Flucht aus Griechenland: "Der Himmel ist überall grau"
Feuerwehren in Griechenland kämpfen seit Tagen gegen die Waldbrände auf Rhodos und Euböa. Der Reiseanbieter Tui setzt Flugreisen weiterhin aus. Ein Lokalaugenschein am Flughafen.
Auf der Anschlagtafel am Flughafen Schwechat in der Ankunftshalle steht für Montag um 12.20 Uhr der Flug „OS 2654“. Ein Flug, der aber niemals stattgefunden hat – „cancelled“ steht neben der Flugnummer. „Das ist einer von zwei Flügen, die von Tui organisiert wurden. Beide wurden storniert“, sagt eine Sprecherin der Austrian-Airlines.
Der Reiseveranstalter hatte ursprünglich geplant, alle Flüge nach Rhodos bis zum heutigen Dienstag zu streichen. „Wir haben das Zeitfenster wegen der Situation vor Ort verlängert", sagt Patrizia Weinberger, Sprecherin von Tui auf KURIER-Anfrage.
Bis inklusive Freitag werden von Tui keine Gäste nach Rhodos geflogen.
Im Gegensatz dazu werden Urlauber aber heimgeflogen. So auch die Familie von A. Ringhofer. Der 67-jährige Burgenländer wartet am Montagvormittag sehnsüchtig auf seine Tochter, die mit ihrem Mann und seiner Enkelin auf Rhodos Urlaub gemacht hat.
„Eigentlich wären sie bis Mittwoch geblieben. Sie waren aber genau dort, wo das Feuer gewütet hat. Deswegen kommen sie früher nach Hause“, sagt Ringhofer.
Notunterkunft im Keller
Warten muss Ringhofer auf seine Familie aber lange. 45 Minuten dauert es, bis das Gepäck für die Urlauber aus der Insel eintrudelt. Als sich die Schiebetür in der Ankunftshalle schließlich öffnet, reißt Ringhofer die Arme in die Luft.
Schwiegersohn Markus Hössl winkt zurück, hinter ihm seine kleine Tochter, die einen Stoffhund bei sich trägt. Der schwarz-weiße Border Collie hat das Mädchen auch in der Nacht zuvor begleitet, als die Familie notgedrungen am Flughafen in Rhodos übernachten musste.
„Wir sind letzte Woche nach Lindos geflogen. Einen Tag vor den Bränden haben wir schon eine starke Rauchentwicklung bemerkt, aber dann hat der Wind gedreht und wir haben gedacht, es ist vorbei“, schildert Markus Hössl.
In 20 Minuten evakuiert
Es sollte aber anders kommen: Innerhalb von nur drei Stunden waren die Flammen auch direkt neben dem Hotel von Familie Hössl. „Dann ging alles ganz schnell, innerhalb von 20 Minuten sind wir evakuiert worden“, berichtet Hössl weiter.
Mit dem Bus ging es dann mehrere Kilometer weiter in ein Hotel. Dort wurden im Keller 200 Betten als Notunterkunft eingerichtet. Ein Dach über dem Kopf zu bekommen, dürfte auf Rhodos derzeit schwierig sein. „Wir haben auf Booking eine einzige Unterkunft für eine Nacht gefunden“, sagt Markus Hössl.
Eine Nacht am Flughafen
Fast alle Unterkünfte seien ausgebucht gewesen, weil alle Urlauber aus Lindos in Sicherheit gebracht wurden. Die nächste Nacht verbrachte Familie Hössl am Flughafen. „Wir schliefen auf dem Boden, Essen gab es auch keines. Wir mussten alles selbst organisieren“, erzählt der Familienvater.
Markus Hössl ist einer von mehr als 100 Österreichern, die aus den akuten Brandgebieten in Rhodos in Sicherheit gebracht wurden. „Aktuell wissen wir von keinen Österreichern, die sich direkt im Brandgebiet befinden“, gab das Außenministerium auf KURIER-Anfrage bekannt.
Seit dem Wochenende tagt der Krisenstab mehrmals täglich, die Mitarbeiter des Außenministeriums wurden vor Ort aufgestockt. Die Situation sei sehr ernst, bereits evakuierte Gebiete dürfen nicht mehr betreten werden.
Stromausfälle in Hotels
Anders ist die Situation im von den Bränden bisher verschonten Süden der griechischen Insel, wo die Wienerin Veronika P. mit ihrer Familie Urlaub macht. Derzeit fühle sie sich noch sicher. In den Nächten spüre man aber auch dort Auswirkungen der Krise.
Wegen der Stromausfälle müssen die Hotels auf die eigenen Generatoren zurückgreifen, deswegen gebe es nicht genug Strom für die Klimaanlage, das sei bei den Temperaturen „alles andere als angenehm“. Zwischendurch gab es in ihrem Hotel auch erhöhte Sicherheitsvorkehrungen. So wurde am Sonntag, als die Situation noch sehr unüberschaubar war, kein Alkohol ausgeschenkt: „In case of emergency everyone has to be sober“ (Dt.: Im Ernstfall muss jeder nüchtern sein.) lautete das offizielle Wording.
Nicht nur auf Rhodos sind die Auswirkungen zu spüren. „Mit Freunden war ich in Athen auf Urlaub. Wir haben dort aus der Ferne Waldbrände mit unfassbar hohen Flammen gesehen. Der Himmel ist nicht mehr blau. Wir sind froh, daheim zu sein“, sagt Matthias Huber, der am Montag ebenfalls am Flughafen Schwechat gelandet ist.
Kommentare