Wem das wenige Wasser im Neusiedler See (noch) nichts ausmacht
Es müsste noch viel Wasser verdunsten, bis die „Poseidon“ auf dem Trockenen sitzt. Das neue Schiff im Breitenbrunner Hafen wurde in einer serbischen Werft speziell für sehr seichte Gewässer gefertigt: Bei einem Tiefgang von maximal 30 Zentimetern ist durchaus noch „Luft nach unten“. Das Schiff steht exemplarisch dafür, wie sich Touristiker auf die klimatischen Veränderungen im Nordburgenland einstellen.
Denn der Pegelstand des Neusiedler Sees bewegt sich weiterhin auf Negativrekord-Niveau. Am Montag wurde mit 115,22 Metern über Adria ein neuer Tiefstwert erreicht – seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1965 war an einem 28. März noch nie so wenig Wasser in Europas größtem Steppensee.
Roman Drescher, Geschäftsführer der Mörbischer „Drescher Line“ lässt sich von einem dermaßen geringen Wasserstand im März noch nicht aus der Ruhe bringen. Seit 1956 hat das Familienunternehmen noch in jedem Jahr mit seiner Flotte Fahrgäste über den Neusiedler See zwischen Mörbisch, Rust und Illmitz befördert.
Drescher weiß von Jahren zu berichten, in denen sich der Steppensee zu Beginn der Saison von einer ähnlich trockenen Seite gezeigt hat: „Im Jahr 1991 hat es im Frühling auch sehr wenig Wasser gegeben, aber bis zum Juni sind noch 20 Zentimeter durch Niederschlag dazu gekommen. Wir gehen davon aus, dass wir auch heuer noch viel Regen kriegen werden.“
Zu den 13 Schiffen der „Drescher Line“ gehört mit dem „Queen Liner“ das mit 344 Sitzplätzen größte Schiff, das für den Neusiedler See zugelassen ist. Im Betrieb als Radfähre werden 70 bis 100 „Drahtesel“ samt ihrer Besitzer zwischen West- und Ostufer befördert.
Erste Fahrten ohne Probleme
Seit Anfang März fährt die „Drescher Line“ an den Wochenenden, der reguläre Betrieb soll am kommenden Wochenende starten. Bei den ersten Rundfahrten des Jahres 2022 habe es keine Komplikationen gegeben, versichert Roman Drescher: „Unsere Schiffe haben im Schnitt einen Tiefgang von 47 Zentimetern, der Wasserstand liegt jetzt bei 1,20 Metern. Die Fähre ist am Wochenende gefahren und wir hatten keine Probleme.“ Der Chef des Schifffahrtsunternehmens hofft deshalb auf einen Sommer mit uneingeschränktem Fährenbetrieb am Neusiedler See: „Wir sind optimistisch. Ab 2. April fahren wir wieder viermal am Tag.“
Hoffnungsschimmer Regen
Anlass zur Hoffnung gibt der prognostizierte Regen, der ab Donnerstag einsetzen soll (siehe auch Seite 15). Thomas Turecek von der ZAMG bremst die Erwartungen allerdings: Im Nordburgenland seien lediglich fünf bis zehn Millimeter Regen zu erwarten. „Die Trockenheit wird das nicht ausgleichen“, befürchtet der Meteorologe.
Wassersportler sitzen auf dem Trockenen
Der Neusiedler See hat sich nicht nur bei Ausflüglern einen Namen gemacht. Auch Wassersportler werden von dem Binnengewässer angezogen. Doch der niedrige Pegelstand hat Auswirkungen auf den Freizeitspaß.
In der Surf- und Segelschule Nordstrand in Podersdorf am See ist Besitzerin Stefanie Labner mit den Vorbereitungsarbeiten für den bevorstehenden Saisonstart beschäftigt. Der niedrige Wasserstand sei natürlich nicht vorteilhaft, es mache „alles komplizierter“, sagt Labner.
„Segeltechnisch“ sei die Lage „schlecht“. Manche größeren Boote könne man nicht mehr ins Wasser lassen, weil sie zu viel Tiefgang hätten. „Wir haben selber eines, das war letztes Jahr gerade noch im Wasser, aber dieses Jahr können wir es nicht mehr ins Wasser lassen, weil man würde sich nur alles ruinieren, der Motor und der Schiffsboden würden kaputt, weil man laufend wo aufsitzt. Kleinere Sportboote kann man aber schon nutzen“, so Labner.
Schaden bei AusrüstungBeim An- und Ablegen müsse man allerdings aufpassen, damit die Ausrüstung nicht ruiniert werde. Auch beim Surfen sei es schwierig, es gebe auch mehr Schadensfälle beim Equipment. Die Nachfrage nach den Angeboten der Surf- und Segelschule sei dennoch ungebrochen.
„Noch kein Problem“ sieht Freddy Lang derzeit für sein Wassersportzentrum in Mörbisch am See. Seit mehr als 60 Jahren gibt es die Segelschule Lang, 2018 wurde das Wassersportzentrum neu gebaut. „Da haben wir das ganze Areal um 80 Zentimeter Schlamm erleichtert. Deshalb haben wir hier jetzt etwas mehr Tiefe vom Grund her, als die meisten anderen“, sagt der Unternehmer.
Ein weiterer Vorteil sei, dass in den meisten Fällen Nordwestwind gebe. Außerdem hätten die Schul- und Mietboote des Wassersportzentrums nur 50 Zentimeter Tiefgang, sagt Lang. Derzeit gebe es denselben Wasserstand, der im Juli des Vorjahres gemessen wurde. „Und da sind wir im Oktober auch noch gefahren mit unseren Booten.“ Surfen, Kiten und Stand Up Paddeln (SUP) sei überhaupt kein Problem. Es gebe auch schon Anmeldungen für Schulsportwochen.
Schlauchboot für Wasserrettung?
Bei der Wasserrettung ist es noch ruhig. Das Rettungsboot „Hans“ könne noch eingesetzt werden, sagt Präsident Stefan Ferschich. „Wir machen uns aber schon Gedanken, was wir machen, wenn das Wasser zu wenig ist, um mit dem Boot fahren zu können.“ Mit einem Schlauchboot, gibt er zu bedenken, sei man nicht so schnell. Vor dem gleichen Problem stünden die Feuerwehren.
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