag der Geschichte
Die Zahl der Hitzetage hat sich in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten vervielfacht. Was früher ein Rekord war, ist heute Durchschnitt – anders ausgedrückt: 37 ist das neue 30.
"Der derzeit noch extreme Wert von 40 Hitzetagen pro Jahr in Österreich wird bei einem weltweit ungebremsten Ausstoß von Treibhausgasen bis zum Jahr 2100 der Normalfall sein. Die Rekorde werden dann in einem derzeit noch völlig unvorstellbaren Bereich von 60 bis 80 Hitzetagen pro Jahr liegen“, sagt ZAMG-Klimaforscher Marc Olefs.
Abhängig von Stärke und Dauer der Hitze
Halten wir das aus? Wie viel Hitze verträgt der menschliche Körper? Diese Fragen sind nicht mit einem einfachen Wert zu beantworten, meint Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der MedUni Wien.
„Der Einfluss von Hitze auf die körperliche Leistungsfähigkeit fängt nicht erst bei 37 Grad Außentemperatur an, sondern schon bei mehreren Sommertagen hintereinander mit Temperaturen zwischen 25 und 30 Grad. Wie sehr uns hohe Temperaturen beeinträchtigen, hängt unter anderem davon ab, wie lange und wie stark man ihnen ausgesetzt ist“, sagt Hutter.
Ein zentraler Mechanismus des Körpers, die Körperkerntemperatur zu regulieren, ist Schwitzen. „Der Körper versucht eine Körpertemperatur von ungefähr 37 Grad konstant zu halten – über Rezeptoren in Haut, Organen und Gewebe wird ein Temperaturanstieg erkannt, die Durchblutung gesteigert und Schweiß abgegeben, durch dessen Verdunstung der Körper kühl gehalten wird.“ Damit dieser Mechanismus gelingt, muss das Herz deutlich mehr Blut durch die Haut pumpen. So wird Wärme abgeleitet und Schweiß kann abgegeben werden.
Hutter: „Menschen, die bereits unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Atemproblemen leiden, sind durch diese verstärkte Pumpleistung besonders belastet. Das gilt insbesondere für Menschen ab 65 Jahren. Aber auch wer keine Vorerkrankungen hat, wird Leistungseinbußen haben und etwa schneller müde.“
Aufmerksamkeit sinkt, Stresspegel steigt
Zudem fällt es bei hohen Temperaturen schwerer, sich zu konzentrieren, die Aufmerksamkeit sinkt, wir können weniger mit Stress umgehen – die Hitze schlägt aufs Gemüt und steigert die Aggressionsbereitschaft. „Wir wissen aus Studien, dass auch Ängste und depressive Verstimmungen zunehmen. Viele haben das Gefühl, der Hitze ausgeliefert zu sein und es nicht auszuhalten“, betont Hutter.
Kleinkinder und Babys sind besonders gefährdet – sie dehydrieren schneller, bekommen eher Sonnenbrand oder einen Sonnenstich, da sie weniger schwitzen als Erwachsene und weniger Wärme abgeben können. Bei extremer Hitze und großer Anstrengung gelingt es dem kindlichen Körper nicht mehr, seine Temperatur ausreichend abzusenken.
Wann es lebensbedrohlich wird
Aber was ist extreme Hitze? Eine große Rolle spielt die Luftfeuchtigkeit – je höher sie ist, desto weniger kann Schweiß auf der Haut verdunsten. Die Kombination von extremer Hitze in Verbindung mit hoher Luftfeuchtigkeit führt dazu, dass der Mensch, aber auch Tiere, keine Wärme mehr in die Umgebung abgeben können. Die Folge ist eine lebensbedrohliche Überhitzung.
Das Verhältnis von Hitze zu Luftfeuchtigkeit, wie gut also Wasser verdunsten kann, wird als Feuchtkugeltemperatur angegeben. Sie kann mit Thermometern gemessen werden, die von einem feuchten Tuch bedeckt und einem Luftstrom ausgesetzt sind. Erreicht sie ein kritisches Maß, hat Schwitzen keinen kühlenden Effekt mehr.
Forscher haben berechnet, dass der Mensch eine Feuchtkugeltemperatur von 35 Grad Celsius für sechs Stunden überleben kann. Das wird etwa bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50 Prozent und gleichzeitiger Lufttemperatur von 46 Grad erreicht. Diese Werte werden Berechnungen zufolge bereits Ende dieses Jahrhunderts manche Regionen der Erde, etwa in Südasien, unbewohnbar machen.
Schon jetzt wurden im Iran und Irak knapp 50 Grad bei einer Luftfeuchtigkeit knapp unter 50 gemessen. Auch in Indien und Pakistan stiegen die Temperaturen in für den Menschen gefährliche Höhe.
"Anpassung ist ein Irrglaube"
Dass wir uns an steigende Temperaturen anpassen können, ist ein Irrglaube, sagt Umweltmediziner Hutter. „Eine evolutionäre Anpassung ist schon deshalb nicht möglich, weil die Temperaturen schneller steigen, als die Evolution voranschreitet. Ist die Feuchtkugeltemperatur zu hoch, funktioniert der Kühleffekt des menschlichen Körpers schlicht nicht und wir können nicht überleben.“
Eine Anpassung an höhere Temperaturen könne nur durch Maßnahmen für Innenräume, etwa Verdunkeln, Dämmen, Ventilatoren sowie im Außenraum über Begrünung und Entsiegelung gelingen. „Individuell hilft viel zu trinken, sich mit Wasser zu kühlen und alles ruhiger anzugehen. Ohne Klimaschutzmaßnahmen werden wir einer zunehmenden Hitze aber nicht auskommen“, sagt Hutter.
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