Endlich verständlich: So funktioniert die Gasversorgung
Die österreichischen Gasspeicher fassen etwa einen Jahresbedarf und sind derzeit zu 46 Prozent gefüllt. So weit, so gut. Doch wie viel davon steht tatsächlich für den Verbrauch in Österreich zur Verfügung?
Diese Frage ist nicht eindeutig zu beantworten und das führt zunehmend zu teils apokalyptisch anmutenden Spekulationen. Die kolportierte Menge von lediglich 10 Prozent der Speicherkapazitäten ist aber „sicherlich zu tief gegriffen“, so Wolfgang Urbantschitsch, Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control zum KURIER. Dass man den Bürgern keine klaren Antworten geben könne, liege aber nicht nur an rechtlichen Vorgaben, sondern auch an der Architektur des Gasmarktes.
Wie das Gas nach Europa kommt
Internationaler Markt
Die Energieversorgung ist nicht nationalstaatlich, sondern privatwirtschaftlich organisiert. Die großen Speicher in Österreich werden etwa auch zur Versorgung von Deutschland und Slowenien genutzt. Konkret hängen etwa die Speicher 7 Fields und Haidach in Oberösterreich auch am deutschen Gasnetz (ebenso wie übrigens die Bundesländer Tirol und Vorarlberg). Bewirtschaftet werden sie vom deutschen Uniper-Konzern und der Gazprom-Germania-Tochter Astora – der Gazprom-Tochter GSA werden von der Republik die Nutzungsrechte für ihren Anteil entzogen (der KURIER berichtete).
Das Gas in den Speichern gehört zum allergrößten Teil nicht Nationalstaaten, sondern Unternehmen. Zu diesen gehören etwa Energiehändler und Regionalversorger, die Kapazitäten bei den Speicherbetreibern mieten und dort Gas lagern, das sie dann an ihre Kunden liefern. Industriebetriebe sind selbst dafür verantwortlich, woher sie ihre Roh- und Brennstoffe beziehen. Auf welche Lieferanten sie sich verlassen und wie viel sie selbst auf Lager halten, folgt in der Regel dem betriebswirtschaftlichen Ermessen. So hat etwa die Voest heuer erstmals eigene Speicherkapazitäten angemietet.
Das bedeutet, dass sowohl österreichische als auch internationale Unternehmen über ihr Gas selbst verfügen und nur, weil eine bestimmte Menge derzeit eingespeichert ist, kann sie immer noch verkauft werden. Dass die Füllstände seit Monaten steigen, ist dem Lauf der Jahreszeiten geschuldet. Da im Sommer weniger Energie verbraucht wird, werden die Überschüsse verwendet, um die Speicher anzufüllen, mit denen man über den Winter kommt.
Versorgungssicherheit
Dass wir uns mit dem Verweis auf die Speicherstände in einer falschen Sicherheit wiegen, möchte Urbantschitsch trotzdem nicht gelten lassen. Denn um Gas an den Kunden zu bringen, müssen auch die entsprechenden Transportkapazitäten in den Pipelines gebucht werden. Liegt das Erdgas also in einer bestimmten Region, so ist es naheliegend, es auch in dem Marktgebiet zu verkaufen.
Dass im Winter die Heizungen kalt bleiben, glaubt Urbantschitsch nicht. Der Bedarf der geschützten Kunden, also Haushalte und wichtige Infrastruktur, beträgt etwa 22 Prozent des landesweiten Verbrauchs. Über den Winter käme man demnach laut Urbantschitsch selbst dann, wenn die Lieferungen aus Russland schlagartig eingestellt würden. Und zwar ohne, dass private Reserven beschlagnahmt werden.
Für den äußersten Notfall hat die Bundesregierung heuer die Anschaffung einer strategischen Gasreserve beschlossen. 20 Terawattstunden Gas sollen bis zum Winter auf Staatskosten angeschafft werden, ein Drittel davon darf nicht aus Russland kommen.
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