Flugpolizei: Acht abgestürzte Hubschrauber, 14 Tote

Absturz in Deutschlandsberg
Acht Abstürze seit 1986 verursachten allein 47 Millionen Euro Sachschaden.

Die österreichische Flugpolizei besitzt 17 Hubschrauber. Acht davon waren seit dem Jahr 1986 in schwere Unfälle verwickelt, sieben davon waren Totalausfälle und hatten nach einem Absturz nur noch Schrottwert. Zumindest 14 Personen verloren ihr Leben.

Dieses erschütternde Ergebnis ergab eine parlamentarische Anfrage der Neos im Zuge des vom KURIER aufgedeckten Skandals rund um unterdrückte Unfallberichte des Verkehrsministeriums. Zum Vergleich: In Deutschland gab es in diesem Zeitraum offenbar fünf tödliche Unfälle mit insgesamt 13 Toten. Der nördlich Nachbar hat ständig aber 87 Polizeihubschrauber im Dienst – mehr als fünf Mal so viele wie Österreich.

Selbst die in den Medien oft kritisierte Flotte der Salzburger Flugunternehmer-Familie Knaus kommt nicht auf so eine Bilanz: Sieben Abstürze in der Unternehmensgeschichte (seit 1987) forderten vier Todesopfer.

"Rechtsfreier Raum"

Die abgestürzten Polizei-Hubschrauber sind insofern brisant, weil nach einer Änderung des Unfalluntersuchungsgesetzes die Vorfälle nicht mehr öffentlich untersucht werden. "Seit der Novellierung 2012 passieren die Unfälle im rechtsfreien Raum. Man fragt sich, ob hier bewusst die wahren Gründe vertuscht werden sollten", kritisiert Neos-Abgeordneter Rainer Hable. Die Abstürze in Deutschlandsberg (2009) und über dem Achensee (2011) wurden so nachträglich von bereits laufenden Untersuchungen durch das Verkehrsministerium befreit.

Zahlreiche Experten hatten im Vorfeld der Gesetzesänderung gewarnt. Als "bedenklich" bezeichnete es Joachim Janezic vom Institut für Luftfahrtrecht: "Der vorliegende Gesetzesentwurf ist absolut untauglich." Die "Austrian Cockpit Association" schrieb damals: "Mit der geplanten Umsetzung verabschiedet sich Österreich von moderner Sicherheitskultur."

Flugpolizei: Acht abgestürzte Hubschrauber, 14 Tote
ACHENKIRCH-HELIBERGUNG AUS ACHENSEE- 10.APRIL 2011. FOTOCREDIT: ZOOM-TIROL

Ein neuer Zeuge

Beim KURIER meldete sich vergangene Woche dazu ein neuer Zeuge, der bisher noch nie einvernommen wurde. Dabei wäre seine Aussage mehr als brisant: Georg M. war am Unglückstag mit Arbeiten an seinem Bergbauernhof beschäftigt. "Der Hof steht auf einem Bergrücken auf 1034 Meter. Südlich vom Hof fallen unsere Wiesen in ein Tal ab. Die Talsohle hat etwa 1000 Meter Seehöhe", erklärt er. "Plötzlich kam der Hubschrauber aus Thiersee kommend ein paar Meter über den Baumwipfeln zu unserer Wiese, wo er den Geländestrukturen folgend – wie im Kampfeinsatz – wenige Meter über Grund weiterflog. Der Hubschrauber flog tiefer als mein Standpunkt war, da ich die Rotorblätter von oben sehen konnte. Am Ende der Wiese zog der Pilot den Hubschrauber nach oben, um knapp über den Bäumen weiterzufliegen."

Wenige Minuten später stürzte er ab. Kein waghalsiges Manöver war die Ursache, meint Flugpolizei-Chef Werner Senn noch immer.

Flugpolizei: Acht abgestürzte Hubschrauber, 14 Tote
ABD0010_20160308 - WIEN - ÖSTERREICH: NEOS-Fraktionsführer Rainer Hable anl. einer Sitzung des Hypo-Untersuchungsausschusses am Dienstag, 8. März 2016, im Parlament in Wien. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER
Die acht Hubschrauber wurden jedenfalls ersetzt – um 47,4 Millionen Euro. Kosten für Untersuchungen und Hinterbliebenen-Forderungen sind dabei noch nicht mitgerechnet. Allein beim Achensee sollen das weitere rund fünf Millionen Euro gewesen sein. Das will Hable nun mit einer weiteren parlamentarischen Anfrage näher hinterfragen.

April 1986, Gößeck (Steiermark): Drei Menschen sterben beim Absturze eines Polizeihubschraubers.

August 1991, Unken (Salzburg): Bei "Martin 2" missglückt eine Notlandung nach dem Versagen eines Frequenzdämpfers. Der Patient ist sofort tot. Ein Sanitäter stirbt im Zuge der Behandlung an einem Herzinfarkt, wird aber bei den 14 Opfern nicht mitgerechnet. In der Folge weigern sich Notfallmediziner mitzufliegen, falls es keine sichere Maschine mit zwei Turbinen gibt.

März 1995, Hohe Veitsch (Steiermark): "Martin 4" rutscht "plötzlich weg und überschlägt sich" als ein Flugretter den Polizei-Hubschrauber abstützen will, der mit einer Kufe auf einer Rinne landen möchte. Der Retter überlebt vermutlich nur, weil es zu diesem Zeitpunkt eine dicke Schneedecke gibt, in die er vom Hubschrauber gedrückt wird.

März 1997, Mistelbach (NÖ): Vier Insassen sterben, weil der Pilot während des Fluges einschläft. Er war zuvor 20 Stunden durchgehend im Dienst gewesen, wie der KURIER aufdeckte.

April 2004, Zürs (Vorarlberg): "Libelle 1" wird schwer beschädigt, als der Helikopter auf 2100 Metern bei der Landung in schlechtem Wetter abstürzt.

Mai 2007, Flughafen Innsbruck: Wegen "Luftverwirbelungen" stürzt ein Hubschrauber nach dem Start in Innsbruck ab. Zwei Verletzte.

März 2009, Deutschlandsberg (Steiermark): Nach einem Lokalbesuch stürzt ein Polizeihubschrauber mitten im Ort ab. Zwei Personen sterben, der offizielle Unfallbericht wird bis heute geheim gehalten.

März 2011, Achensee (Tirol): Vier Menschen sterben nach einem Sturzflug in den Achensee. Der Unfallbericht des Verkehrsministeriums sowie Zeugen und Gutachter sehen ein riskantes Manöver als Ursache, das Innenministerium bestreitet das.

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