Kein Kontakt, viele Sorgen: Die Jugend im Ausnahmezustand

Eine Frau mit Maske blickt aus dem Fenster auf die Stadt im goldenen Licht.
Der Pandemie-bedingte Freiheitsverlust trifft viele Teenager hart. Corona hat auch ihr Leben auf den Kopf gestellt. Fünf junge Menschen über Probleme und Lichtblicke im Lockdown.

Kein Fortgehen, keine Freunde, keine Freizeitbeschäftigung, kein normaler Schulalltag. Dafür umso mehr Sehnsucht nach Kontakt, Spaß und Ablenkung. Genau den Dingen also, bei denen Jugendliche "wichtige Erfahrungen des Sichausprobierens und Sichauslebens machen", weiß Birgit Satke, Leiterin von Rat auf Draht.

Dass ihr Leben in einer Phase des Umbruchs und der Suche nach Sinn wegen Corona auf null geschaltet wird, sei schwierig zu verkraften. Noch mehr als im ersten Lockdown werde in Beratungsgesprächen offensichtlich, "dass viel Zukunftsangst hochkommt". Das betrifft den Wiedereinstieg in die Schule, mögliche Lerndefizite und das Gelingen von aufgeschobenen Schularbeiten ebenso wie den Fortbestand von Freundschaften.

Wie viele Erwachsene plagt auch das Gros der Teenager die Sorge, Nahestehende anzustecken und in Gefahr zu bringen. Daneben greift zusehends die Überforderung um sich, sagt Satke: "Das ist ein massives Thema, sowohl in Bezug auf Distance Learning, technische Tools und Hausaufgaben als auch das Familiengefüge und die Probleme, die da auftauchen." Sie berichtet von einem Anstieg psychischer Gewalt in Familien. Vor allem in Städten, weil Wohnungen oft klein und Freiräume nur schwer zu schaffen sind.

Mit dem Social Distancing geht für die Jugend ein großes Stück Freiheit verloren: "Das Thema Freunde treffen ist omnipräsent. Der physische Kontakt wird sehr vermisst." Dennoch meistern viele die Krise kreativ. "Heranwachsende sind durchaus anpassungsfähig und nutzen die Möglichkeiten, die sie haben." Sich digital auszutauschen, lenkt von Frustgedanken und Isolationsgefühlen ab.

Ob Verliebtheitseuphorie, Herzschmerz oder Freundschaftszwist: Das emotionale Erleben kann im Teeniealter einer Achterbahnfahrt gleichen. "Wichtig ist, dass Jugendliche darüber reden, und vertraute Menschen um sich haben, bei denen sie sich öffnen können." Wie gut junge Erwachsene die Ausnahmesituation meistern, hänge stark vom Umfeld ab. Ist es stützend und der Kontakt gut organisiert, bleibt die Gefühlswelt eher in Balance.

Wird die Pandemie psychosoziale Spuren hinterlassen? "Schwierig abzuschätzen", sagt Satke. Ob sich die Einschränkungen zu einem Knick in der Biografie auswachsen, werde man erst rückblickend beurteilen können. Allerdings muss nicht jede Krise automatisch katastrophale Folgen haben: "Man kann auch an ihr wachsen."

Ein junger Mann mit Zahnspange und weißem Poloshirt blickt in die Kamera.

Eine junge Frau steht vor einem alten, renovierungsbedürftigen Gebäude.

Ein Mädchen formt Teig in einer Küche.

Ein lachendes junges Mädchen mit Zahnspange vor einer Wand mit einem Bild.

Eine junge Frau mit Dutt und grün-weiß gestreiftem Schal lächelt in die Kamera.

Das Cover eines Buches oder Dokuments mit dem Titel „Corona Tagebuch“ und einer Virusgrafik.

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