Inflation sinkt, aber was bedeutet das für die Strom- und Gaspreise?
Die neuesten Prognosen von Wifo, IHS und am Freitag auch von der Nationalbank gehen alle von einem Sinken der Inflationsrate im kommenden Jahr aus. 8,5 Prozent dürfte die Teuerung im Jahresdurchschnitt 2022 betragen, rund 6,5 Prozent werde sie im kommenden Jahr ausmachen. Das erwarten die Experten.
Die Teuerung wird stark von den Energiepreisen getrieben. Doch bedeutet ein Rückgang der Inflation zeitgleich auch eine Reduktion der Strom- und Gaspreise?
Zwar sind die Großhandelspreise für Strom und Gas wieder weit unter den Höchstständen vom Sommer, allerdings sind sie trotzdem noch auf einem hohen Niveau. Mit 130 bis 140 Euro pro Megawattstunde Gas bewegen sie sich etwa auf den Vorjahreswert, einem Vielfachen des langjährigen Durchschnitts. Eine, wenn auch relative, Entlastung bedeutet das hauptsächlich für Industriekunden, die ihre Energie im Großhandel kaufen. Auf die meisten Haushalts- und Gewerbekunden dürfte damit im kommenden Jahr noch eine weitere Preissteigerung zukommen.
Durchschnittswert über 12 Monate
Denn in Österreich sind sogenannte „Floater“-Tarife, die etwa monatlich mit den Großhandelspreisen steigen und fallen, nicht weit verbreitet. Die hierzulande üblichen Tarife orientieren sich zwar auch am Großhandelspreis, sie werden aber im Nachhinein an einen Durchschnittswert der vergangenen zwölf Monate angeglichen. Das bedeutet, dass die extremen Preisausschläge in Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine in diesen Tarifen noch gar nicht enthalten sind.
Die Salzburg AG und die Energie AG Oberösterreich haben zum Beispiel bereits eine Preiserhöhung ab dem neuen Jahr angekündigt. Die in der Energieallianz Austria (EAA) organisierten Unternehmen EVN und Wien Energie haben die Preisangleichung vom Jänner 2023 bereits auf den vergangenen September vorgezogen. Sofern die Kunden dabei einer einjährigen Bindung zugestimmt haben, gilt auch eine einjährige Preisgarantie. Andernfalls können die Preise im April wieder steigen.
Warnung vor Gas-Lücke
Auch längerfristig ist nicht klar, ob sich die Situation entspannt. Denn 2023 kommen neue Unsicherheiten bei der Verfügbarkeit von Erdgas auf Europa zu. Nach einer Prognose der Internationalen Energieagentur (IEA) können die EU-Staaten einen kompletten Ausfall der Lieferungen aus Russland nicht mit Bezügen aus anderen Quellen kompensieren.
Weiters ist davon auszugehen, dass sich Chinas Abschied von der Zero-Covid-Politik auswirkt. Denn die fortgesetzten Lockdowns haben den Energiebedarf der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt gedämpft. Dementsprechend hat China im Jahr 2022 weniger Flüssiggas am Weltmarkt eingekauft. Wenn die chinesische Industrie wieder auf Hochtouren läuft, konkurriert Europa also vermehrt mit China. Denn anders als Gas, das in Pipelines exportiert wird, kann Flüssiggas weltweit verschifft werden.
Staatliche Beihilfen
Der Strompreis steigt und fällt in Europa mit dem Gaspreis. Das liegt an der sogenannten Merit Order. Nach diesem Modell bildet das teuerste noch zur Deckung des Bedarfs nötige Kraftwerk den Großhandelspreis. Und das ist im Regelfall ein Gaskraftwerk. Allerdings sollten die Stromkosten für Haushalte im Jahr 2023 bis zu einem Verbrauch von 2.900 Kilowattstunden (kWh) durch die bundesweite "Strompreisbremse" aus öffentlichen Mitteln bei 10 Cent pro kWh gedeckelt werden. Den vollen Tarif des jeweiligen Anbieters zahlt man nur für den Teil des Verbrauchs, der darüber liegt.
Auch bei den Heizkosten hat die Regierung neue Zuschüsse angekündigt. Die Kosten für sämtliche Hilfs- und Deckelprogramme trägt im Endeffekt allerdings auch die Allgemeinheit.
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