Sport/Fußball

Ein Niederländer, der den Ball flach hält

Am Dienstagabend kann er jetzt wieder seiner geliebten Freizeitbeschäftigung buchstäblich nachgehen. Kurz vor 18 Uhr trifft Henri Stephan auf dem Polizei-Sportplatz in Kaisermühlen ein. Dabei ist ihm die Vorfreude auf das Spiel ins Gesicht geschrieben.

„Mein Vater war Profi in der ersten Liga“, erzählt der Niederländer, der 1960 in Heerlen, einer mittelgroßen Stadt zwischen Maastricht und Bonn, geboren wurde.

Wir stellen Ihnen zur EURO insgesamt 23 Protagonisten aus der Wiener Fußballwelt vor. Jede Person steht für eines der 23 Länder, die sich neben Österreich für die EM qualifiziert haben.

Egal ob Highlander in Kaisermühlen, Schiedsrichter aus dem Gastgeberland Deutschland, der slowakische Masseur vom SC Mannswörth, die Torfrauen aus Italien und Serbien oder der dänische U-8-Spieler bei Union Mauer - alle haben dieses Leuchten in den Augen, wenn sie erklären, was den Reiz des Fußballs ausmacht und was sie ihrem Heimatland bei der EURO zutrauen.

Teil 1: Ein deutscher Schiri pfeift in Wien. Geht das?

Teil 2: Ein Schotte vereint Fußball-Nationen – in Wien-Kaisermühlen

Teil 3: „Dagi“ wartet auf Nachricht aus Serbien

Teil 4: Wo Floridsdorfs Fußball an Slowenien erinnert

Teil 5: „Als Engländer kannst du nur eines: hoffen“

Teil 6: Polnische Feiertage auf dem FavAC-Platz

Teil 7: „Bei uns in Ungarn gibt es mehr Akademien“

Teil 8: Er heiratet um elf, Belgien spielt um 21 Uhr

Teil 9: „Danish Dynamite“ im Südwesten von Wien

Teil 10: „Super Laura“ hält für FC Mariahilf und Italien

Teil 11: Ein Hauch „La Liga“ in der Wiener DSG-Liga

Teil 12: Ganz Georgien feiert. Lange hat man darauf gewartet

Teil 13: „Hopp, Schwyz“ in einem Wiener Vorstadt-Park

Teil 14: „Duda“ träumt von einem Finale des Friedens

Teil 15: Ankerbrot – mit einem gepfefferten Schuss Albanien

Teil 16: Ein Portugiese auf der Wiener Marswiese

Teil 17: Die Türkei bei der EM? Für sie zweitrangig!

Teil 18: Mittelblocker bei Sokol – mit Start-up in Wien

Teil 19: Slowakisches Ex-Model beim SC Mannswörth

Teil 20: Kroatische Rose auf einem Rasen in Favoriten

Teil 21: „Allez le Foot“ im Lycée français

Teil 22: Rumänischer Retter aus Siebenbürgen im elften Wiener Bezirk

Später war sein Vater auch Direktor bei Feyenoord Rotterdam. Dass er mit dem Fußball aufgewachsen ist, hat aber auch noch andere Gründe: „Bei uns in Holland hat das Fußballspiel einen deutlich höheren Stellenwert als hier in Österreich.“

Mit einem kurzen Blick über die auffallend gepflegte Polizei-Sportanlage fügt der erfahrene Physiotherapeut hinzu: „In Holland hat jedes Dorf drei, vier Fußballplätze, und auch der Turnunterricht in den Schulen hat viel mehr Stellenwert als in Österreich.“

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Henri Stephan: Geboren am 31. 7. 1960 in Heerlen, seit April 2024 spielt er Walking Football in Wien.
 

Nach einer Ausbildung zum Physiotherapeuten, die vier Jahre lang gedauert hat, geht Henri Stephan in die Schweiz. Dort arbeitet er unter anderem für den FC Zürich und dessen Trainer, den Tiroler Kurt Jara. „Das war eine sehr schöne Zeit.“

Eine Österreicherin ist indes verantwortlich dafür, dass der Holländer im Jahr 2002 nach Wien übersiedelt: „Zwei unserer drei Kinder wurden in der Schweiz geboren. Dort bleibst du aber ein Leben lang ein Ausländer.“ Der Wechsel ins Mutterland der Kinder war daher ein wohlüberlegter Schritt.

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Heute: Walking Football

Mit Arthrosen hat der Physio täglich zu tun. Auch privat: „Bei mir zwickt es im Knie.“ Er war also sofort hellhörig, als ihm eine Klientin im März erzählt hat, dass ihr Mann mit zwei künstlichen Hüften Walking Football spielt.

Heute sagt Stephan: „Ich habe mich sofort für den Kurs angemeldet – das war die richtige Entscheidung.“

Inzwischen macht der Therapeut selbst Werbung für die Spielvariante, die für die Generation 55+ in England entwickelt wurde und über Holland und Belgien nach Deutschland und im Vorjahr nach Österreich kam.

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Seine Erfahrung lehrt ihn: „Fast alle, die in jungen Jahren Fußball gespielt und dann aus unterschiedlichen Gründen aufgehört haben, gehen in keinen Yogakurs.“ Er übrigens auch nicht.

Bereits nach wenigen Wochen Walking Football (Laufen ist nicht erlaubt, der Ball muss flach, nur bis einen Meter hoch gespielt werden) bemerkt der fast 64-Jährige: „Ich fühle mich wieder fitter, auch mental bin ich besser drauf.“ Etwa, wenn ihm ein Tor oder ein schönes Zuspiel wie in alten Zeiten gelingt.

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Holland gegen Österreich am Dienstag in Berlin? „Der Bessere soll gewinnen.“ Die Oranjes wären gewarnt: „Dank Ralf Rangnick seid ihr nicht mehr Weltmeister bei Freundschaftsspielen.“ Was für Holländer wichtiger ist: „Gut, dass wir die Franzosen in der Vorrunde haben.“