Coronakrise: Welche Geschäfte am Dienstag nun aufsperren
Es ist Licht am Ende des Tunnels. Am Dienstag kann (nicht nur) Caterina Czejka ihr Kindermoden-Geschäft am Sonnbergplatz in Wien-Döbling endlich wieder aufsperren. Schon am Freitagvormittag steht sie - mit Mundschutz - bereits im Geschäft und bereitet die Wieder-Eröffnung vor. "Hallo, Frau Nachbarin!", ruft ihr die Betreiberin der Trafik nebenan zu. Es tut sich wieder was im Grätzel. Das fällt auf.
Nach Ostern folgt die Wiederauferstehung. Czejka hat sich schon einige Gedanken gemacht, wie sie die Bestimmungen einhalten wird. "Das Geschäft ist ja klein. Mehr als ein Kunde darf nicht hinein", sagt sie. Sie will einen Zettel beim Eingang aufhängen und auf ihrer Homepage darüber informieren. Außerdem wird sie künftig auf ihre Mittagspause verzichten.
"Ein finanzielles Desaster"
Doch Czejka ist zurückhaltend: "Ich glaube nicht, dass es dann den großen Run aufs Geschäft gibt." Trotzdem ist sie froh, dass es endlich wieder los geht. Denn die mehrwöchige Schließung hat sie hart getroffen. Die Übergangs- und Frühjahrsmode sei praktisch nicht mehr zu verkaufen. "Das wird liegen bleiben. Dieses Jahr wird finanziell ein Desaster."
Doch wer sperrt am Dienstag wirklich auf? Was kann ich kaufen und was nicht? Kann ich mich anstecken beim Kleidungskauf?
Der KURIER sprach mit zahlreichen Geschäftsleuten und Virologen, was uns am Dienstag erwartet.
Kann ich am Dienstag einen Fernseher kaufen?
„Ja, beim kleinen Händler mit weniger als 400 Quadratmeter Geschäftsfläche“, sagt Rainer Will vom Handelsverband zum KURIER. Das heißt, die kleinen Elektrofachmärkte (die nicht in Einkaufszentren sind) haben offen, große Händler wie Media-Markt oder Saturn aber nicht.
Drohen Einkäufern und Geschäftsleuten Strafen? Muss jedes Geschäft öffnen?
Wer in einem Geschäft ohne die obligatorische Schutzmaske angetroffen wird, wird angezeigt und zahlt eine Strafe bis zu 3.600 Euro. Der Händler kann den Kunden, der keine Maske trägt, aus dem Geschäft wegweisen. Die Strafe bei Missachtung der Öffnungsbeschränkung beträgt für Geschäftsleute bis zu 30.000 Euro, übrigens müssen auch alle Verkäufer eine Maske tragen.
Es besteht jedenfalls keine Aufsperrpflicht. Man kann sein Geschäft freiwillig zugesperrt lassen. Die Frage ist aber, ob man dann die staatlichen Covid-19-Zuschüsse erhält.
Welche Branchen dürfen öffnen?
Laut Verordnung dürfen ab Dienstag Baumärkte, Pfandleiher, Edelmetallhändler und alle Geschäfte mit maximal 400 Quadratmetern aufsperren. Theoretisch ist die Öffnungszeit auf 7.40 bis 19.00 Uhr beschränkt, Einkaufszentren bleiben aber zu. Außerdem dürfen die (immer ausgenommenen) Tankstellen ihre Waschstraßen wieder öffnen, auch Fahrradwerkstätten können wieder Reparaturen anbieten.
Kann ich mir Schuhe und Kleidung kaufen?
Ja, beim kleinen Händler, aber nicht zum Beispielbei der Deichmann-Kette, deren Geschäftsflächen sind zu groß. Es werden aber nicht alle kleinen Geschäfte öffnen: Das "Rattlesnake" in der Kirchengasse zum Beispiel nicht. "Es ist keine gute Idee, dass Kleidungsgeschäfte jetzt schon aufsperren dürfen", sagt Inhaberin Beate Suk. Sie habe keine Informationen, wie das alles funktionieren soll. Da die Masken für die Mitarbeiter erst Anfang nächster Woche ankommen, werde man vielleicht ab Donnerstag oder Freitag einen Testbetrieb starten.
"Wir warten auch die Meldungen aus anderen Geschäften ab", meint Suk. Dafür werde man im Testbetrieb dann die Garderobe schließen - das Anprobieren von Kleidung wird damit nicht möglich sein. Außerdem werde man vor dem Geschäft ein Schild aufstellen - die Verkaufsfläche beträgt 60m2 - es dürfen also nur drei Kunden gleichzeitig rein. Suk überlegt sogar, Markierungen am Boden vor dem Geschäft aufzumalen.
"Zu uns kommen aber viele Kids, die unser Geschäft als Treffpunkt nutzen, wie sollen wir das kontrollieren?", fragt sie. Sie selbst könne nicht arbeiten, ihr Mann hat COPD und ist damit Risikopatient.
"Meine Mitarbeiter, die ich für Kurzarbeit angemeldet habe, werden sich dem Risiko aussetzen", sagt sie. Aber auch da herrscht Unsicherheit: "Wenn die jetzt wieder arbeiten, fallen sie aus der Kurzarbeit wieder raus. Was aber, wenn sie sich anstecken oder eine zweite Welle kommt?", fragt Suk. 140 Euro für einen Plexiglas-Schutz vor der Kasse, das ist ihr zu teuer.
Kann ich mich beim Kleidungskauf mit Corona anstecken?
Die Gefahr einer Infektion beim Shopping hält Virologe Herwig Kollaritsch für nicht gegeben. "Eine Übertragung über unbelebte Materialen ist sehr unwahrscheinlich." Außer sie würden wirklich ständig kontaminiert. Davon sei aber in Kleidungsgeschäften nicht auszugehen.
Kollaritsch ist auch im Strategieteam von Gesundheitsminister Rudolf Anschober tätig und rechnet damit, dass von den Geschäften zudem ebenfalls Maßnahmen gesetzt werden müssen. Die geltenden Regeln wie Abstandsregeln seien auch beim Shopping die wichtigsten Maßnahmen. "Das könnte etwa sein, dass sich nur eine bestimmte Anzahl von Kunden im Geschäft aufhalten darf." Auch das häufige Desinfizieren von Oberflächen wie Pulte oder Griffe von Umkleidekabinen sei eine derartige Maßnahme.
Apropos Umkleidekabinen: Dass man sie alleine aufsucht, sollte klar sein. Das empfiehlt der Viren-Experte übrigens nicht nur für die aktuelle Corona-Zeit.
Kommt es am Dienstag zu einem Run auf die Geschäfte?
Experten und Geschäftsleute gehen davon aus, dass es vorerst ohnehin nur vereinzelte Kunden gibt. Der große Ansturm wird erst in einiger Zeit erwartet, wenn die meisten ihr Home-Office wieder verlassen. "Ich glaube, dass es eigentlich noch zu früh ist, die Geschäfte wieder aufzusperren", sagt Beate Suk vom "Rattlesnake".
Was ist mit dem Buchhandel?
In der Buchhandlung "Stuwerbuch" im gleichnamigen Viertel in Wien-Leopoldstadt herrscht trotz Krise und trotz für die Kundschaft geschlossenem Geschäft, am Freitag reges Treiben. Alban Knoll rast mit seinem Fahrrad durch das Viertel, um die Kundschaft zuhause mit Lesestoff zu versorgen. "Ich habe keine Zeit, gleich kommt eine Lieferung", keucht er.
Marius Bolduan, der ebenfalls in der kleinen Buchhandlung arbeitet, erklärt: "Wir mussten jetzt auf Lieferungen umstellen, um den Laden am Laufen zu halten." Das habe bisher ganz gut funktioniert. "Aber wir sind froh, dass wir am Dienstag wieder aufsperren können", sagt er. Da die beiden noch "im Liefermodus" stecken, hatten sie noch nicht wirklich Zeit, sich die Verordnung genau anzuschauen.
"Wie wir das mit den Masken machen, werden wir am Wochenende klären, aber bei uns kommen sowieso maximal drei Leute gleichzeitig ins Geschäft", sagt Bolduan. Man müsse das Geschäft jetzt mal aufräumen, damit überhaupt wieder Kunden Platz hätten.
Öffnen die Spielwarengeschäfte wieder?
Spielwaren Heinz wird am Dienstag vier von zehn Filialen zu den gewohnten Zeiten öffnen - die anderen sechs befinden sich in Einkaufszentren. Das ist aber alles mit viel Planung verbunden: "Übers Wochenende müssen wir jetzt noch ausrechnen, wie viele Kunden wir in jedes Geschäft lassen dürfen", sagt Julia Simöl, die Assistentin der Geschäftsführung.
Für die Mitarbeiter habe man schon Masken gekauft, man werde außerdem Desinfektionsspray bereitstellen und Informationsschilder vor den Geschäften platzieren. "Wir sind neugierig, wie die Kunden reagieren", sagt Simöl.
Man merke zwar eine hohe Nachfrage nach Spielwaren im kurzfristig eingerichteten Online-Shop, es könne aber sein, dass viele Kunden nur kommen, weil sie draußen sein wollen. "Wenn die dann extra Zeit in unseren Geschäften verbringen, wissen wir noch nicht, wie wir das handhaben wollen", sagt Simöl.
Die Geschäfte werden jetzt extra geputzt, aber man könne das nicht nach jedem Einkauf machen. Jedenfalls werde man das gewohnte Sortiment anbieten können: "Wir sind gespannt, wie das funktioniert - vielleicht kommt ja auch gar keiner, die Ausgangsbeschränkungen gelten ja noch", sagt Simöl.
Finden auch wieder Gerichtsprozesse statt?
Auch in der Justiz soll ab dem kommendem Dienstag das System wieder langsam hochgefahren werden - zumindest wenn es nach einem neuen Erlass geht. Doch so einfach dürfte das nicht werden.
Zwar wurde in einigen Gerichten schon mit zusätzlichen Anlagen für Videokonferenzen nachgerüstet - doch viele Verhandlungssäle sind schlicht zu klein. Der nötige Sicherheitsabstand kann nicht gewährleistet werden. Schon gar nicht bei Schöffen- und Geschworenenverhandlungen. Und unklar ist, ob Schöffen und Geschworene in den aktuellen Zeiten überhaupt erscheinen.
Auch die angedachte Installation von Plexiglas muss erst organisiert werden. Einzelne Verhandlungen finden am kommenden Mittwoch aber statt. Im Landesgericht für Strafsachen in Wien sind das zum Beispiel Verhandlungen wegen Diebstahls, Suchtmittel, Einbruchs oder Körperverletzung. Die inhaftierten Angeklagten werden allerdings nicht persönlich erscheinen, sondern aus der Justizanstalt Josefstadt per Videokonferenz zugeschaltet.
Und auch in nächster Zeit werden wohl nur kleine Verhandlungen stattfinden können - Prozesse mit ein oder zwei Angeklagten und mit möglichst wenig nötigen Zeugen.
Was ist mit den Automobilclubs?
ÖAMTC und ARBÖ hatten nur einen Notbetrieb bisher, fahren aber beide nun langsam wieder hoch. "Bisher waren nur 12 der 40 Stützpukte geöffnet", sagt Jakob Pfleger, Leiter der ÖAMTC-Stützpunkte Wien, NÖ, Burgenland. Kunden benötigen aber natürlich (selbst mitgebrachte) Masken, in Ausnahmefällen gibt es diese beim Club.
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