Was der EU-Gaspreisdeckel für Österreich bedeutet
Die EU-Energieminister haben sich am Montag nach zähem Ringen auf einen "Gaspreisdeckel" geeinigt. Österreich hat sich bei der Abstimmung, vertreten durch Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne), enthalten. Das Parlament muss nicht mehr zustimmen.
Obwohl die Maßnahme schon ab Mitte Februar in Kraft treten kann, kommt dadurch auf die Konsumentinnen und Konsumenten keine Entlastung zu. Wirken soll er nämlich auf den Großhandel an der Börse. Der KURIER hat die wichtigsten Antworten zu der Maßnahme.
Worauf haben sich die EU-Energieminister geeinigt?
Wenn der Großhandelspreis von Erdgas (drei Tage lang) über 180 Euro je Megawattstunde steigt, wird er bei maximal 35 Euro über dem Welthandelspreis für Flüssiggas "gedeckelt". Steigt der Preis in der EU also parallel zu den Notierungen auf anderen Kontinenten, tritt der Deckel nicht in Kraft. Steigt der Gaspreis in Europa über 180 Euro, der weltweite Preis von Flüssiggas beispielsweise auf 170 Euro, kann Gas in Europa maximal um 205 Euro gehandelt werden. Das soll garantieren, dass Europa weiterhin Flüssiggas am Weltmarkt kaufen kann. Einmal aktiviert, gilt der Deckel mindestens 20 Tage lang.
Wie wird in den Markt eingegriffen?
Der Preisdeckel beschränkt sich auf den europäischen Börsenhandel und betrifft die gesamte Breite der Geschäfte vom Folgemonat ("Month Ahead") bis Folgejahr ("Year Ahead"). Der direkte Handel zwischen Lieferanten und Abnehmern ("Over the Counter") ist davon ausgenommen.
Was war die Position Österreichs?
Österreich, vertreten durch Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, hat sich der Stimme enthalten. Denn noch erreicht russisches Erdgas den Knotenpunkt Baumgarten in Niederösterreich. Die Befürchtung war deshalb, dass die russischen Lieferungen ausbleiben könnten. In einer ersten Reaktion aus Moskau wird die EU-Maßnahme als "inakzeptabel" bezeichnet. Konkrete Gegenmaßnahmen sind bisher nicht bekannt.
Muss das Parlament noch zustimmen?
Nein, denn es handelt sich um eine Notverordnung, die sofort gültig ist und nicht in nationalem Recht umgesetzt werden muss. Auch das EU-Parlament muss nicht zustimmen. Der Gaspreisdeckel kann ab 15. Februar bis November 2023 von der europäischen Energieregulierungsbehörde ACER gesetzt werden. Er betrifft also die Zeit, in der Europa seine Speicher wieder füllen muss, die Regelung könnte aber auch verlängert werden.
Wir wollen günstigere Preise und wir wollen Spekulation verhindern.
Wird Gas jetzt billiger?
Für die meisten Haushalts- und Gewerbekunden in Österreich gibt es durch den Gaspreisdeckel keine Entlastung. Die Ausnahme sind Kunden mit Floater-Tarifen, die monatlich mit dem Großhandelspreis schwanken. Da die meisten Tarife im Nachhinein an den Großhandelspreis angepasst werden, müssen die meisten Abnehmer im Jahr 2023 höhere Preise zahlen. Wirken kann der Preisdeckel also wenn, dann erst im Nachhinein und vermittelt über den Großhandelspreise. Derzeit liegt dieser aber deutlich unter 180 Euro.
Ist der Preisdeckel zu hoch, um zu wirken?
Die Maßnahme soll extremen Ausschläge im Großhandel unterbinden, wie wir sie im vergangenen Sommer gesehen haben (siehe Grafik). Denn diese erzeugen Probleme wie etwa Liquiditätsengpässe auf den Energiemärkten. Zweitens könnte die Maßnahme die Preise im Großhandel generell etwas beruhigen, etwa weil Spekulationseffekte im Zaum gehalten werden. Davon würden zunächst Großverbraucher wie etwa Industriebetriebe profitieren. Wenn dadurch die Produktionskosten weniger steigen, sollte das auch die Inflation dämpfen.
Wird das Preisniveau von vor dem Ukraine-Krieg wieder erreicht?
Das ist nicht absehbar. Denn das russische Gas, das Europa jahrzehntelang gekauft hat, war vergleichsweise billig. Die neuen Lieferanten verlangen höhere Preise, etwa für weltweit verschifftes Flüssiggas und die Energieunternehmen werden diese Kosten auch weiterhin an die Kunden weitergeben. Selbst wenn Frieden geschlossen würde, könnten die Lieferungen aus Russland zumindest nicht im selben Ausmaß wie vor dem Krieg wieder aufgenommen werden. Denn mit der Ostseepipeline Nord Stream 1 wurde die wichtigste Lieferroute von russischem Gas nach Europa zerstört. Auch ist nicht davon auszugehen, dass sich die EU-Staaten erneut so stark abhängig von Russland als Großlieferant machen würden.
Was, wenn es durch den Preisdeckel zu einer Mangellage kommt?
Der Preisdeckel wird automatisch gehoben, wenn es in der EU oder in einem EU-Staat zu Gasmangel kommt. Zudem werden die EU-Finanz- und Gasmarktaufseher die Märkte weiter beobachten. Sollten die negativen Folgen zu stark sein, kann die EU-Kommission den Preisdeckel noch immer stoppen.
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