Flugpolizei: Viele Unfälle, aber nur wenig Kontrolle
Flüge de facto ohne Regeln. Keine Kontrolle durch die Austro Control und auch sonst keine unabhängigen Untersuchungen. Gefährliche Manöver und Unterschreiten der Mindestflughöhe scheinen darüber hinaus kein Problem zu sein.
Die heimische Flugpolizei hat so viele Rechte wie wohl keine andere vergleichbare Einheit in Europa. Das ergab nun eine Anfragenserie der Neos-Aufdeckerin Stephanie Krisper nach den Versäumnissen rund um den Absturz eines Polizei-Hubschraubers in den Achensee. Dabei starben 2011 vier Insassen, die Ursache für den Absturz war laut zwei unabhängigen Untersuchungen ein waghalsiges Manöver des Piloten.
Systemfehler offensichtlich
Doch auch Systemfehler bei der Flugpolizei wurden entdeckt, die nun von einer internationalen Kommission (aus deutschen und Schweizer Polizisten) weiter untersucht werden sollen. Denn die Zahl der Unfälle der heimischen Flugpolizei ist auffällig hoch. Seit 1986 wurden sieben (von insgesamt nicht einmal 20 Hubschraubern) bei acht schweren Unfällen völlig zerstört - es gab 16 Tote.
Zum Vergleich: In Deutschland hat die Flugpolizei vier Mal so viele Hubschrauber im Einsatz (87) und weniger Opfer (13) und Unfälle (5) in vergleichbarer Zeit zu beklagen. Auch die unter Experten oft kritisierte Flotte des Salzburgers Roy Knaus kommt nicht auf solch dramatische Werte, obwohl teilweise noch gefährlichere Einsätze als bei der Polizei geflogen werden. Die Kommission soll nun weitere Vergleiche anstellen und die Ursachen dafür herausfinden.
„Staatsluftfahrzeuge“
Um unabhängigen Untersuchungen zu entgehen, wurden die Polizeihubschrauber 2011 kurzerhand zu Staatsluftfahrzeugen erklärt, was Juristen und der Rechnungshof für nicht rechtens erachten. Das ist eigentlich nur für das Militär gedacht, damit dieses die Untersuchungen selbst durchführen kann und keine Staatsgeheimnisse an die Öffentlichkeit dringen. Auch die Austro Control will die Flugpolizei nicht kontrollieren – wegen dieser (möglicherweise gar nicht korrekten) Einstufung als Staatsflugzeug.
Doch alle Flugzeuge mit zivilen OE-Kennzeichen (wie sie auch die Flugpolizei hat) müssen eigentlich unabhängig untersucht und überwacht werden. Von der Austro Control und vom Verkehrsministerium.
Doch funktioniert diese Selbstkontrolle? Das Innenministerium gab nun auf eine Neos-Anfrage zu, dass zum Absturz in Deutschlandsberg (2009 mit zwei Toten) nicht einmal ein interner Bericht erstellt wurde.
Im Fall Achensee wiederum wurde der Unglücksflug nachgeflogen und das alles sogar gefilmt, zeigen interne Protokolle, die dem KURIER vorliegen. Diese Filme als Beweisstücke wurden dem Verkehrsministerium für die unabhängige Untersuchung, die es nach dem öffentlichen Druck und der Bekanntgabe mutmaßlich falscher Absturzursachen dennoch gab, aber nie übergeben, wie es dort heißt. Im Verkehrssressort vermuten manche, dass diese Videos ein weiterer Beleg sein könnten, der den Pilotenfehler untermauert und die Flugpolizei in Erklärungsnot bringen könnte.
Die Neos sehen wegen der neuen Erkenntnisse und „Vertuschungsaktionen“ nun Handlungsbedarf: „Innen- und Verkehrsministerium spielen weiter Zuständigkeits-Ping-Pong. Dass sich offenbar beide aus der Verantwortung stehlen, ist eine Farce. Die Unfallbilanz der österreichischen Flugpolizei ist derart blamabel und zeigt, hier müssen klarere Einsatzregeln her“, sagt Krisper.
Und weiter: "Die Geheimniskrämerei rund um die Unfälle ist höchst irritierend. Ich erwarte mir von der noch von Innenminister Peschorn eingesetzten Kommission eine lückenlose Aufklärung des Achensee-Unfalls. Und für die Zukunft braucht es Regeln wie und von welcher Stelle solche Flugunfälle untersucht werden. Angesichts der vergangenen Vertuschungsaktionen ist für ist für mich klar, das muss eine unabhängige Stelle sein.“
Der Leiter der Flugpolizei, Werner Senn, schweigt seit drei Jahren zu allen Vorwürfen bezüglich Flugpolizei: Mehrere Anfragen des KURIER sind bis heute unbeantwortet.
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