„Wer braucht den Neusiedler See?“ So fragte Peter Zellmann vom Institut für Freizeit- und Tourismusforschung unlängst bei einer Rede in der burgenländischen Wirtschaftskammer – und gab sich die Antwort gleich selbst:
„Alle, fast alle brauchen den Neusiedler See, auch wenn das nicht allen bewusst ist.“
Tatsächlich hatte der sinkende Wasserstand in der Sommersaison bereits erste negative Auswirkungen auf den Tourismus. In der Landwirtschaft wurden aufgrund des ebenfalls sinkenden Grundwasserspiegels sogar Bewässerungsverbote ins Spiel gebracht.
Entspannung ist vorerst nicht in Sicht, aktuell liegt der Pegel des Neusiedler Sees um rund 25 Zentimeter unter jenem des Vorjahres.
Problematisch ist das vor allem in den Häfen. Dort wird deshalb seit einigen Monaten mit schwerem und leichtem Gerät an der Erhöhung der Wassersäule gearbeitet, um die Schifffahrt im Sommer zu ermöglichen und der drohenden Austrocknungen entgegenzuwirken. In Rust wurde durch Absaugen von Schlamm circa 20 Zentimeter an Tiefe gewonnen.
Ein ähnlicher großer Amphibienbagger ist derzeit in Breitenbrunn im Einsatz.
„Wir erproben verschiedene Technologien und Methoden“, erklärt Erich Gebhardt, Geschäftsführer der Seemanagement Burgenland. Die Gesellschaft kümmert sich um die Beseitigung von Schlamm und die Bewirtschaftung des Schilfgürtels. Etwa durch das Freischneiden von Kanälen, um die Zirkulation des Wassers zu verbessern.
Baggern, Saugen und Barrieren
Die Palette an Maßnahmen zur „Erhaltung des Sees als Landschaftselement“, wie es das Land als Ziel formuliert hat, ist vielfältig. So sollen stillgelegte Absetzbecken reaktiviert werden, wo sich der Schlamm des abgepumpten Wassers absetzen kann.
Dieser wird dann getrocknet, getestet und in dünnen Schichten auf Feldern zur Bodenverbesserung aufgetragen.
Im Gespräch sind auch sogenannte Buhnen, also eine Art „Kaimauern“ als Schlammbarriere für die Häfen. Als Material dafür soll wiederum der Schlamm aus den Hafenbecken dienen.
Wasserzuleitung: Suche nach Lösungen
Offen ist weiter die Frage der Wasserzuleitung aus der Donau. Zuletzt wurden von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, der eine „innerösterreichische Lösung“ befürwortet, wieder Gespräche mit Ungarn geführt, er brachte auch eine neue Variante über das Gebiet der Slowakei ins Spiel.
Entschieden ist noch nichts, derweil wird weiter gebaggert und gesaugt. Weil den See, den braucht man.
Dem Trend zum Trotz: Esterhazy investiert
Bei der Esterhazy Privatstiftung ist man guter Dinge, dass das Burgenland das Match gegen den Klimawandel und die drohende Austrocknung des Neusiedler Sees gewinnen kann. Andernfalls würde man wohl nicht insgesamt 50 Millionen Euro in die Modernisierung des Seebads Breitenbrunn investieren.
Das seit 2015 geplante Projekt hatte im Vorfeld für Aufregung und ein Gerichtsverfahren mit dem dort ansässigen Jachtclub geführt. Dieser musste schlussendlich seinen Sitz räumen. Segeln wäre derzeit in diesem Bereich des Neusiedler Sees ohnehin nur mehr schwer möglich, und das nicht nur wegen der tiefen Temperaturen. Denn das Wasser zieht sich immer weiter zurück.
Dennoch wurde von der Esterhazy Privatstiftung im Herbst grünes Licht für den weiteren Bau gegeben. Der nächste Bauabschnitt – er umfasst das neue Marina-Gebäude inklusive Becken und einer Strandbar – soll bis zum Sommer 2024 abgeschlossen sein. Errichtet wird etwa auch eine Steganlage mit Vogel-Beobachtungsbereichen, alles errichtet in einer „nachhaltigen und umweltbewussten Bauweise“.
In einer weiteren Bauphase sind dann touristische Übernachtungsmöglichkeiten mit unterschiedlichen „naturnahen Konzepten“, wie etwa einem „Lodgepark“ oder einem Bungalowdorf, geplant.
Mittelpunkt der neuen Anlage soll jedenfalls das neue Marina-Gebäude sein. „Es vereint Gastronomie, Greißlerei, Veranstaltungsbereich, Umkleiden und Büroräumlichkeiten unter einem Dach“, so die Architekten Gregor Hoffelner und Sebastian Schmid. Von „großzügigen beschatteten Terrassen“ werde man einen „ungestörten Blick auf den See und die einzigartige Landschaft haben“.
Letzteres wird definitiv stimmen – egal ob mit Wasser oder ohne.
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